Das Liebesverbot

Erster Akt



Vorstadt mit Belustigungsörtern aller Art. Im Vordergrunde das Weinhaus Danielis. Großer Tumult. Eine Schar von Sbirren sind damit beschäftigt, in den Belustigungsörtern und Tabagien Verwüstungen anzurichten; sie reißen die Aushängeschilder herunter, zerschlagen Möbel und Gefäße, und so weiter. Der Chor des Volkes macht sich über sie her und sucht ihne Einhalt zu tun. Es kommt zu Schlägereien.

Chor
Ihr Galgenvögel, haltet ein,
ihr Schurken, laßt die Arbeit sein!
Schlagt auf sie los mit kräft'ger Faust,
bei Rock und Haar die Flegel zaust!

Luzio, Angelo und Antonio haben sich lachend aus dem Weinhaus herausgeschlagen.

Luzio, Antonio, Angelo [lachend]
Ha, ha, ha, ha! Das nenn' ich Spaß!

Luzio
Man schlug mir aus der Hand das Glas.

Antonio
Ich teilte wacker Prügel aus.

Angelo
Zum Teufel das verdammte Haus!

Luzio
Wer hat die Schufte hergeschickt?
Verwüstet wird, wohin man blickt!

Brighella mit mehreren Sbirren bringen Danieli, Pontio und Dorella als Gefangene aus dem Weinhaus.

Chor
Seht nur, dort bringt man sie beim Kragen!

Pontio
Fort, Kerl!

Danieli
Laßt los!

Dorella
Was für Betragen!

Luzio
Helft mir, ich komm' vor Lachen um!

Danieli
Ich schlag' euch Arm und Beine krumm!

Brighella
Nur vorwärts, liederliches Pack,
hat man mit euch doch Not und Plack!

Dorella
Laßt mich, ich folge keinen Schritt;
o heil'ge Jungfrau, welche Scham!

Brighella
Bringt mir die heil'ge Jungfrau mit!

Chor
Laßt los, was haben sie getan?

Dorella
Ach, Luzio, helft mir, steht mir bei!
Ihr schwurt mir ja beständig Treu',
und ich zog euch auch allen vor;
ich schenk' euch gern das Eh'versprechen,
nur macht mich frei von diesen Frechen,
und haut sie tüchtig über's Ohr!

Luzio
Potztausend, welch ein großes Glück!
Das Eh'versprechen ging zurück!
[zu Brighella] Nun denn, mein Freund, so laßt sie frei!

Brighella
Nichts da! Marsch fort! Wollt ihr gleich weichen!

Luzio
Laßt los, wenn's euch geraten sei!

Brighella
Packt diesen Bengel sondergleichen!

Luzio
Zurück, ihr Lümmel, wollt ihr's wagen!
[zum Volk] Ihr Freunde, wacker zugeschlagen!
Faßt an, und jagt sie in die Stadt!

Chor
Wir sind der Übermüt'gen satt!

Antonio
Was für Befehl befolgt ihr hier?

Luzio
Was für Befehl? Antworte mir!

Dorella, Pontio, Danieli
Was führt ihr uns gefangen fort?

Chor
Was haust ihr so an diesem Ort,
was haust ihr so?

Luzio
Was für Befehl? Antworte mir!

Alle
Antwortet schnell, was für Befehl?

Brighella [er zieht ein großes Pergament hervor]
Halt! Hier ist der Befehl!
[spricht] Bitte tausendmal um Entschuldigung, Signor, bitte tausendmal um Entschuldigung, daß ich nicht früher so klug war! Ich danke für die gütige Erinnerung.
[singt] Tambour, so trommle denn zur Ruh,
und ihr hört mir gelassen zu!

Der Tambour rührt nach allen vier Seiten hin die Trommel.

Alle
Seid still! Was mag das wieder sein?
Was Neu's von Friedrichs Alberei'n!

Brighella [liest das Gesetz vor]
``Wir, tief entwürdigt durch das greuliche Überhandnehmen abscheulicher Liederlichkeiten und Lasterhaftigkeiten in unserer gottlosen und verderbten Stadt, fühlen uns zur Wiederherstellung eines reineren und gottgefälligeren Wandels, sowie zur Verhütung größerer Ausschweifungen bewogen, mit exemplarischer Strenge den Grund und die Wurzel des Übels zu vertilgen. Wir befehlen kraft der uns verliehenen Gewalt hiermit: Der Karneval, dieses üppige und lasterhafte Fest, ist aufgehoben, und bei Todesstrafe jede Gebräuchlichkeit desselben verboten; alle Wirtschaften und Belustigungsörter sollen aufgehoben
und geräumt werden, und jedes Vergehen des Trunkes sowie der Liebe werde fortan mit dem Tode bestraft.
In namen des Königs sein Statthalter Friedrich.''

Alle [lachend]
Ha ha ha ha! Welch neuer Spaß!

Luzio
Nun weiß man doch, woran man ist!
Es lebe Friedrichs Majestät!

Alle
Er lebe hoch, der gute Christ!

Brighella
Gott, welche Frechheit nehm' ich wahr!

Dorella
Jetzt wird die Sache spaßhaft gar!

Luzio
Was, keine Liebe, keinen Wein,
und endlich gar kein Karneval!

