WILHELM AUGUST WOHLBRÜCK / HEINRICH MARSCHNER

Der Templer und Die Jüdin

Zweiter Aufzug



No. 9: Introduction

Chor der Yomen Und Geächteten:
Es zittert im Früroth vor Freuden die Welt,
Gejüßt von dem lachden Morgen,
Die Lachende Sonne am Himmelsgezelt,
Verscheuchet die nächtlichen Sorgen.
Mit Perl und Demanten besä't sie die Flur
Und wonniges Beben durchzuckt die Natur.

Und Blumen und Blüthen sie senden empor
Zum Himmel die würzigen Düfte,
Der munteren Vögel Dankjubelndes Chor
Steigt jauchzend hinauf durch die Lüfte,
Was ist und was fühlt, was da athmet und lebt,
Es wird zum Gebete das himmelwärts strebt.

Musik auf dem Theater.

Walter:
Die Lady mit Gefolge, das sie zu holen kam,
Bricht auf und zieht von damen.

[Hier erscheint Rowena auf einem weißen Zelter nebst Gefolge.]

Chor:
Heil! Heil! Lady Row'na
Heil! Heil! Lady Row'na Heil!

Rowena:
Habt Dank!
Ihr Waldgesellen habt Dank
Für Schirm und Schutz, habt Dank!

/ Wamba, Cedric, und Damen im Gefolge der Rowena:
| Wir lenken froh die Schrite
| Zum hei mathlichen Heerd nach
| Lokslei und Chor der Geächteten:
| Lebt wohl! und denkt zuweilen der Waldgesellen auch,
\ lebt wohl, lebt wohl!

Lied des Brüder Tuck Mit Chor.
[In the libretto, the song is given to Wamba. ]

Tuck:
Brüder wacht!
Habet Acht!
Hörnerklang erschallt,
Schon entweicht die dunkle Nacht,
Frisch zum grünen Wald.

Chor:
Halloh!
Brüder wacht!
Habet Acht!
Hörnerklang erschallt,
Schon entweicht die dunkle Nacht,
Frisch zum grünen Wald. Halloh!

Tuck:
Stärkend ist die Morgenluft,
Munter fort durch Berg und kluft,
Reh' und Hirsche springer auf,
Jäger nach in vollem Lauf.

Chor:
Stärkend ist die Morgenluft, usw.

Tuck:
Mägdelein,
Zart und fein,
Jagd man gerne auch,
Stürzt das Wild, rasch hinterdrein!
Das ist Jägers Brauch

Chor:
Mägdelein,
Zart und fein,
Jagd man gerne auch,
Stürzt das Wild, rasch hinterdrein!
Das ist Jägers Brauch
Juchheisasa! Halloh! Trallalala!

Tuck:
Immer so
Frisch und froh,
Jagd man durch den Wald,
Hussa! Hussa! und Halloh!
Wie das Horn erschallt.

Chor:
Halloh! Immer so
Frisch und froh, usw.

Tuck:
In der Mittagssonne Glut,
Suchet man die blaue Fluth,
Frischt dir Glieder müd und matt,
In dem kühlen Wellenbad.

Chor:
In der Mittagssonne Glut, usw.

Tuck:
Mägdelein,
Schlank und fein,
Bad' dich [Bad't sich - score] tief versteckt;
Hui! wie plumpt's in's Wasser nein [h'nein -lib.],
Wenn's der Jäger schrecht

Chor:
Oho! Mägdelein,
Schlank und fein, usw.
Juchheisasa! Halloh! Trallalala!

Tuck:
Stolz einher,
Beute schwer,
Zieht man aus dem Wald,
Zeigend bei der Wiederkehr,
Daß es froh erschallt.

Chor:
Halloh! Stolz einher,
Beute schwer, usw.

Tuck:
Hirsch' und Rehe, gute Nacht,
Unser Tagwerk, ist vollbracht;
Flur und Wald in Mondenschein,
Laden nur zu Ruhe ein.

