Claudio [allein]
Wo Isabella bleibt; - sie wird das Schicksal,
das meiner harret, mir verkünden! - Tod?
O meine Julia, sollt' ich scheiden
von dir und deinem Schmerz,
trostlos allein in deinen Leiden
bräch' auch dir das Herz!
[Isabella kommt.]
Ach, Isabella, teures Leben,
o rede schnell, was bringst du mir?
Isabella
Ein schönes Los bereit' ich dir,
sei Held und Retter meiner Ehre!
Claudio
Was muß ich hören?
Isabella
So vernimm!
Ein Scheusal, ein Tyrann ist der,
der das Gesetz gab, das dich mordet;
kein größrer Heuchler wird gefunden
als Friedrich selbst. Hör, was geschah:
zu seinen Füßen sah er mich
und faßte frevelhafte Glut;
und um den Preis meiner Entehrung
versprach er Gnad' und Leben dir!
Claudio
Ha, niederträchtig, welch ein Schurke!
Isabella [beiseite]
So recht, zwar fest steht meine List,
doch um zu prüfen seine Stärke,
ob er das Leben auch verdient,
verschweig' ich ihm, was ich ersonnen!
Claudio
O Isabella, welche Schande!
Isabella
Claudio, ertrügest du die Schmach?
Claudio
Um solches Opfer sollt' ich leben!
Isabella
Für meine Ehre stirb als Held!
Claudio
Ha, welch ein Mut begeistert mich!
Isabella
Es harret dein der schönste Lohn!
Claudio
Ha, welch ein Tod für Lieb' und Ehre,
ihm weih' ich meine Jugendkraft,
für die erhabne Heldenehre
glüh' ich in hoher Leidenschaft!
Für meines gäbst du gern dein Leben,
doch für die Ehre sterbe ich!
Ich ende so mein männlich Streben,
und hoher Lohn erwartet mich!
/ Isabella
| Dem schönen Tod für Lieb' und Ehre,
| ihm weiht er seine Jugendkraft;
| für die erhabne Heldenehre
| glüht er in hoher Leidenschaft!
| Wohlan, so rett' ich gern dein Leben,
| für deine Freiheit stürbe ich;
| für dieses männlich schöne Streben
| erwartet Glück und Freude dich!
| Claudio
| Ha, welch ein Tod für Lieb' und Ehre,
| ihm weih' ich meine Jugendkraft,
| für die erhabne Heldenehre
| glüh' ich in hoher Leidenschaft!
| Für meines gäbst du gern dein Leben,
| doch für die Ehre sterbe ich;
| ich ende so mein männlich Streben,
\ und hoher Lohn erwartet mich!
Isabella
Mein Bruder, nun, so höre mich!
Claudio
Isabella, ich umarme dich!
Leb wohl, nimm diesen Abschiedskuß;
so büße ich das schöne Leben,
von dem ich sterbend scheiden muß!
Isabella
Ermanne dich!
Claudio
Könnt' ich sie sehn,
eh' mich der düstre Tod umhüllt,
der Tod mit seinem kalten Schauer,
der alle Lust und Freude knickt,
die dieses Leben schön geschmückt!
Isabella
Was ficht dich an?
Claudio
Weil ich geliebt, -
o, es ist hart, ach Isabella!
Isabella
Bei Gott, was soll's?
Claudio
Du lebst im Kloster,
und kennst sie nicht, die schöne Welt.
Isabella
Claudio!
Claudio
O Schwester, mach mich frei!
Isabella
Weh mir, was höre ich? Durch Schande?
Claudio
Verdammst du mich, weil ich gefehlt?
's ist so gering, des Bruders Leben!
Isabella
Meinst Du? Und einer Schwester Ehre?
Ha, feiger, ehrvergeßner Wicht,
Elender, und mein Bruder nicht!
Claudio
O Schwester!
Isabella
Nicht erbarmenswert;
so hast du Mut und Kraft bewährt!
Claudio
Hör mich, 's war nur ein Augenblick!
Isabella
Schwachmüt'ger, weich von mir zurück!
Claudio
Sieh meine Reu'!
Isabella
Ich glaub' ihr nicht!
He, Schließer, eile an dein Amt;
schließ den Gefangnen wieder ein!
Pontio als schließer kommt mit einigen Bütteln herbei.
Claudio
Was tust du?
Pontio
Fort, Signor!
Claudio
Laß los!
Isabella
Bringt ihn von dannen!
Pontio
He, ihr Leute, her, ihr Leute!
Claudio
O Schwester, sieh auf meine Reue!
/ Schon bin ich ja wieder ganz ermannt!
| Daß ich den Tod jetzt nicht mehr scheue -
| sag' dir die Glut, die mir entbrannt!
| Isabella
| Nicht acht' ich mehr auf deine Reue!
| Die Feigheit hat dich ganz entmannt!
| Los sag' ich mich der Schwestertreue!
\ Ich habe niemals dich gekannt!
Claudio
O Schwester, Isabella!
Claudio wird in das Gefängnis zurückgebracht.
Isabella [allein, geht mit heftigen Schritten auf und ab.]