/ Alle [außer Brighella]
| Der deutsche Narr, auf, lacht ihn aus,
| das soll die ganze Antwort sein;
| schickt ihn in seinen Schnee nach Haus,
| dort laßt ihn keusch und nüchtern sein.
| Brighella
| Jetzt wird's zu toll, ich halt's nicht aus!
| Kann man so frech und schamlos sein!
| Bin ich aus dem Gedräng' heraus,
\ dann laß ich nie mich wieder ein!

Claudio wird von mehreren Sbirren als Gefangener gebracht.

Antonio
Wen bringt man dort? Seht hin!

Luzio
Was ist? 's ist Claudio! Was, gefangen!

Claudio
Gefangen! s'ist das Schlimmste nicht,
fragt nur noch weiter, und gar bald erfahrt ihr,
was mir nicht lieb!

Luzio
Sprich doch, was legt man dir zur Last?

Claudio
So viel nur, mir den Tod zu geben!

Luzio
Den Tod?

Alle
Den Tod! Ha, wen erschlug er?

Luzio
Begingst du Hochverrat?

Alle
Hochverrat?

Claudio
Nicht doch! - Ich liebte nur!

Luzio
Du liebtest nur? Und nun?

Claudio
Kennst du es nicht, des Toren Friedrichs neu Gesetz?

Luzio
Ich lache drüber, tu es auch!

Claudio
Schon morgen! - Lache, wer da kann!

Alle
Schon morgen! Gott! Weil er geliebt!
Das ist zu viel, das ist zu toll!

Claudio
Dorella? Wie? So treff' ich dich?
Wie kamst du hierher, sprich?

Dorella
Ach, Claudio, zwar seid ihr selbst in Not,
doch seht, auch ich bin wahrlich schlimm daran;
als Isabella, eure Schwester,
ins Kloster als Novize trat,
entließ sie mich aus ihrem Dienst; -
in jenem Weinhaus dient' ich nun,
und heute werde ich mit allen
gefangen und davongeführt.

Claudio
Du warst mir lieb und tust mir leid,
ich helf' dir gern, wenn mir man hilft!

Luzio
Was ist zu tun? Ich glaub' doch kaum,
daß es ernst dem Statthalter ist!

Antonio, Angelo, Chor
Wenn auch, wir wollen ihn befrein!

Claudio
Ihr kennt nicht Friedrichs Festigkeit!

Luzio
Den Narren, ja, ich kenne ihn!
Nicht warmes Fleisch, noch warmes Blut
schließt seine steife Seele ein;
der König kennt wohl seine Treue,
den strengen, unbeugsamen Sinn,
und setzt ihn deshalb über uns.

Claudio
Er ist ein Ehrenmann!

Luzio
Ein Narr!
Mag er in unsrer heißen Luft
vor Frost vergehn, wir bleiben heiß,
und fürchten soll er unsre Glut!

Claudio
Der fürchtet nichts! Nur Eines bleibt,
wovon ich Rettung hoffen kann, -
hör mich, mein Luzio! -
Du kennest jenen stillen Ort,
das Kloster der Elisabeth;
die treue Schwester weilet dort
und weiht sich einsamem Gebet!
O eile, Freund, zu ihr dahin,
sprich sie um Hilfe für mich an,
das Schwesterflehn den harten Sinn
erweiche diesem kalten Mann!
Sag ihr, wenn auch ein Fehler sei,
was ich beging, ich mach' ihn gut;
bewege sie, daß sie verzeih',
dann bau' ich ganz auf ihren Mut!

/ Alle
| Wo soll das noch mit allem hin,
| vor Wut und Ärger glühen wir!
| Wut und Verzweiflung kocht in mir!
| So eines einz'gen Narren Sinn
| raubt alle Lust und Freiheit hier!
| Luzio
| Zu deiner Schwester eil' ich hin,
| durch sie bereit' ich Rettung dir.
| Erweicht ihr Fleh'n nicht seinen Sinn,
| so kommt die Hilfe dir von mir.
| Von mir dir Rettung!
| Ich eile, Freund, zu ihr dahin!
| Claudio
| Allein von ihr!
| O eile, Freund, zu ihr dahin,
| denn Rettung kommt allein von ihr!
| Ich kenne ihren klugen Sinn
| und ihre Treu' bringt Hilfe mir!
| Nur von ihr kommt Rettung!
| O eile, Freund, zu ihr dahin,
| nur ihre Treu' bringt Hilfe mir!
| Brighella
| Wie bring' ich nach der Stadt sie hin,
| das Volk scheint sehr verdächtig mir!
| Ihr Droh'n verwirrt mir ganz den Sinn,
\ ach, ich wollt', ich wär' hinweg von hier!

Alles zerstreut sich nach und nach im Tumult. Brighella und die Sbirren brechen sich mit ihren Gefangenen mit großer mühe Bahn durch das Volk.

Klosterhof im Kloster der Elisabethinerinnen. Man sieht auf der einen Seite in den Klostergarten, auf der anderen nach der Kirche. Im Mittelgrunde die Pforte.

Chor der Nonnen [hinter der Szene]
Salve regina coeli! Salve!

Isabella und Mariana kommen aus dem Garten.