Chor:
Hirsch' und Rehe, gute Nacht, usw.

Tuck:
Liebchen, du
Schläfft in Ruh,
Auch beim Mondenschein;
Schlossest mir die Thüre zu.
Rasch zum Fenster h'nein

Chor:
Oho! Liebchen, du
Schläfft in Ruh, usw.
Juchheisasa! Halloh! Trallalala!

No. 10: Recitative und Arie

Ivanhoe: [kommt eilig:]
Ha! Find ich Euch! [zu Richard:] Der Herzog Salisbury
Kam eben an, mit Eurem tapfern Heer;
Euch sucht ein Jeder, Jeder rufet laut
Nach seinem König, Richard Löwenherz!

Chor:
Der König
Wär' es möglich?
Uns so nah, in unsrer Mitte?

Der Schwarze Ritter [Richard, in score] [den Helm öffnend:]
Ja, ich bin's, bin Richard Löwenherz.

Chor:
Er ist es! Vernahmst du's?
Vor Freude bebt die Brust;
Der König, der König!
O unverhoffte Luft!
Heil sei dem Könige!
Heil unserm Herrn.

Locksly: [Lokslei in score]
Sire, deines Bruders Ungerechtigkeit
Zwang uns, zu süd'gen gegen das Gesetz;
Doch hängen wir mit Leib und Seel an dir,
Drum wolle uns ein milder Richter sein.

Tuck:
Um Gnad' auch fleht Sanct [St. in lib.] Dunstans frommer Priester,
Ora pro nobis.

Richard:
Nicht eures Fehltritts, eurer Treue nur,
Will ich gedenken, gern verzeih' ich euch;
Steht auf, ihr wackern Freunde, seid fortan
Lehnsleute mir und wackere Unterthan'n!
Wir schwören die Treue!

Chor:
Wir schwören die Treue!

Richard:
Wir schwören die Treue,
Du führst uns auf's Neue
In's Leben uns ein.

Chor:
Wir schwören die Treue!
Du führst uns auf's Neue
In's Leben uns ein.
Drum wollen wir gerne,
Ob nah oder ferne,
Das Leben dir weih'n.

Ivanhoe: [zu Richard:]
Ein biedres Volk erhofft von Euch sein Glück,
Laßt, König, den erworb'nen Ruhm Euch gnügen,
Den besten Ritter nennet Euch die Welt,
Macht, daß das Volk Euch seinen Vater nennet.

No. 11: Arie mit Chor

Es ist dem König Ehr' und Ruhm
Hinaus zum Kampf zu ziehn,
Zu streiten für das Ritterthum
durch Abentheuer kühn.

Chor:
Es ist dem König Ehr' und Ruhm
Hinaus zum Kampf zu ziehn,
Zu streiten für das Ritterthum
Durch Abentheuer kühn.

Ivanhoe:
Da ziegt sich Mannes Kraft und Werth,
Und nur der Tapfre word geehrt,
Den Ritterruhm kann man nicht erben,
Der König selbst muß ihn erwerben.

Chor:
Da ziegt sich Mannes Kraft und Werth,
Und nur der Tapfre word geehrt,
Den Ritterruhm kann man nicht erben,
Der König selbst muß ihn erwerben.

Ivanhoe:
Du kehrst als Ritter stolz zurück
Umstrahlt von Ruhm und Ehr,
So gelte nun des Volkes Glück,
Dem Sieggekrönten mehr,
Vergönnt ist dir dich nun allein
Dem Wohl des Vaterlands zu weihn,
Befriedgt sind des Ruhmes Triebe
Nun strebe nach des Volkes Liebe.
Du kehrst, usw.

Chor:
Vergönnt ist dir dich nun allein
Dem Wohl des Vaterlands zu weihn,
Befriedgt sind des Ruhmes Triebe
Nun strebe nach des Volkes Liebe.