So sei's! Für seinen feigen Wankelmut
sei er durch Ungewißheit seines Schicksals,
das ich so lang ihm berge, streng bestraft! -
Doch dir, mein süßer Liebesantipode,
bereit' ich eine List, sie soll dich fangen,
für Narrheit und für Bosheit dich bestrafen!
Der Plan ist gut; ich melde Mariana,
wie sie den Vogel fängt, der ihr entfloh'n!
Sie ist sein Weib und sträubt sich lange nicht;
derweil bestell' ich Friedrich für die Nacht!
Heut ist Beginn des Karnevals, den er verbot; -
so muß er denn verlarvt erscheinen,
zum zweiten Male brechen sein Gesetz!
Kommt er dann so, so naht sich Mariana,
führt ihn statt meiner nach dem Pavillon;
sie gibt sich dann ihm offen zu erkennen,
zwingt ihn, den keuschen Mann, zum neuen Bund
und liefert dann ihn meiner Gnade aus!
Doch, das Begnadigungspatent des Bruders,
das ich noch heute abend soll erwarten,
wird Claudio vorenthalten, ich fang' es auf
und laß ihn büßen durch die Todesfurcht!
Triumph! Triumph! Vollendet ist der Plan!
Ich spiele mit dem Tod wie mit dem Scherz,
und List und Rache erkämpfen mir den Sieg!
Dorella kommt.
Isabella
Dorella, sieh, nun, bist du jetzt befreit,
und stehst du ganz zu Diensten mir?
Dorella
Gewiß, ein Wort von euch tat Wunderkraft;
Ich bin dankbar zu eurem Dienst geweiht.
Isabella
So nimm! Hier diesen Brief bestellst du an Mariana,
und dem Statthalter überbringst du jenen; -
den Zutritt mußt du finden!
Dorella
Sehr leicht; - der Kauz Brighella ist sterblich in mich verliebt.
Isabella
Brighella? Herr und Diener? Ha, vortrefflich!
Sahst du nicht Luzio?
Dorella
Ich sah ihn nicht; Gott weiß, wohin er flattert!
Isabella
Sprich, ist er so flatterhaft, als man ihn immer nennt?
Dorella
Ei, und weit mehr: 's gibt nicht ein einzig Weib hier in Palermo,
dem er sich nicht nahte mit seiner kecken Art.
Mich liebt' er auch!
Isabella
Was sagst du?
Dorella
O, recht heftig; seine Schwüre, Versprechungen, Anträge, Liebkosungen jedoch sind falsch;
treulos ist er wie keiner!
Isabella
Ha, ein vortrefflich Bild, ich muß gestehn! -
Wer kommt dort durch die Pforte?
Dorella
Wenn man vom Teufel nur spricht, so ist er da. -
's ist Luzio!
Luzio tritt auf und nähert sich galant Isabella, ohne Dorella zu bemerken.
Luzio
Wie glücklich, schöne Isabella, bin ich,
euch endlich hier zu sehn!
Isabella
Viel Dank!
Dorella
So seht doch auch Dorella!
Luzio
Du könntest wahrlich wieder gehn!
Nach eurem Bruder wollt' ich fragen,
wie alles abgelaufen sei?
Isabella
Ich kann das Beste euch nur sagen, -
noch heute wird er wieder frei!
Luzio
O, so habt Wunder ihr getan,
ich bete eure Allmacht an!
Dorella
Das ist zuviel, jetzt wird er fromm,
und gottlos war er stets bei mir!
Luzio [mit zunehmender Verwegenheit]
Ich weiß nicht, wie ich dazu komm!
Dorella
O nur Geduld, ich sag' es dir! -
Denkst du noch an die Schwüre, Küsse,
die Schmeicheleien, die Versprechen?
Luzio
Wenn ich von alledem was wisse!
Dorella
Willst du die Eide alle brechen?
Luzio
Bei Gott, wer mag sich so erfrechen!
Isabella
Ei, ei! Daß ihr so untreu seid!
Luzio
Ich schwör's bei meiner Seligkeit!
Dorella
Das ist der tausendste der Schwüre!
Luzio [ausweichend]
Daß ich nicht eins ins andre führe, -
wann, denkt ihr wohl, wird Claudio frei?
Dorella
Mein Freund, nein, so geht nicht das Ding,
und damit nichts gelogen sei, -
kennst du den Brief, kennst du den Ring?
Isabella
Ach, welche zarte Liebeszeichen!
Luzio
Nein, das ist Frechheit sondergleichen!
Dorella
Du leugnest es?
Luzio
Ich kenn' dich nicht!
Dorella
Weh mir!
Isabella
So hört doch nur, was Liebe spricht!
/ Das ist nicht schön von euch, Signor,
| daß ihr die Arme so verlaßt;
| es geht aus ihrem Schmerz hervor,
| daß sie euch tief ins Herz gefaßt.
| Dorella
| Das ist doch wahrlich schlecht, Signor,
| daß ihr mich endlich gar verlaßt;
| aus euren Schwüren ging hervor,
| daß ihr mich mehr ins Herz gefaßt!
| Luzio
| Jetzt schwirrt mir's wahrlich vor dem Ohr,
| auf dieses war ich nicht gefaßt.
| Es geht aus allem mir hervor,
\ daß man mir völlig aufgepaßt!
Isabella
Welch ein Verbrecher seid ihr doch,
daß ihr es wagen konntet,
mir euer Herz und eure Hand zu bieten,
da euch schon süße Bande fesseln!