Mariana, Isabella
Göttlicher Frieden, himmlische Ruh'
ist uns beschieden, lächelt uns zu!
Weltliche Schmerzen, lange beweinet,
fliehen die Herzen, liebend vereinet!

Isabella
Geheilet, hoff' ich, ist die Wunde,
die du der Schwester stets verbargst;
verlangst du Trost, o so vertrau dem Munde
die lang' verhüllten Schmerzen an!
Wir liebten uns seit früher Jugend,
doch seit drei Jahren schon getrennt
traf einzeln uns manch herb Geschick;
beraubt der Mutter und des Vaters,
suche ich Schutz in diesen Mauern;
hier treff' ich dich in Schmerz und Leid,
doch schweigst du stets, nicht wert mich achtend,
zu teilen einer Schwester Gram!

Mariana
O schweige, du allein nur bist's,
von der ich Trost und Liebe hoffe!
Welch andre Schmerzen kennt ein Weib,
als die der Liebe?
Treulosigkeit des Mannes, den ich innig liebte,
zerstörte alle Lebenslust!
Ach, schon verband des Priesters Hand
das stille Bündnis unsrer Liebe,
doch er, der arm und unbekannt
Sizilien einst betrat,
gewann des Königs Gunst und stieg so hoch,
daß er, von Ehrgeiz nur entflammt,
der Liebe stilles Glück verschmähte
und mich, die Gattin, bald verließ!

Isabella [voll Zorn]
Ha, Schändlichkeit! Wer war der Mann?

Mariana
Der jetzt hier herrschet, Friedrich war's!

Isabella
Ich kenne ihn, den falschen Mann,
den Heuchler. - Oh, - der Weiberschmach,
daß wir nur weiche Tränen haben,
nicht Rache solchem Männervolk!

Mariana
Laß mir die Träne, meinen Trost,
Ergebung lehrt mein neuer Stand;
die Schwester für den falschen Freund
gab mir der Himmel, - bin ich arm? -
/ Göttlicher Frieden, himmlische Ruh'
| ist uns beschieden, lächelt uns zu;
| weltliche Schmerzen, lange beweinet,
| fliehen die Herzen, liebend vereinet!
| Isabella
| Ich fliehe gern die falsche Welt,
| da ich sie nicht vernichten kann;
| wo uns ein Fluch gefesselt hält,
| und niemand trotzt dem frechen Mann,
| daß ungestraft ein solcher Wicht
| die Ärmste kränken zu dürfen meint;
| er achtet ihrer Schmerzen nicht,
\ um die ihr Leben sie verweint!

Es wird an der Pforte geläutet.

Isabella
Man läutet, - keine Pförtnerin?
Geh du, - ich öffne selbst!
[Mariana entfernt sich, Isabella blickt ihr nach, eilt noch einmal auf sie zu und umarmt sie.]
Du Ärmste!

Dann geht Mariana ganz ab. Isabella öffnet.

Luzio tritt ein. Isabella sie verhüllt sich.

Isabella
Es ist ein Mann; - verweilt, ich geh',
die Pförtnerin zu euch zu senden.

Luzio
Nicht doch, du Fromme, sage mir,
wie sprech' ich wohl,
wie sprech ich die Novizenschwester,
die junge Isabella?

Isabella
Isabella, sie sucht ihr?
Nun, ich bin sie selbst, und wer seid ihr,
mich hier zu suchen?

Luzio
O günst'ger Zufall, - ich bin Luzio,
und Claudios, deines Bruders, Freund!

Isabella
Luzio? Ich hörte oft von euch,
von eurem leichten, tollen Leben.

Luzio
Desto gewicht'ger bin ich jetzt.
Isabella, rette deinen Bruder!

Isabella
Den Bruder, sprich, was ist?

Luzio
Hör mich!
Dein Bruder liebte Julia und feuriger -

Isabella
Ha, Schande ihm! Sag, hat er sie entehrt?

Luzio
O nicht doch!
Er fühlet Reu und will den Fehl
gern durch ein ehrend Band verbessern,
doch kennst du nicht ein neu Gesetz,
das Friedrichs Torheit ausersann,
wonach ein so geringer Fehl
bestraft wird mit dem Tod.

Isabella
Mit Tod!

Luzio
Ja, Isabella, Claudio stirbt,
wenn du nicht selbst zu Friedrich eilst
und alle Bitten einer Schwester,
und alle Tränen auf ihn häufest,
daß seine Starrheit du bezwingst!

Isabella
Ha, der Abscheuliche, der Verruchte!
Gott gibt mir Kraft, ihn zu vernichten!

Sie hat sich in der Leidenschaft enthüllt.

Luzio
O Himmel, sie ist schön!

Isabella
Ich folge, noch einmal tret' ich in die Welt!

Luzio
Warum nur einmal, laß das Kloster,
zu schön bist du, zu warm dein Busen!

Isabella
Was soll's! Das Kloster laß ich nie.

Luzio
Du läßt es nie? - Doch nur noch jetzt,
jetzt, da's des Bruders Rettung gilt!

