Die Gärtnerin aus Liebe, K.196

Zweiter Akt

Akt I | Akt II | Akt III

Halle im Palast des Podestà

SZENE 1
Arminda allein

N.13 Arie

ARMINDA
Um deine Straf' zu fühlen,
riss' ich, die Wut zu kühlen,
dir Bös'wicht mit Entzücken
dein falsches Herz in Stücken,
liebt' ich dich nicht so sehr.

Lohnest du so die Liebe
und meines Herzens Triebe?
Ach, ich kann nicht entscheiden,
ob Rach' ob Liebe siegt!
(ab)

SZENE 2
Nardo und Serpetta

N.14 Arie

NARDO
Nach der welschen Art und Weise
spricht man so: "Ah, quel visetto
m'ha infiammato il core in petto
che languire ognor mi fa!"

(Serpetta gibt ihm zu verstehen, daß ihr seine Gezierheit nicht
gefällt.)

Bist du nicht zufrieden?
Nun so hör' ein Kompliment
auf gut französich!
"Ah Madame, votre serviteur,
ah Madame, de tout mon coeur."

(Serpetta wie oben.)

Und auch dies gefällt dir nicht?
Nun laßt uns auf englisch seh'n.
"Ah my life, pray you, say yes!"

(Serpetta wie oben.)

Das ist ja zum Teufelholen!
Ich muß die Geduld verlieren.
Weder englisch, noch französich,
weder deutsch, noch italienisch,
gar nichts, gar nichts steht ihr an.
O das eigensinn'de Mädchen,
gar nichts ist ihr recht getan!
(Nardo und Serpetta gehen ab)

SZENE 3
Sandrina und der Graf, später der Podestà

N.15 Arie

DER GRAF
Laß mich ins Auge,
ins Auge dir schauen!
Ach wende den Blick mir zu.
Ach laß in ihm mich lesen,
daß du mir ganz vergeben.

(Sandrina will gehen)

Bleibe, sei nicht so grausam.
Wie hart ist dein Gebot!

(Sandrina fordert ihn auf, fortzugehen)

Ich gehe, vergiß dein Zürnen.
Wie hart ist dein Gebot!
Doch eh' ich mich erferne,
laß mich das Glück genießen,
die schöne Hand zu küssen,
dann geh' ich gern in den Tod!
Ach, welche Lust empfinde ich!
O schöne Hand, ich küsse dich!
Der Venus wahres Ebenbild.

(Der Podestà ist unbemerkt aufgetreten. Als der Graf die Hand Sandrinas
nehmen will, ergreift er die des Podestà)

Mein Herr, mich freut, Sie hier zu sehen.
Befinden Sie sich wohl?
(So muß mir diese Streich gescheh'n!
Daß ihn der Teufel hol!)
(ab)

SZENE 4
Der Podestà und Sandrina

N.16 Arie

SANDRINA
Es ertönt und spricht ganz leise
hier im Herzen eine Stimme:
Dein Gebieter, wirst du finden,
ist ganz Großmut, Lieb' und Huld!
Scheint auch schon sein Blick voll Grimme,
o so hegt er doch Beweise
sanften Mitleids und Geduld.

Ach, er flieht mich, will nicht hören,
läßt mich seinen Zorn empfinden.
Angst und Kummer mich verzehren,
und bald werd' ich nicht mehr sein!

Holde Mädchen, habt Erbarmen,
und wenn euch mein Unglück rühret
und ihr reges Mitleid spüret,
so gewähret doch mir Armen
euren Trost, mich zu erfreu'n!
(ab)

SZENE 5
Der Podestà, dann Ramiro

N.17 Arie

DER PODESTÀ
Wie? Was? ein Fräulein? und meine Nichte?
Reich, schön von Angesicht! von hohem Stande!
Wie? diese sollt' ich nun traurig sehen?
Nein, diese Heirat kommt gar nicht zustande
und aller Ehvertrag ist null und nichtig.
Ja, ja, so muß es sein, nun dann, es sei!
Man würd' mich tadeln im ganzen Lande.

Für einen Amtmann wär's ewig Schande.
Deutschlands und Spaniens und Frankreichs Dichter,
mich, einen Edelmann, mich, einen Richter,
würden sie schelten in der Geschicht'!
Spart eure Worte! alles ist richtig.
Ja, ja, so muß es sein, es bleibt dabei!
(ab)

SZENE 6
Ramiro allein

N.18 Arie

RAMIRO
Ach, schmeichelhafte Hoffnung,
Gefährtin treuer Liebe,
du stärkest miene Triebe
und tröstest mich allein.