Dorella
Was höre ich!
Luzio
O welcher Spott!
Isabella
Sollt' ich nicht euch zulieb'
das Kloster für immer lassen?
Dorella
Frevelhaft!
Luzio
Ihr wollt doch nie es mehr betreten!
Isabella
Gewiß! Ich werde dort sehr viel
durch strenge Buße sühnen müssen,
weil ich zuvor gezwungen bin,
noch eine Sünde zu begehn.
Luzio
Noch eine Sünde! Redet, welche?
Isabella
So wißt!
Zur Lösung meines Bruders
verlangte Friedrich das von mir,
und das er jenen straft!
Luzio
Zum Teufel, 's ist nicht möglich,
welch ein Heuchler! Und ihr?
Isabella
Ich muß es ihm gewähren,
noch diese Nacht, kein Mittel sonst!
Luzio
Entsetzlich; ha, nimmermehr,
für eure Ehre sterb' ich gern!
Isabella
Triumph, wahrhaft ist seine Liebe!
Luzio
Und wenn ich selbst im Kampfe bliebe,
ich ruf' es durch die Straßen aus,
ich schrei' es laut von Haus zu Haus,
wie schändlich Friedrichs Heuchelei,
wie schimpflich seine Tyrannei!
Isabella
Ich habe auch schon dran gedacht; -
doch hätte man mich ausgelacht.
Wer glaubt denn wohl an Friedrichs Liebe?
Beruhigt euch, nichts hilft das Toben!
Luzio
Ich rase! Ist dies Isabella?
Dorella
So seid doch still, was geht's euch an?
Luzio
Bei Gott! Was soll ich von euch denken?
/ Dorella
| So seid doch still, was geht's euch an?
| Ein Kluger tut, als wiss' er nichts!
| Luzio
\ Ich werde toll! O, welche Schmach!
/ Isabella
| In dem erhabenen Erglühen
| spricht sich die schönste Liebe aus,
| erst soll er quälen sich und mühen,
| dann lach' ich ihn voll Freude aus!
| Dorella
| Was mögt ihr euch nur so erglühen,
| es kommt doch nur ein Spaß heraus;
| was wollt ihr denn um sie sich mühen,
| sie lacht euch doch bezeiten aus!
| Luzio
| Vor Wut fühl ich mein Herz erglühen,
| mir füllt die Adern Angst und Graus;
| ich möchte Gift und Flammen sprühen,
\ und sie lacht mich wohl gar noch aus!
Dorella ist abgeeilt. Luzio wirft sich wie rasend auf eine Bank.
Pontio kommt.
Isabella
Vernimm, mein Freund, worum ich dich jetzt bitte:
Vor heute nacht wird Friedrich ein Patent,
das meinen Bruder Claudio betrifft,
hieher bestellen; verschweig es meinem Bruder,
such mich dann auf dem Korso auf und gib mir's.
Pontio
Verheimlichen? Das geht nicht!
Isabella [wirft eine Börse zu]
Warum nicht, Narr?
Pontio [steckt die Börse ein]
O ja, es geht!
Isabella
Nun denn, beacht' es wohl!
Signor, lebt wohl! - Ich seh' euch diese Nacht!
[Ab.]
Luzio und Pontio
Luzio [springt wie besessen auf]
Heut nacht! - Ja wohl, heut nacht! - 's wird lustig hergehen, ich kann mir's denken! - O Weiber, Weiber! Ich spielte erst mit euch, wie spielt ihr jetzt mit mir! Fluch ihnen!
[Er rennt in der Hast Pontio um, der ihm verwundert zugesehen hat.]
Was ist das für ein Kerl?
Pontio [sich aufrichtend]
Seid ihr gescheit? Was ist das für ein Benehmen?
Luzio
Zum Teufel, Pontio?! Wie kommst du hierher, Kerl? Bist du ein Gefangener, oder was sonst?
Pontio
Weder ein Gefangener, noch ein Sonst. Seht mich recht an, ich bin ein Schließer!
Luzio
Und dazu nahm man dich, den verworfensten Spitzbuben in ganz Sizilien?
Pontio
Wahrt eure Zunge! - Sagt, was sollt' ich tun? Alle Wirtschaften sind aufgehoben, alles wird ordentlich, mein Gewerbe ist dahin! Was sollt' ich anfangen? Man braucht Sbirren, man bietet mir die Aufnahme in ihre noble Gesellschaft an, ich werde sogar Schließer.
[Luzio lacht bitter.]
Was ist da zu lachen? Ich bin sittsam geworden, ich beschütze die Tugend und wache über alle liederlichen Leute.
Luzio
So ist es recht! Lumpengesindel braucht man, um seine heuchlerischen Schurkereien auszuführen! Laß mich zu Claudio!
Pontio
Das geht nicht, Signor!
Luzio
Da werde ich dich fragen! Ich muß ihn sprechen, ich muß ihn beschwören, eher sein Leben als seiner Schwester Ehre zu opfern!
Pontio
Laßt ihm doch das Leben und ihr die Ehre! Mit einem Wort, es darf niemand zu ihm!
Luzio
Der Schurke macht mich verrückt!
[er packt ihn.]