Isabella
Des Bruders Rettung! Ja!
/ Des teuren Bruders Leben
| sei meinem Schutz vertraut,
| ich muß ihm Rettung geben,
| da fest auf mich er baut!
| Den Heuchler zu bekriegen,
| glüh' ich in Leidenschaft,
| ihn mutig zu besiegen,
| gab Gott mir Recht und Kraft!
| Luzio
| Wie fühl' ich mich erbeben,
| die holde Himmelsbraut,
| es muß sich ihr ergeben,
| wer ihr ins Auge schaut'!
| Wie kann ich sie besiegen,
| die heiße Leidenschaft;
| ich muß ihr unterliegen,
\ mir fehlt's an Mut und Kraft!
Ach, Isabella, eile fort,
und nie betritt mehr diesen Ort!

Isabella
Was ficht euch an?

Luzio
O höre mich!
Für diese Welt schuf Gott nicht dich!
Dies Feuer spottet deiner Wahl,
und Torheit nennt sie dieser Blick!

Isabella
Ha, wie verwegen!

Luzio
Kehr zurück! Mich biet' ich dir!
Sei mein Gemahl!

Er sinkt aufs knie.

Isabella
Steh auf, du Tor, sprich, bist du toll?
Du wagst's, hier so zu mir zu sprechen!
Steh auf; wenn ich dir folgen soll,
magst du dich nie mehr so erfrechen!
/ Niemals, nein, nein! Nie mehr!
| Nicht ein Wort!
| Luzio
| Ach, ach, ach Isabella!
\ Ach, Isabella!
Nun denn, du hast mich jetzt besiegt,
befürchte nichts, doch eile fort,
Gott, wenn dein Bruder unterliegt!

Isabella
Den Bruder, ha, ihn zu befrei'n,
reich mir die Hand!

Luzio
Hier, sie sei dein!

/ Isabella
| Des teuren Bruders Leben
| sei meinem Schutz vertraut,
| ich muß ihm Rettung geben,
| da fest auf mich er baut!
| Den Heuchler zu bekriegen,
| glüh' ich in Leidenschaft,
| ihn mutig zu besiegen,
| gab Gott mir Recht und Kraft!
| Luzio
| Wie fühl' ich mich erbeben,
| die holde Himmelsbraut, -
| es muß sich ihr ergeben,
| wer ihr ins Auge schaut'!
| Wie kann ich sie besiegen,
| die heiße Leidenschaft;
| ich muß ihr unterliegen,
\ mir fehlt's an Mut und Kraft!
[Sie eilen ab.]

Gerichtssaal, mit Tribünen und Galerien. Brighella mit einer Abteilung von Sbirren, die er am Eingang an ihren Posten stellt

Brighella
Wie lang er bleibt!
Hat man das Recht, so denkt man auch:
sie können warten!
Das wird ein Tag, ein heißer Tag;
und was dafür der Lohn? Gar keiner!
Ach, könnt' ich nur ein wenig richten, -
könnte ich! -
Was gäb ich gleich um ein Verhör!
Gäbe ich!
Wie gern tät' ich dann meine Pflichten,
sehr gern, -
und forderte nie Löhnung mehr, -
nie mehr!
Zwar bin ich gut, einmal allein
möcht' ich doch gern barbarisch sein,
recht barbarisch!
Noch kommt er nicht! Was tut es denn?
Für ihn will ich Statthalter sein;
Statthaltert er denn nur allein!
[Zu den Sbirren]
Heda, ihr Kerls, bringt sie herein!
Doch eines nach dem andern!
[Er setzt sich gravitüatisch.]
Jetzt naht mein schönster Augenblick!
[Pontio wird gebracht.]
Nur immer näher her, Gesell!

Pontio
Schon bin ich nah, ach wär' ich fern!

Brighella
Dein Name, Bursche, nenn ihn schnell!

Pontio
Recht gern! - Glaubt mir, fürwahr, recht gern:
Pontio Pilato heiße ich!

Brighella
Pontius Pilatus? Fürchterlich!
Der Tod am Kreuze treffe dich!

Pontio
Signor, - ach, ich verwechselt mich!
Wenn mich die Eltern so genannt,
darf euch dies nicht inkommodieren;
weil dieser Name so verhaßt,
so sollt' ich ihn purifizieren!

Brighella
Purifizieren, - durch solchen Wandel,
durch schnöden Sauf- und Liebeshandel?
Auf dir ruht gräßlicher Verdacht,
du schlossest Eh'n für eine Nacht!

Pontio
Ach, glaubt das nicht; für eine Stunde
und kaum so lang!

Brighella
Nur für 'ne Stunde!
Pontio, du sprichst dich um den Hals;
geliefert bist du jedenfalls!
Ich sprech' dich aller Ehren los,
und die Verbannung sei dein Los!

Pontio
Verbannung, aller Ehren los!
Erlaubt mir, daß ich mich beschwere,
Signor, was bin ich ohne Ehre?
Das geht nicht an, nein, das geht nicht an!

/ Brighella
| Verbanne dich! Verbanne dich!
| Pontio
| Verbannen! Verbannen?
| Das versteh' ich nicht!
| Brighella [zur Wache]
| Macht's ihm begreiflich, jagt ihn fort!
| Pontio
| Signor, hört mich!
| Brighella
| Still! Nicht ein Wort!
| Marsch fort! Marsch fort!
| Hinaus! Hinaus!
| Pontio
| Verbannt und ehrlos,
\ ich halt's nich aus!