Dir bin ich ganz ergeben,
dir danke ich mein Leben,
nur du kannst die Belohnung
jetzt meiner Treue sein.
(ab)

SZENE 7
Der Podestà, Arminda und der Graf, später Sandrina

SZENE 8
Der Graf allein

N.19 Rezitativ und Arie

DER GRAF
Verweil doch und hör' mich!
Sie geht und stößt mich von sich.
Nun, sie gehe!
Doch sachte! Was ist mir?
Die Erde wanket!
Ein schwarzer Nebel
umdunkelt schon meine Blicke!
Ist's Sturm? sind's Schatten?
Die Nacht kommt, wie schaurig!
Arminda! Violante!
Wollt ihr denn meinen Tod?
Nur zu, meine Schönen!
Ich erleide ihn gern!
Jedoch, ihr weinet?
Wozu denn diese Tränen?
Ich sterbe gern!
Hört den Donner, seht die Blitze!
Ihr schleudert sie suf mich herab!
O wie dank ich die, gütiger Himmel!
O hilf, von dir nur erwarte ich Rettung.
Freunde, Geliebte! beweint mich!
Lebt wohl für immer!

Schon erstarren meine Glieder,
und der Schmerz drückt mich darnieder!
Kaum mehr fühl ich, daß ich lebe,
daß ich zitt're! O welches Bange!
Von der Strine auf die Wangen
rinnet der kalte Schweiß herab.
Aber nein, ich darf noch leben,
schau empor und fasse Mut.
Und die Augen! O ja, ich sehe!
Und auch hör' ich, in der Nähe,
holden Zephyrus sanftes Wehen!
Ist dort etwa Endes Garten?
Darf ich? Nein, ich muß noch warten!
Aber stille! stille! stille!
Die Winde brausen!
Die Bäche sausen!
Leise kosend durch die Blätter
will die Sonne mir verkünden:
Komm, es naht ein neuer Tag.
Welche Freude! welch Entzücken!
Ich kann mich regen und bewegen,
tanzen, singen, hüpfen, springen.
Mit frohem Herzen kann ich nun scherzen.
Welch eine Freude! Vergnügter Tag!
(ab)

SZENE 9
Serpetta und der Podestà

N.20 Arie

SERPETTA
Wer will die Welt genießen,
der schweig' zu allem still!
Er laß sich nichts vedrießen,
es komme, wie es will!
Die Mädchen sollten redlich sein
und laut're Herzen haben,
so aufrichtig sein wie ehrlich, ja ehrlich sein.
Doch nützen diese Gaben
bei Männern nun nicht mehr!

Jetzt muß man sein verschlagen,
gleichgültig alles tragen,
sich dumm und sittsam stellen,
die Narren wacker prellen,
sie foppen hin und her!
Von allen diesen Pflichten
muß man sich unterrichten
und nützen jede Lehr!
(ab)

SZENE 10
Verlassener Ort in bergiger Gegend

Sandrina ängstlich und zitternd; man sieht verschiedene Gestalten
eilends fliehen.

N.21 Arie

SANDRINA
Ach haltet, Barbaren,
ach haltet, o Gott!
ach haltet, o Himmel!
ach haltet, Barbaren!
Wie könnt ihr mich verlassen?
Ach! reichet Hilf' mir Armen!
Wie wird es mir ergeh'n?
Ach Himmel! Ach Erbarmen!

Es ist um mich gescheh'n.
Nur der Tod ist mein Hoffen!
Himmel, soll ich erliegen
meinem schrecklichen Schiksal?
Grausam verlassen
von dem innig Geliebten,
von ihm verhöhnet!
Ach, was soll ich beginnen?
Dem Schmerz muß ich erliegen!
Zu groß sind meine Leiden!
Wohin soll ich mich wenden,
um Hilfe zu erspähhen
an diesem Schreckensorte!
Es ist vergebens!
Mein Hoffen ist dahin!
Ich bin verloren!

N.22 Kavatine

SANDRINA
Ach! vor Tränen, Schluchzen, Seufzen
kann ich kaum mehr Atem fassen!
Sprach' und Stimme mich verlassen
und es schwindet alle Kraft.

Rezitativ

Schenke, gütige Vorsicht, mir dein Erbarmen!
Lind're die bitt're Schmerzen!
Lasse mich nicht verzagen!
Ha, wer nahet sich?