Willst du weichen, Halunke,
oder ich würge dich!
Pontio [schreiend]
Zu Hilfe! Zu Hilfe! Herbei! Herbei!
[Es kommen mehrere Sbirren.]
Arretiert dieses Ungeheuer! Macht euch an ihn, steckt ihn ein! Ins Loch! Ins Loch!
Luzio
Die Frechheit dieses Kerles macht mich rasend!
Er prügelt ihn, die Sbirren fallen über Luzio her; er wehrt sich eine Zeitlang, schlägt sich durch, tritt Pontio nieder und entspringt über die Mauer.
Pontio [indem ihm die Sbirren aufhelfen und ihn forttragen]
Jedes Amt hat seine Mühseligkeiten, das merke ich nun wohl! Ich glaubte jetzt nur Prügel austeilen zu dürfen, - statt dessen bekomme ich sie noch, nach wie vor! - O schlimmes Amt!
[Alle ab.]
Ein Zimmer in Friedrichs Palast.
Friedrich allein.
Friedrich
So spät, und noch kein Brief von Isabella?
Verlang' ich nicht danach, wie nach dem Heil Der Seele?
Was hat ein Weib aus dir gemacht!
Armseliger, wohin ist das System,
das du so wohl geordnet, hingeflohen?
Ein Hauch von ihrem warmen Atem nur,
und wie ein frost'ger Wintertraum zerflossen!
O, nicht zum Sklaven bloß macht mich die Liebe,
der Pflicht und Ehre zu vergessen,
zwingt mich ihre rächende Gewalt!
Ich liebte nie, - das lernte Mariana,
die ich einst treulos, kalt verließ!
Doch als mir Isabella die Erdenliebe erschloß,
da schmolz das Eis in tausend Liebestränen!
Ja, glühend, wie des Südens Hauch
brennt mir die Flamme in der Brust;
verzehrt mich auch die wilde Glut,
genieß' ich doch die heiße Lust!
Brighella kommt und führt Dorella herein, welche Friedrich ein Billett überreicht. Beide bleiben an der Türe stehen.
Friedrich
Von Isabella, diese Nacht, - am Ausgang des Korso; - wie? Verlarvt?
Sie sagt mir's zu!
O Wonne, himmlisches Entzücken,
noch heute wird die Schönste mein!
Sie will den Glühendsten beglücken,
mir Sel'gem ihre Liebe weihn!
Mich zu verlarven? Darf ich's wagen,
verbot ich nicht das Maskenfest?
Sollt' ich zum zweiten Male fehlen?
Und doch, ist's nicht das Sicherste?
Erwartet mich nicht das Entzücken,
wird nicht die Schönste heute mein?
Darf ich noch eine Sünde scheu'n!
Doch laß ich wirklich Claudio frei?
Darf das Gesetz wohl unterliegen
der Leidenschaft, die mich durchtobt?
Eh'r bring' ich selbst mich dem Gesetz
als Opfer dar, eh'r sterb' ich selbst!
[Er unterzeichnet ein Urteil und überreicht dies Brighella.]
Claudio, du stirbst, - ich folg' dir nach!
O, wie verschling' ich die Gedanken,
die wie Dämonen mich durchzucken.
Im Fieber wallet mir das Blut,
ich bin mir meiner nicht bewußt! -
Wie trag' ich Qualen und Entzücken,
es harret Tod und Wollust mein;
ich will sie an den Busen drücken,
ich will ihr Gott und Hölle weihn!
[Ab.]
Brighella und Dorella sind geblieben.
Dorella
Lebt wohl, Signor Brighella, - die Heiligen mögen euch beschützen!
Brighella [hält sie]
Bleib nur noch einen Augenblick!
Dorella
Laßt mich!
Brighella
Nein, länger halt ich mich nicht. Mag mich der Statthalter morgen hängen lassen, - der Teufel hole seine Liebesverbote! - Ich bin in dich verliebt wie rasend und habe schon meinen ganzen Verstand darüber verloren!
Dorella
Ach, das wäre schade! - Du liebst mich?
Brighella
Bis zum Wahnsinn! - Kann ich dich nirgends treffen?
Dorella
So? Gleich ein Rendezvous? - Nun gut - so komm heute abend auf den Ausgang des Korso! -
Brighella
Verdammt! Dort ist's gewöhnlich sehr belebt!
Dorella
Hilft nichts! Du mußt dich maskieren; auch ich erschein' maskiert.
Brighella
Ach, das bricht mir ja den Hals! Der Karneval ist streng verboten, - das darf ich nicht wagen!
Dorella
So sei kein Narr, - wir werden nicht die einzigen sein; noch ganz andere Leute, als wir zwei, werden sich verlarven.
Brighella
Ich tu es nicht!
Dorella
So geh, wohin du willst! - Addio! -
Brighella
Ja, ja, ich will mich verlarven, maskieren von oben bis unten! - Ihr Heiligen, was macht so ein Schelm nicht alles aus mir!
Dorella
Ich komme als Colombine, - und daß ich dich erkenne, kommst du als Pierrot!
Brighella
Weh mir, als Pierrot!
Dorella
Nun genug, - leb wohl! Heut nacht - leb wohl, mein süßer Pierrot!
Sie gibt ihm einen flüchtigen Kuß und eilt davon.