Pontio wird hinausgeworfen.

Brighella
Ein schweres Amt, ich muß gestehn; -
doch - doch Friedrichs Freude will ich sehn!
[Dorella wird gebracht.]
Aha! Du bist's! Nur näher 'ran,
nur näher, näher komm heran!

Dorella
Schon gut, Signor! Es ist getan!

Brighella
Da Liebe, Karneval und Wein
für immer streng verboten sind, -

Dorella [lachend]
Ha ha ha ha!

Brighella
Wie konnt' es dir geraten sein,
zu trotzen dem Verbote blind?

Dorella [lachend]
Ha ha ha ha!

Brighella
Verführtest du in jenem Haus
die Männer nicht zu Saus und Braus?

Dorella [lachend]
Ha ha ha ha ha ha ha, ha!

Brighella
Zum Teufel, was lachst du mich aus?

Dorella
Signor!

Brighella [prallt betroffen zurück]
Verdammt, wie wird mir doch!

Dorella [kokett]
Ha, nur Geduld, ich sag' es dir!

/ Brighella
| Dieses kleine Schelmenauge
| macht mich wahrlich ganz verwirrt.
| jetzt, da ich wohl Fassung brauche,
| weiß ich nicht recht, wie mir wird!
| Dorella
| Nur ein Blick von meinem Auge
| macht den Narren ganz verwirrt,
| daß bei ihm ich wenig brauche,
\ darin hab' ich nicht geirrt!

Brighella
Ah! - ich vergesse das Verbot!
Fassung, Brighella, oder Tod!

Dorella
Signor Brighella, fahret fort,
ich bin gespannt auf jedes Wort!

Brighella
Bekenne, ungeratnes Kind,
wieviel Untaten du begingst?

Dorella
Was das für freche Worte sind!

Brighella
Und jetzt vor allem sag mir an,
ob du noch achtest Zucht und Scham?

Dorella
Wirst du dich ferner unterstehn,
unglimpflich mit mir umzugehn?
Du Heuchler, du Narr, du Grobian,
fängst du aus diesem Tone an!

Brighella
Ist das Benehmen vor Gericht?

Dorella
Was soll's?

Brighella
Nun weiß ich's selber nicht!

Dorella
Du liebes Affenangesicht!

/ Dorella
| Nun ist's ganz um ihn geschehen,
| wie um seine Richterpflicht;
| wie's ihm nun auch mag ergehen,
| er denkt nicht mehr ans Gericht!
| Brighella
| Nun ist's ganz um mich geschehen,
| dahin ist die Richterpflicht,
| denn wer diesen Schalk gesehen,
\ der denkt nicht mehr ans Gericht!

Brighella nähert sich ihr zärtlich.

Brighella
Du hast mich überwunden,
mein Richteramt ist hin.

Dorella
Habt ihr nun wohl gefunden,
daß ich unschuldig bin?

Brighella
Daß du die Schönste bist,
beschwöre ich als Christ.

Dorella
Das freut mich!

Brighella
Ach, wie gut!

Dorella
Und nun?

Brighella
Mir fehlt der Mut!

Dorella
Wozu?

Brighella
Ich werde toll!

Dorella
Warum?

Brighella
Ach, ach, - wie schlank, wie voll!

Dorella
Nun, nun!

Brighella
Ich halt' mich nicht!

Dorella
Zurück, du frecher Bösewicht!

Brighella
Dorella!

Dorella
Fort ans Verhör!

Brighella
So höre!

Dorella
Kein Wort jetzt mehr!

Antonio, Pontio, Angelo, Danieli und der Chor [von außen vor der großen Mitteltür; heftiger, wachsender Tumult]
/ Macht auf, macht auf! Wie lange währts?
| So tut doch eure Schuldigkeit,
| laßt uns nicht länger warten hier,
| währt es denn eine Ewigkeit?
| Macht auf, sonst sprengen wir die Tür!
| Dorella
| Der Spaß ist neu! Was fängt er an?
| Wie ist er in Verlegenheit,
| er weiß nicht Rat und Hilfe hier,
| dorthin reißt ihn die Schuldigkeit,
| Verliebtheit zieht ihn her zu mir!
| Brighella
| Nun ist's vorbei! Was fang ich an?
| Gibt es wohl mehr Verlegenheit?
| Wie schaff' ich Rat und Hilfe mir?
| Hier Liebesnot, dort Schuldigkeit!
\ Und das Gesindel vor der Tür!

Brighella füllt diese Szene durch allerhand komische Verteidigungsmaßregeln aus, indem er sich mit Stühlen und Tischen eine Schanze errichtet, die Sbirren um sich herumpostiert und dergleichen.
Von außen heftige Schläge und Stöße gegen die große Mitteltüre.
Die Tür springt, alles strömt durch sie herein.

Antonio, Pontio, Angelo, Danieli, Chor des Volkes und der Verhafteten
/ Nun wird es bald? Herbei mit dem,
| der das Gericht hier halten soll!
| Brighella
| Ha, welch ein Lärmen, welche Raserei!
| Dorella
\ Ha, welche Angst! Er wird noch toll!