Soll ich entfliehen oder bleiben?
Verzweiflungsvolle Lage!
Wer mag kommen?
O Gott, mir fehlen Kräfte, um zu fliehen!
Wohin bergen? O Himmel!
Ha, da erblick ich die Höhle!
Dies sei der Schutzort dieser traurigen Stunde!
Da hinein will gehen.
Und du, güt'ge Gottheit!
ach, schütze mein Leben.
(Sie sucht schutz in einer Höhle)

SZENE 11
Der Graf und Nardo; die Vorige, dann Arminda, darauf der Podestà und
Serpettam schließich Ramiro

N.23 Finale

DER GRAF
Hier in diesen Finsternissen,
in den Felsen, ach, ich bitte,
Nardo, leite meine Schritte,
denn ich weißicht aus noch ein.

NARDO
O wie schrecklich ist die Wildnis!
Nun so laßt uns sachte gehen.
Hier ist wohl der Ort zu sehen,
wo man sie noch finden kann.

SANDRINA
In der Näh' dünkt mich zu hören
ein Geräusch, das mich erschrecket,
das mir Furcht und Angst erwecket,
Himmel, ach, erhör mein Fleh'n!

ARMINDA
Hier in diesen finstern Wald
ist gewiß mein Graf gekommen,
von Verzweiflung eingenommen,
seiner Gattin nachzugeh'n.

DER GRAF
Ein Geräusch hab ich vernommen.

SANDRINA
Nein, ich will von hier nicht weichen!

NARDO
Ich will näher hin mich schleichen.

ARMINDA
Mich dünkt, hier etwas zu hören.

SANDRINA, ARMINDA, DER GRAF, NARDO
Laßt uns seh'n, was hier geschieht.

DER PODESTÀ
Hier in diesen Finsternissen
muß ich Schritt vor Schritte gehen
und die Straßen nicht versehen,
sonst brech' ich mir Hals und Bein!

SERPETTA
Heimlich hab' ich mich beflissen,
in der Stille her zu schleichen,
meine Absicht zu erreichen
und auf meiner Hut zu sein.

DER GRAF
Wer ist da?

SANDRINA
O welch ein Unglück!

DER PODESTÀ
Geht hier jemand?

SERPETTA
O selt'ner Zufall!

NARDO
Geht nicht weiter!

ARMINDA
O welcher Schrecken!

SANDRINA, SERPETTA, ARMINDA, DER GRAF, DER PODESTÀ, NARDO
Welch Getöse, welches Lärmen,
wär' ich doch nur weit von hier!

DER PODESTÀ
(zu Arminda, die er für Sandrina hält)
Bist du's, mein lieb' Sandrinchen?

ARMINDA
(zum Podestà, den sie für den Grafen hält)
Ja, die bin ich!
(Das ist der Graf.)

DER GRAF
(zu Serpetta, die er für Sandrina hält)
Meine reizende Sandrina!

SERPETTA
(zum Grafen, den sie für den Podestà hält)
Ja, die bin ich!
(Das ist der Amtmann!)

NARDO
(zu Sandrina)
Sind Sie nicht die gnäd'ge Gräfin?

SANDRINA
Dies ist Nardo, ich bin ruhig!

SANDRINA, SERPETTA, ARMINDA, DER PODESTÀ, DER GRAF, NARDO
Welche Freude, welch' Entzücken,
was ich suchte, ist nun mein!

RAMIRO
(aus dem Hintergrund)
Nun, ihr Freunde! bleibt hier stehen,
doch laß von euch sich keiner sehen,
bis es endlich Zeit wird sein.

DER PODESTÀ
Kommen Leute?

ARMINDA
Wie? was hör' ich?

DER GRAF
Sag, wer bist du?

SERPETTA
Wer verbirgt mich?

NARDO
Geh zurücke!

SANDRINA
Ich bin verloren!

RAMIRO
(tritt auf, zu Arminda)
Nun wird alles aufgeklärt!

DER PODESTÀ
Laßt uns gehen!

ARMINDA
Ich bin's zufrieden!

DER GRAF
(zu Serpetta)
Geh'n wir noch weiter?

SERPETTA
Es ist das beste.

NARDO
Was tun wir?

SANDRINA
Weh mir, ich zitt're!

SANDRINA, SERPETTA, ARMINDA, DER PODESTÀ, DER GRAF, NARDO
Ach, ich möcht' vor Angst vergeh'n,
länger ist's nicht auszusteh'n!

RAMIRO
(wieder im Hintergrund)
Holla, Freunde, laßt euch sehen,
kommt geschwind und hurtig her!
Ich erfreu' mich des Vergnügens,
so das Glück hat euch beschert.

(Alle sind erstaunt und betrachten sich verwundert)

DER GRAF
Du, Serpetta?

SERPETTA
Sie, der Graf?

DER PODESTÀ
Meine Nichte?