Brighella [sieht ihr erstaunt nach]
Und das war nur ein Kuß!
Ein Kuß! Und den will mir der Statthalter verbieten? Den Teufel in sein Liebesverbot! Kann er's aushalten, so ist er Deutscher! Ich bin Sizilianer, und zwar von erstaunlich guter Geburt! - - Aber warum ich mich nur maskieren soll? - Ob dies meinen Reiz erhöhen soll? - Ihr Heiligen, wenn man mich erwischt, wie würde mir die Liebe bekommen!
[Geht ab.]
Der Ausgang des Korso; im Vordergrunde Lusthäuser mit parkähnlichen Anlagen; ein Zelt mit Erfrischungen des Danieli. Man sieht nach hinten in den Korso hinab. Angelo, Antonio, Danieli in seinem Zelte, Volk, junge Männer und Frauen, alle meistens halb oder ganz maskiert, italienische Charaktermasken usw. Alles wogt bunt durcheinander. Es ist Abend.
Antonio
So recht, ihr wackern jungen Leute!
Einmütig haben wir beschlossen,
dem albernen Verbot zum Trotz
den Karneval froh zu begehen.
Chor
Bereit sind wir zum Feste schon,
wir ordnen bald die Prozession!
Antonio
Palermos Frauen sind bereit,
sie teilen jede Lustbarkeit!
Danieli
Ihr buntes Volk, macht euch heran!
Hört mich, und was ich sage an!
[Alles zieht sich nach seinem Zelte.]
Ich biet' euch meinen ganzen Rest,
den ganzen Keller voll von Wein!
Laßt sehn, wer uns verhindern läßt,
am Karneval vergnügt zu sein!
Angelo
Das läßt sich hören!
Antonio
Kommt heran,
ein lustig Vorfest halten wir!
Angelo
Dann ziehn wir nach dem Korso hin!
Danieli
Willkommen ganz Palermo hier!
Danieli teilt Wein und Erfrischungen aus. Man trinkt und jubelt.
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
So jubelt in das Fest hinein,
zur Lust begeistre uns der Wein,
wenn jauchzend ganz Italien bebt,
sei auch Sizilien neu belebt!
Luzio
Ihr muntres Volk, wer seid ihr all?
Antonio
Ha, Luzio!
Angelo
Sei gegrüßt!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Willkommen!
Luzio
So treff' ich euch? Macht euch bereit,
so toll und wild den Karneval
zu end'gen, wie's noch nie geschah!
Ihr schönen Frauen, seid willkommen!
Ich sing' euch jetzt ein Karnevalslied,
es ist das tollste aller Lieder!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Es sieht euch gleich! So sing! So sing!
Während des Vorspiels und der Nachspiele wird ein feuriger sizilianischer Charaktertanz ausgeführt.
Luzio
Ihr junges Volk, macht euch heran,
tralalalalala!
Die Alltagskleider abgetan,
tralalalalala!
Die Larven vor, die Jacken an!
La!
Die bunten Wämser angetan!
La!
Heut ist Beginn des Karnevals,
Da wird man seiner sich bewußt!
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, jetzt gibt es Lust!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, jetzt gibt es Lust!
Luzio
Jetzt gibt's nicht Weib, noch Ehemann,
tralalalalala!
Es gibt nicht Vater und nicht Sohn,
tralalalalala!
Und wer das Glück ergreifen kann,
la!
Der trägt es im Triumph davon!
La!
Das ist das Recht im Karneval,
dabei wird man sich sein bewußt!
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, jetzt gibt es Lust!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, jetzt gibt es Lust!
Luzio
In Jubelsrausch und Hochgenuß,
tralalalalala!
Ertränkt die gold'ne Freudenzeit,
tralalalalala!
Zum Teufel fahre der Verdruß,
la!
Und hin zur Hölle Traurigkeit,
la!
Wer sich nicht freut im Karneval,
dem stoßt das Messer in die Brust!
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, es war zur Lust!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Tralalala, herbei, herbei!
Ihr Leute all, tralalala!
Jetzt gibt es Spaß, es war zur Lust!
Der Tanz ist nach jedem Verse immer feuriger und wilder geworden.
Brighella kommt mit einer Schar von Sbirren.
Brighella
Halt! Auseinander! Welch ein Lärmen,
welch ein gottvergeßnes Schwärmen!
Antonio
Der kommt uns eben recht!
Angelo
Drauf los!
Brighella
Weg mit den Larven!
Antonio
Stoßt ihn nieder!
Brighella
Wißt ihr nicht, daß verboten ist
der ganze Plunderkarneval!
Angelo
Hört ihn nicht an!
Antonio
Auf, werft sie nieder!
Angelo, Danieli, Chor
Ganz recht, das soll der Anfang sein!
Luzio
Hört mich, ihr Freunde! Jetzt noch nicht!
Gebt ihnen vorderhand noch nach!
Nehmt eure Larven ab. Vermeidet
noch jetzt den Streit mit jenen Schurken!
Macht euch auf Ärgeres gefaßt!
Verderbt mir nichts, - geht auseinander!
Brighella
O liebenswürd'ger junger Mann!
Antonio
Was soll's? Wir waren schon im Zug!
Angelo
Was hast du vor?