Friedrich tritt auf in Begleitung mehrerer hohen Staatsbeamten.

Friedrich
Zur Ordnung! Was muß ich gewahren!
Brighella, sprich, was ist geschehen?

Brighella
Verzeiht, ich wollt' euch Müh' ersparen,
ich hielt Gericht, fand Widerstand -

Friedrich
Beachte deine Pflicht, doch weiter
sollst du dich niemals wagen! Still!
Und ihr gebt Achtung den Gesetzen!

Alle
Seid ruhig jetzt und habet acht,
denn der hat niemals noch gelacht!

Friedrich
Jetzt zum Gericht, und niemand störe!

Eine Deputation von jungen Edelleuten tritt hervor, Antonio an ihrer Spitze überreicht Friedrich eine Bittschrift.

Antonio
Ich bin beauftragt von dem Volk,
euch diese Bittschrift vorzulegen;
wir bitten, daß der Karneval,
den ihr verboten, sei erlaubt.
Palermo lebt nicht ohne Freude!

Alle
Wir stimmen in die Bitte ein,
laßt uns die Lust bewilligt sein!
Wir bitten, daß der Karneval,
den ihr verboten, sei erlaubt.
Palermo lebt nicht ohne Freude!

Friedrich [zerreißt das Blatt heftig]
Das sei die Antwort auf die Bitte! -
Verworfnes Volk! Seid ihr denn ganz
versunken im Pfuhl der Lüste,
im Schlamme der Begierden?
Nur nach Vergnügen, Freude steht eu'r Trachten,
in Rausch und Wollust kennt ihr nur das Leben! -
Mich ekelte das sündenvolle Treiben,
als mich des Königs Huld hieherberufen;
ich gab ihm meinen Abscheu zu erkennen,
er fühlte wahrlich ihn so tief wie ich!
Und da er jetzt Neapel zugeeilt,
ließ er als Stellvertreter mich zurück,
und trug mir den Versuch auf, euch zu bessern!
Ihr kennet das Gesetz, das ich erlassen,
und strenge wach' ich, daß erfüllt es werde!
Ich will ein Damm sein eurer Leidenschaft,
die frevelhafte Glut will ich euch kühlen,
die wie ein Wind der Wüste euch versengt!
Rein will ich euch dem König übergeben!

Alle
Mit welcher Salbung spricht der Mann,
der Teufel hat's ihm angetan!

Friedrich
Jetzt zum Verhör! Bringt die Verhafteten!

Claudio wird gebracht. Friedrich betrachtet ihn lange mit strengem Blicke.

Friedrich
Ha, ihr seid Claudio! Ich kenne euch
an diesem Blick, der frech und unverschämt
verspottet das Band der Sittsamkeit!

Claudio
Mit solcher Härte könntet ihr betrachten so geringen Fehler,
des sich die Jugend kaum bewußt ist!

Friedrich
O, der Verderbtheit; dieser Leichtsinn ist's,
den ich verdamme wie das Laster selbst.
Nicht einen Schritt weich' ich von dem Gesetz!

Claudio
O, seid ihr klug, weil ich geliebt?

Friedrich
Schweig! Dich und Julia trifft der Tod!

/ Alle
| Der Tod! O Gott, welch hartes Los!
| Brighella
\ Der Tod! Fürwahr, ein schlimmes Los!

Isabella tritt mit Luzio auf und bricht sich Bahn.

Isabella
Erst noch mich! - Ich bin die Schwester!

/ Dorella, Antonio, Pontio, Angelo, Danieli, Brighella
| Ha, seine Schwester, hört sie an!
| Luzio
\ Hier seine Schwester, hört sie an!

Claudio
Du nur allein kannst mich erretten!

Luzio
Sie ist der Gott, der dich befreit!

Isabella
Was ich vermag als treue Schwester,
sei deiner Rettung ganz geweight! -
Ich bitt' euch, Herr, um ein Gehör;
doch laßt die Andern sich entfernen!

Friedrich
Nichts nützen Weibertränen mehr.
Doch sei's! - Ihr aber, - bleibet hier!

Isabella
Laßt sie entfernen; zu eurem Herzen,
zu eurem Amt nicht will ich sprechen.

Friedrich
Es geht nicht an!

Isabella [voll Spott]
Ihr fürchtet euch vor einem Weibe?

Friedrich [aufbrausend, schnell]
Entfernet euch!

Alle
Entfernet euch, laßt sie allein;
Gott möge ihr den Sieg verleihn!

Alle gehen ab außer Friedrich und Isabella.

Friedrich
Wohlan, so rede! Was hast du zu sagen?

Isabella
Kennst du das Leid der Elternlosen,
die um des Bruders Leben fleht,
du könntest nie zurück sie stoßen,
die trostlos dann verlassen steht!
O, öffne der Schwesterliebe dein Herz,
Löse durch Gnade meinen Schmerz!

Friedrich
Die Schwesterliebe ehre ich,
doch Gnade hab' ich nicht für dich! -

Isabella
Du schmähest jene andre Liebe,
die Gott gesenkt in unsre Brust;
o wie so öde das Leben bliebe,
gab er nicht Liebe und Liebeslust!
Dem Weib gab Schönheit die Natur,
dem Manne Kraft, sie zu genießen,
ein Tor allein, ein Heuchler nur
sucht sich der Liebe zu verschließen!
O, öffne der Erdenliebe dein Herz,
und löse durch Gnade meinem Schmerz!