ARMINDA
Der Podestà?

SANDRINA, SERPETTA, ARMINDA, DER PODESTÀ, DER GRAF, NARDO
O verwünschtes Überraschen,
alle steh'n wir hier beschämt!

ARMINDA
(zum Podestà)
Hier ist ein Irrtum,
dort ist die Schöne.

SANDRINA
(zu Nardo)
Ach, wie Sie scherzen,
ich bin nicht jene.

SERPETTA
(zum Grafen)
Ha, wie Sie irren,
dort ist die Närrin.

DER PODESTÀ, DER GRAF, NARDO
Da sind wir alle schön angelaufen,
was ist zu machen, 's ist einmel so.

ARMINDA
(zum Grafen)
Falscher Verräter, du mich betrügen?
Giftige Rache sollst du fühlen!

DER PODESTÀ
(zu Sandrina)
Warte, Nichtswürd'ge, ich will dich strafen!
Ja, du sollst meinen Zorn empfinden!

SANDRINA
O weh! ich wanke! das Haupt mir chwindelt,
unter den Füßn die Erde weicht.

NARDO
(zu Serpetta)
Dieses dein Schmeicheln ist hier vergebens.

SERPETTA
(zu Nardo)
Das soll dich Nerren wenig bekümmern.

RAMIRO
(zu Arminda)
Ach, deine Strenge kann ich nicht fassen!

ARMINDA
(zu Ramiro)
Dich werd' ich fliehen und ewig hassen!

SANDRINA, DER GRAF
Wie stürmt der Himmel!
welche schwarze Wolken!
Mich schaudert, ich zitt're!
erstarre! und bebe!
Jetzt schon ergreift mich ein toller Wahn!

SERPETTA, ARMINDA, RAMIRO, DER PODESTÀ, NARDO
Ach, der Verdruß macht mich fast rasend,
das Herz fängt schnell zu schlagen an!

SANDRINA
Hörst du nicht, mein Tirsis? Von ferne ertönen
die Zaubergesänge der holden Sirennen.
Sie Laden uns ein zu erquickender Ruh'.

DER GRAF
Hör', Kloris, die Leier des Orpheus sanft klingen,
die Felsen bewegt und die Bestien bezwinget!
der Schiffer im Weltmeer hält still und hört zu.

SANDRINA, DER GRAF
O sanftes Entzücken, o himmlisches Lust!

DER PODESTÀ
(zum Grafen)
Herr, mit Ihnen hab' ich zu sprechen!
Ich muß diese Unbill rächen!
Auf Pistolen lad' ich Sie!

RAMIRO
(zum Grafen)
Nur geschwind, mein Herr, wir gehen!
Warum bleiben Sie noch stehen?
Uns're Klingen messen wir!

ARMINDA
Wo wollt ihr hin? Ach bleibet doch!

SERPETTA, NARDO
Was soll denn dieses Lärmen noch?

RAMIRO, DER PODESTÀ
Kaum kann ich mich noch halten
vor Wut und Raserei.

SANDRINA
Ich bin Medusa! Kennt ihr mich?

DER GRAF
Ich bin Alcid, fort, packe dich!

SANDRINA, DER GRAF
Herzige Nymphen, kommet doch!
Fliehet die Tyrannei!

ARMINDA
Ich glaube gar, sie schwärmen.

DER PODESTÀ
Ja, ja, mich dünkt, sie schwärmen.

RAMIRO, NARDO
Sagt doch, was dies bedeute!

SANDRINA
Nur nicht so nah, ihr Leute!

SANDRINA, DER GRAF
Holla! kein solches Lärmen!
Wollt ihr uns sehen weinen?
Seid doch so grausam nicht!

SERPETTA, ARMINDA, DER PODESTÀ, NARDO
Fürwahr, sie sind von Sinnen!
Wahnsinnig, und ganz toll!

RAMIRO
(zu Arminda)
Zu so großen Unglück
hast du den Grund gelegt.

SANDRINA, DER GRAF
Ach,ist denn niemand,
o Gott, ist denn niemand,
den meine Pein bewegt?

SERPETTA, ARMINDA, RAMIRO, DER PODESTÀ, NARDO
Welch seltener Zufall!
Welch trauriges Schiksal!
Der Wahnsinn, die Tollheit
ergreifen sie ganz.

SANDRINA, DER GRAF
O lachende Freude,
man wird uns beneiden.
Die lustig Musik
uns locket zum Tanz.

Akt I | Akt II | Akt III


contributed by Camila Argôlo Freitas Batista


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Thursday, 17-Oct-2002 02:25:08 PDT