Antonio, Danieli, Chor
Sagt, was geschieht?
Luzio
Verteilt euch jetzt in jene Straßen!
Entlarvt euch, Freunde, und seid ruhig, -
rechtfert'gen will ich sicher mich!
Brighella
Für dies Verdienst wird dir ein Orden!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor
Er hat ganz sicher seinen Grund;
zerstreut euch, doch nicht gar zu weit!
Alle zerstreuen sich nach verschiedenen Seiten. Die Sbirren, in einzelne
Patrouillen verteilt, folgen ihnen.
Brighella allein bleibt zurück, blickt nach allen Seiten, ob er
allein sei. Er legt seinen langen Mantel und großen Degen ab, versteckt
beides in das Gebüsch und zeigt sich so in der Maske des Pierrot, der er
noch die weiße Gesichtslarve zufügt. Er sucht ängstlich nach Dorella.
Er glaubt, sie in der Ferne zu sehen und läuft ängstlich davon.
Isabella und Mariana treten auf, beide in einer ganz gleichen,
reizenden Maske.
Isabella
Verweile hier, hier muß er kommen!
Mariana
Wie glüht die Wange mir vor Scham!
Isabella
Doch Keckheit wird allein uns frommen.
Mariana
Ich weiß nicht, wie ich dazu komm'!
Isabella
Wohlan! Ich grüße dich als Braut,
denn Flitterwochen bist du nah.
Mariana
Wie mir vor solcher Ehe graut!
O, wär' doch schon das Ende da!
Isabella
O nur Geduld, so hitzig nicht!
Für dich leist' ich darauf Verzicht!
Mein süßes Bräutchen, lebe wohl!
Mariana
Novizenschwester, lebe wohl!
Isabella entfernt sich.
Mariana
Welch wunderbar' Erwarten,
Gefühl voll Lust und Schmerz,
ich zieh' für eine andre
den Gatten an mein Herz.
Und doch winkt mir von ferne
nach langem Gram ein Glück; -
o bringt ihn, güt'ge Sterne,
voll Reue mir zurück!
Sie verliert sich in einem der Laubgänge. Friedrich kommt maskiert. Luzio schleicht ihm nach.
Friedrich
Hier soll sie sein; - wo mag sie weilen?
Luzio
Er ist's, ich habe ihn erkannt!
Friedrich
Wer ist der Mensch, der mich verfolgt?
Luzio tritt unbefangen auf ihn zu.
Luzio
Ganz recht! Dort ist noch eine Maske!
He, Freund, kommt mit zur Prozession!
Friedrich
Zu einer Narrenprozession?
Luzio
Wieso? Ich denk' ihr seid ein Kluger,
und feiert unsern Karneval.
Friedrich
Ich euren Karneval!
Luzio
Was soll ich denken! Ihr seid doch verlarvt?
Friedrich
Verdammt! - Nun ja, - ich komme dann!
Luzio
So recht, lacht jenen Toren aus,
tralalalalala!
Friedrich
Ich lach' ihn aus!
Luzio
der diese Lustbarkeit verbot,
tralalalalala!
Friedrich
Ha ha ha ha!
Luzio
Ihr seid gescheit,
und macht die bunten Scherze mit.
Friedrich
Das tu' ich!
Luzio
Friedrich ist ein Narr!
Glaubt nur, er denkt nicht, wie er handelt.
Friedrich
Kann sein!
Luzio
Nein, nein! Nicht doch! Er handelt
nicht, wie er denkt!
Friedrich
Auch dies! Zum Teufel!
Luzio
Er ist ein Heuchler und ein Schuft!
Nicht wahr?
Friedrich
Jawohl! Doch bitt' ich euch:
laßt mich, ich bin nicht aufgelegt,
ich komme später auf dem Korso.
Luzio
Nun gut. Ich nehme euch beim Wort.
Ihr führt den Maskenzug mit an!
Luzio stellt sich, als ob er sich entferne.
Friedrich
Schon gut, bis dahin laßt mich gehn! -
Ich bin den läst'gen Schwätzer los!
Wo bleibst du, Isabella?
Mariana zeigt sich in der Ferne.
Friedrich
Ha, wer kommt dort? 's ist ein Weib! Ist sie's?
Mariana gibt ihm in den Zeichen.
Friedrich
Das ist das Zeichen! Welche Wonne!
Du bist es, himmlisches Geschöpf!
[Er eilt mit Mariana ab.]
Luzio [hervorbrechend]
Zum Teufel, ja, sie war's! Frisch nach!
Ich will die Freude euch gesegnen!
[Er eilt Friedrich nach.]
Dorella als Colombine tritt Luzio in den Weg, hängt sich an seinen Hals und sucht fortwährend durch Liebkosungen aller Art den Widerstrebenden zurückzuhalten.
Dorella
Wohin so eilig?
Luzio
Aus dem Weg!
Dorella
Jetzt kommst du mir nicht mehr hinweg;
erst mußt du büßen für die Schuld,
daß du verachtet meine Huld.
Isabella kommt von der anderen Seite und beobachtet in einem Versteck Luzio und Dorella.
Luzio
Sie ist verrückt, was fang ich an,
Wer hat's dir, Närrin, angetan?
Isabella
So recht, sie muß zurück ihn halten!