Friedrich
Wie warm ihr Atem, wie beredt ihr Ton; -
bin ich ein Mann? Weh' mir, ich wanke schon!

Isabella
O, war dein Herz denn stets verschlossen,
drang Liebe nie in deine Brust,
hat dich ihr Zauber nie umflossen
mit ihrem Leid und ihrer Lust?
Wenn je es einem Weib gelungen,
zu rühren deinen kalten Sinn,
hat je ein Arm dich fest umschlungen,
gabst je du dich der liebe hin,
o, so öffne dem Flehen jetzt dein Herz,
löse durch Gnade meinen Schmerz!

Friedrich
Aus ihrem Munde dies zu hören,
es ist zu viel! Mir wallt das Blut,
ich bin mir meiner nicht bewußt.

Isabella
O Gnade, Gnade meinem Bruder!

Friedrich
Dahingeschmolzen ist das Eis,
vor ihrem Atem flieht mein Stolz! -
Steh auf, laß mich zu deinen Füßen!

Isabella
Nicht eher, bis du Gnade spendest!

Friedrich
Dein Bruder, er ist frei! Doch du,
die tausendfache Glut mir weckte,
wie löschest du die Flamme mir?

Isabella
Ha, was soll das?

Friedrich
Du hast in mich
niemals geahnte Glut gehaucht;
die Liebe, die du mir verkündet,
faß ich mit heißer Glut zu dir!
Frei ist dein Bruder, wenn du selbst
mich lehrst, wie himmlisch sein Verbrechen!

Isabella
O Gott, was hör ich? Ha, so weit
ging dieses Frechen Heuchelei!
Was willst du? Nenn es deutlich mir!

Friedrich
Die höchste Liebesgunst von dir,
und frei, frei ist dein Bruder Claudio!

Isabella
Ha, Schändlicher, Abscheulicher! Herbei! Herbei!
[Sie schreit nach den Fenstern und Türen.]
Herbei, betrognes Volk, herbei!
Sprengt alle Tore, hört mich an!
Herbei, herbei!
Ich will den Frechsten aller Heuchler
vor euren Augen euch entlarven!

Friedrich
Weib, bist du rasend?

Isabella
Du hältst mich nicht!

Friedrich
Was willst du?

Isabella
Herbei, herbei, Palermo's Volk,
eilt, eilt herbei!

Alle stürzen in Verwirrung zum Saale und auf die Galerien herein.

Alle
Was ist geschehn, was soll das Schrei'n?

Isabella
Ich nenne einen Heuchler euch!

Friedrich
Bedenke, was du tust!

Alle
Wo soll das hin, was ficht sie an?

Isabella
Ich will enthüllen diesen Gleisnerstolz!

Friedrich
Hör mich!

Alle
Wo führt das hin? Was gibt's?

Isabella
Erkennen sollt ihr ihn, den frechen Bösewicht!
Herbei!

Alle
Was ficht sie an, was ist's?
Sprecht, was geschah?

Friedrich
Bedenke, was du tust!
Hör mich! Halt ein! Du sprichst umsonst!
[Er drückt sie gewaltsam auf die Seite.]
Bedenke wohl, wer ich bin,
und wie du erscheinst!

Isabella
Laß mich, Elender!

Friedrich
Hör mich an!
Du Törin, sprich, wer wird dir glauben?
Den Antrag gebe ich sogleich
für eine List aus, deine Tugend,
ob sie so echt sei, zu erforschen!

Isabella
Ha, wie verrucht! Ich straf' dich Lügen!

Friedrich
Verkündetest du Härte, Strenge,
ja, sprächest du von Grausamkeit,
so würde man dir eher glauben.
Doch sprächest du von Liebe,
wird man nur lachen.

Isabella
O Himmel, er besiegt mich!

Friedrich
Still, sei denn gescheit, und schweige jetzt,
zu deinem Unglück sprächst du nur!

Isabella sinkt stumm zusammen. Der Chor und die übrigen nähern sich ihr teilnahmsvoll.

Alle
Sprich, Isabella, was ist dir?
Du riefst nach uns, und wir sind hier!

Isabella weist sie mit einer stummen Gebärde zurück.

Alle
Du schweigst! Wie sollen wir das deuten?
/ Sie schweigt in stummem Schmerz,
| was hat er ihr vertraut?
| Verwundrung erfüllt mein Herz,
| dem's vor der Lösung graut.
| Friedrich
| Ha, wie verklärt der Schmerz
| die schöne Himmelsbraut.
| Vor Wollust erbebt mein Herz,
| da ich sie so geschaut!
| Brighella
| Es war gewiß kein Scherz,
| was er ihr hat vertraut!
| Isabella
| Vor Wut und Scham glühn meine Wangen,
| bin ich so elend, bin ich so schwach!
| O, wie könnt' ich ihn wohl vernichten!
| Enthüllen seine Heuchelei!
| Wenn ich ihn überführen könnte,
| und durch sein eignes Gesetz,
| das frech er höhnet, ihn bestrafen?
| Doch sollt' ich selbst das Opfer sein?! -
\ O du betrogne Mariana!
Mariana! Mariana! -
[Sie springt von einem plötzlichen Gedanken ergriffen, schnell auf.]
Mariana; - wie, o Götterlicht!
Ha, wie begeistert mich die List!
Statt meiner send' ich ihm sein Weib,
ich überführ' ihn durch die Tat,
und feßle ihn an die Verlaßne!
Triumph, Triumph! Du bist gefangen,
ein Weib lockt dich ins eigne Netz!