Sonst ging' es an ein Schädelspalten!
Brighella erblickt, auf der anderen Seite im Gebüsch verborgen, Luzio und Dorella.
Brighella
Zum Teufel, so erwisch ich sie!
Wie schlottern mir vor Wut die Knie!
Dorella
Ist das der Lohn, ist das die Treue?
Luzio
Jetzt laß mich los, sonst steht es schlimm!
Dorella
Fühlst du noch immer keine Reue?
Brighella
Ich schäume bald vor Wut und Grimm!
Isabella
Mich dünkt, ihm ist nicht wohl dabei!
/ Dorella
| Ist das der Lohn, ist das die Reue?
| Brighella
\ Mein Haar sträubt sich vor Schreck und Graus.
Isabella
Dorella ist auch gar zu frei!
Brighella
Ach, das hält nur der Teufel aus!
/ Isabella
| Die Schelmin läßt ihn nicht mehr los!
| Sie treibt ihn bis zur Raserei!
| Sein Ärger ist jetzt wahrlich groß!
| Und dieser ist nicht Heuchelei!
| Dorella
| Ich lass' dich Schelmen nicht mehr los!
| Sobald kommst du nicht wieder frei!
| Du stehst jetzt meiner Rache bloß,
\ nichts hilft dir deine Raserei!
/ Luzio
| Wie komm' ich von der Närrin los,
| sie bringt mich bis zur Raserei!
| Von diesem lästigen Gekos',
| wer macht mich armen Sünder frei?
| Brighella
| Die Schändliche läßt gar nicht los,
| sie bringt mich bis zur Raserei!
\ Die Wut in mir ist wahrlich groß,
O, der verruchten Heuchelei!
Luzio
Dorella, Einz'ge, höre mich:
Untreu war ich zum Scheine bloß,
ich blieb dir treu, ich liebe dich,
ich küsse dich! [er küßt sie.] Jetzt laß
mich los!
Er macht sich schnell los, läuft aber in der Verwirrung nach der Seite, ab, die der entgegengestzt ist, auf welcher Friedrich und Mariana verschwanden.
Isabella [tritt heftig hervor]
Ha, was war das, was mußt' ich hören!
Brighella [springt wie ein Wahnsinniger auf Dorella los]
Das ist zuviel! Du Ungeheuer!
Verworfnes, böses Katzenherz!
Dorella
Hilf Gott! Ein Scheusal! Ein Gespenst!
[Sie läuft entsetzt davon.]
Pontio [tritt auf]
Signora Isabella, he!
Hier, das Patent! 's ist unterschlagen,
ich hab's für euch gestohlen!
Isabella
Hab Dank! Es ist noch nicht erbrochen?
Bald, Claudio, end' ich deine Zweifel!
Brighella
Wie komm' ich fort! Ich muß ihr nach,
und Friedrich soll ich hier bewachen!
He, Pontio!
Pontio [entsetzt über Brighellas Anblick]
Herr! - Wie siehst du aus!
Brighella
Ich bitte dich um alle Welt,
ich muß davon, bleib hier für mich!
Steh Wache hier am Pavillon,
[in zunehmender Verwirrung]
laß niemand zu, laß niemand aus!
Nicht doch! Ja, ja! Nein, nein! Zum Teufel!
Fang ihn gleich auf, den Lumpenkerl!
Bewach ihn! 'ne Maske!
Pontio
Das verstehe, wer da will!
Brighella
So bleib! Ich geb' dir meine halbe Löhnung!
Dorthin! In Teufels Namen! Ach! -
[läuft wie besessen davon]
Pontio
Ist der verrückt? Die halbe Löhnung!
Ich weiß zwar nicht recht, was ich soll,
die Löhnung aber tut mir gut!
``Die Wache hier am Pavillon!
Laß niemand zu, laß niemand aus!
Nicht doch! Ja, ja! Nein, nein! Zum Teufel!
Fang ihn gleich auf, den Lumpenkerl!
Bewache ihn! 'ne Maske!'' Gut!
Die Sache ist mir klar, -
ich weiß, woran ich bin!
Isabella [das Schreiben erbrechend]
Laßt sehn, -
Pontio
``Ein Lump!''
Isabella
Wie schreibt der gnäd'ge Herr?
Pontio
``'ne Maske!'' ``Ein Lump!'' ``'ne Maske!''
Pontio stellt sich im Hintergrund an einem Pavillon als Wache auf.
Isabella [ist an eine Fackel getreten und liest das Schreiben]
Ihr Heil'gen, welche Schändlichkeit!
Nicht die Begnadigung,
geschärft zum augenblicklichen Volzug ist der Befehl!
Durch welchen Zufall hab' ich, mein Claudio, dich gerettet!
Ha, Rache, Rache dem Verruchten!
Herbei! Herbei! Ihr Leute!
Volk Palermos, tiefgekränktes Volk!
Eilt her! Zur Rache! Zur Empörung!
Hört meinen Schrei! Herbei! Herbei!
Antonio, Angelo, Danieli, Chor.
[Alles stürzt in verwirrung auf die Szene.]
Wer schreit! Was ist geschehn?
Was ist dir widerfahren, sprich!
Isabella
Greift zu den Waffen! Auf, zur Rache!
Stürzt ihn, den schändlichen Tyrannen!
[Luzio kommt.]
Auf, Luzio! Komm und räche mich!
Alle
Was ist ihr?
Luzio [sie von sich stoßend]
Laßt die Heuchlerin! Laßt sie nur rasen!
Alle
Was sagst du?
Luzio
Es ist Lüge!
Isabella
Luzio, höret mich,
wie jämmerlich sind wir betrogen!
Luzio
Entehrtes Weib, was soll dein Schrei'n?
Alle
Was soll man denken, sprecht heraus!
/ Isabella
| Hört nicht auf ihn, hört mich allein!
| Hört ihr umsonst der Rache Schrei'n?
| Luzio
| Hört nicht auf sie, hört mich allein!
| Sie kennt ja nur Betrügerei'n!
| Alle
| Wem soll man trau'n von diesen zwei'n?
\ Warum mag sie um Rache schrei'n?
Pontio hat im Hintergrunde den verlarvten Friedrich und Mariana ergriffen; der Chor teilt sich in der Mitte, man sieht Pontio sich mit Friedrich nach dem Vordergrunde zu ringen.
Pontio
Halt! - Halt, er ist erwischt, gefangen!
Ein Weibsbild! Eine Maske! Halt! Halt! Halt!
Alle
Was ist geschehn? Was soll das Schrei'n?
Pontio
Halt! Nur vor! Nur vor!
Alle
Ha, was ist das?
Luzio
Reißt ihm die Maske ab!
Antonio
Laßt sehn!
Man reißt Friedrich die Maske ab.
Alle
Ha! Friedrich ist's! Was soll man denken,
er ist verlarvt, brach sein Gesetz!
Wer ist das Weib? Entlarvt auch sie!
Mariana
Mariana bin ich, bin sein Weib!
Friedrich
Mariana!
Luzio
Himmel! Mariana!
Alle
Ha, das ist sein Verbot der Liebe,
darum bestraft er Claudio!
Frisch auf; reißt seine Häuser ein!
Verbrennt zu Asche die Gesetze!
Frisch auf! Frisch auf! Frisch auf! Nur fort!
Isabella
Hört mich! Ihr sollt ihn ganz erkennen!
Begnad'gen wollt er meinen Bruder
nur um den Preis meiner Entehrung!
Alle
Ist's möglich!
Isabella
List gebraucht' ich nun,
und sandt' ihm heute Mariana,
die heimlich ihm vermählt, und die
er schändlich, treulos einst verlassen.
Doch er, o seht, wie schlecht er ist,
er schickt statt der Begnadigung,
Befehl zur schnellen Hinrichtung!
Alle
Ha, Bösewicht!
Friedrich
So richtet mich nach meinem eigenen Gesetz!
Alle
Nein, das Gesetz ist aufgehoben!
Wir wollen gnäd'ger sein als du!
Antonio
Kommt, die Gefangnen zu befrei'n; -
holt Claudio im Triumph hieher!
Ab mit einem Teile des Chores.
Mehrere Sbirren bringen den entlarvten Brighella und Dorella.
Alle
Ha, seht doch nur den Sbirrenchef!
Danieli
Er ist maskiert, bei ihm ein Weib!
Alle
Signor Brighella! Ha ha ha!
Welch ein verliebter Pierrot!
Angelo und mehrere junge Leute kommen zurück, sie tragen Claudio auf ihre Schultern.
Angelo
Triumph! Er ist befreit!
Claudio
Habt Dank! O, meine Schwester!
Alle
So ist es recht,
die Narrheit ist zu Ende jetzt!
Luzio
O herrlich Weib, wie täuschest du mich Armen!
Wie verkannt ich dich!
Isabella
Laßt mich! Ich muß ins Kloster gehn!
Luzio, Claudio und Chor
Ins Kloster? Du ins Kloster?
Isabella
Ja! Für eine Sünde muß ich büßen,
daß ich von Anfang dich geliebt!
Dorella, lässest du ihn mir?
Dorella
Ich muß, Brighella will es so!
Isabella
Du wilder Mann, so nimm mich hin!
Dorella, Luzio, Claudio und Alle
Reißt alle Trauerhäuser ein!
Für Lust und Freude lebt allein!
Antonio
Hört mich, der König ist gelandet,
noch heute nacht kehrt er zurück!
Alle
Der König soll willkommen sein,
in Freud' und Jubel zieh' er ein!
Luzio
Zieht ihm im Maskenzug entgegen!
Signor Statthalter, führt ihn an!
Ihn freuen bunte Scherze mehr
als eure traurigen Gesetze!
Alle
Herbei, herbei, ihr Masken all,
gejubelt sei aus voller Brust;
wir halten dreifach Karneval,
und niemals ende seine Lust!
Man ordnet den Festzug nach den Gebräuchlichkeiten der Prozession zur Eröffnung des Karnevals. Voran das Musikkorps. Friedrich und Mariana eröffnen den Zug. Masken aller Art und von allen Charakteren folgen. Man zieht über den Vordergrund den Korso hinab. Kanonenschüsse und Glockengeläute verkünden die Ankunft des Königs. Der Zug kommt vom Korso zurück mit dem König und seinem Gefolge an der Spitze. Zum Schlusse eine Gewehrshalve.