Friedrich
Nun, Isabella, sprich, wozu
bist du entschlossen? Säume nicht!

Isabella
Du hast mich mächtig überwältigt,
was kann ich tun, ein schwaches Weib!

Friedrich
Du gehst zurück, ich dürfte hoffen?

Isabella
Kann ich es ändern, muß ich nicht?

Friedrich
Du versprichst mir?

Isabella
Ich verspreche!

Friedrich
Entzücken! Sag mir, wie und wo!

Isabella
Das schreib' ich euch!

Friedrich
Ha, welche Wollust!

Isabella
Und dann, mein Bruder?

Friedrich
Dein Billet sei das Patent, das ihn befrei'!

Isabella
So bin ich dein!

Friedrich
Wie faß ich mich!

Isabella
Ha,welche Lust, er ist gefangen,
/ gelingen soll die schönste List; -
| o, du sollst kühlen dein Verlangen,
| bis du mir satt voll Liebe bist!
| Du sollst mir zappeln in der Falle
| für deine Marrheit, deine Heuchelei!
| Ich räche mich und mache alle
| aus deinen Narrenketten frei!
| Friedrich
| Ha, welche Lust, ich soll's erlangen,
| was mir die höchste Wollust ist,
| Ich soll es kühlen, mein Verlangen,
| genießen, was kein Gott genießt!
| Wenn ich zum tiefsten Abgrund falle,
| und wenn dies auch mein Ende sei!
| O, ihr Genuß macht mich für alle
| die Sünden, die ich kenne, frei!
| Dorella, Luzio, Claudio, Antonio, Pontio, Angelo, Danieli, Chor
| Es fasset uns Erstaunen alle,
| ist es wohl Ernst, ist's Raserei?
| Gewiß scheint uns in jedem Falle,
| daß hier etwas verborgen sei!
| So laßt euch endlich doch erweichen,
| macht Ernst, die Sache auszugleichen!
| Begnadigt uns und macht uns frei!
| Brighella
\ Welch ein Geschrei!
Wollt ihr gleich -

Friedrich
Wie ich's bestimmt -

Brighella
Ach so!

Friedrich
So bleibt es stehn.
Ich will nicht vom Gesetze gehn!

Alle
O unbeugsame Grausamkeit!

Brighella
Ihr wißt nun wohl, woran ihr seid!

Claudio
O Schwester, welch ein Ungemach!

Luzio
Sprecht, Isabella, was geschah?

Claudio
Sprich, gab er deinem Fleh'n nicht nach?

Luzio
Kamt ihr nicht seiner Narrheit nah'?

Isabella
O seid nur heiter, aufgeräumt!
Das ist ja Spaß, was ihr hier seht;
der drüben ist mein guter Freund,
ein lust'ger Mann, der's nicht so meint!

Luzio
Jetzt wird sie vollends gar verwirrt!

Claudio
Wohin hat sich dein Schmerz verirrt!

Isabella
So lacht und jubelt doch mit mir!
/ Ihr kennt die Sizilianerin!
| Der Narrennebel schwindet bald,
| ich mach' euch frei mit einem spaß!
| Alle
\ Wo führt das hin? Sie wird verrückt!

Friedrich
Isabella, sprich, was fängst du an?
Was soll ich denken! Bist du toll?

Isabella
Ihr kennt das nicht! Ich bin ein Weib,
und freue mich auf morgen nacht!

Friedrich
O Seligkeit! Schon morgen nacht!

Isabella
So sei's, ich schick' euch das Billet,
es sag' euch sicher, wie und wo?
Stellt euch nur ein!

Friedrich
Wie faß ich mich!

/ Isabella
| Ha, welche Lust, er ist gefangen,
| gelingen soll die schönste List!
| O, du sollst kühlen dein Verlangen,
| bis du mir satt voll Liebe bist!
| Du sollst mir zappeln in der Falle
| für deine Narrheit, deine Heuchelei!
| Ich räche mich, und mache alle
| aus deinen Narrenketten frei!
| Friedrich
| Ha, welche Lust, ich soll's erlangen,
| was mir die höchste Wollust ist,
| ich soll es kühlen, mein Verlangen,
| genießen, was kein Gott genießt!
| Wenn ich zum tiefsten Abgrund falle,
| und wenn dies auch mein Ende sei,
| o, ihr Genuß macht mich für alle
| die Sünden, die ich kenne, frei!
| Alle
| Wo soll das hin, sie wird verrückt!
| Sie reißt uns wider Willen alle
| zum Strudel wilder Raserei!
| Ob einer steh', ob einer falle,
\ macht euch aus Narrenketten frei!



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Monday, 08-Dec-2003 21:40:37 PST