No. 12: Scene and Arie

Guilbert:
Nicht zu verschmähen!
Stolze! Undankbare!
[in sanfteres Gefühl übergehend:]
Heißgeliebte!
Nicht achtend die Gefahr,
Des eignen Lebens, rettete ich dich;
Zahlloser Pfeile Ziel war meine Brust,
Nur dich zu schützen, braucht' ich meine Waffen,
Besorgt nur war ich, daß den zarten Körper
Kein Pfeil erriche, keines Schwertes Spitze
Die Lilienhait verletze! ha! und jetzt!
Zum Vorwurf machst du meine Liebe mir!
Preis hätt' ich dich dem Feinde geben sollen,
Und sterben willst du lieber, als dein Leben
Mir danken! Grausam, lieblos, nennst du mich?
[schmerzlich:]Ach könntest du mein Herz erkennen,
Du würdest mich nicht lieblos nennen.
Und doch du fandest mich so doch daß ich's bin,
Wer anders als ein Weib bracht' mich dahin?
War ein Ritter je im Leben,
Seiner Dame mehr ergeben,
Als es Bois Guilbert war?
Wo man Ruhm und Ehre kannte,
Wo man tapfere Männer nannte,
Stark in jeglicher Gefahr!
Hörte man, berühmt vor Allen,
Meiner Dame Nahmen schallen:
Adelheid von Montemar!
Und beim klang der Minnelieder,
Tönt es mmir im Herzen wieder:
Adelheid von Montemar!
Und was war der Treue Lohn?
Herber Undank! bittrer Hohn!
Von einem Zuge kehrt' ich stolz zurück,
Den Lohn erwartend in der Liebe Glück,
Da fand' ich sie wer malet meinen Schrecken
Vermählt! vermählt! Im Arme eines Gekken!
Mich fdaßt die Wut[h],
Der Rache Glut[h],
Durchlodert rasch mir Herz und Sinn;
Beim Hochzeitmahl
Durchstößt mein Stahl
Den Buben, die Verrätherin!
Rache nur wollt' ich genießen
Rache nur wollt' ich genießen
Ihr allein mein Ohr nur leihend,
Trennt ich mich von allen süßen,
Zarten Banden der Natur;
Mich dem Templer-Orden weihend
Bittre Reue ward mit nur
In des Lebens wildem Drang,
Sucht' umsonst ich Jahre lang,
Trost für die verlorne Liebe
Macht und Reichthum, Ruhm und Glanz,
Und der blut'ge Lorbeer Kranz,
Stillen nicht des Herzens Triebe.
Meines Lebens Blüthezeit,
Welkte ungeliebt dahin
Was des Mannes Herz erfreut:
Frauen Liebe und treuer Sinn,
Häuslich Glück bei Weib und Kind,
Ach! ach! mir ward es nicht gegeben!
Und so stirbt dahin mein Leben,
Freudlos, wie ein Traum verrinnt.
Einsam in das dunkle Grab,
Muß ich ungeliebt hinab.
Liebes sehnen,
Kindes Thränen
Folgen, ach! mir Armen nimmer,
Und ich sterb' fü immer.
Da noch einmal steigt [blinkt, score] von fern,
Freundlich mir ein schöner Stern,
Aus der finstern Nacht empor;
Nur ein kräftiges Gemüth,
Groß und edel denkend, zieht
Selbst den Tod der Schande vor!
Das thatst du mit heil'gem Feuer,
Drum wirst du mir ewig theurer,
Ich dir treu ergeben sein;
Deine Liebe zu erringen,
Will das Schwerste, ich vollbringen.
Setze kühn mein [ das, score] Leben ein.
Alles, Alles soll dir werden,
Ruhm und Liebe, was auf Erden,
Nur ein weiblich Herz erfreut,
Und mir winkt, was ich vergebens
Suchte in dem Drang des Lebens,
Lacht der Liebe Seeligkeit.

No. 13: Finale

Chor des Volks
Wie so ernst und feierlich,
Das Gericht beginnet;
Wehe! weh! wer freventlich
Je auf Böses sinnet!
Angst befällt die Sünder hier,
Bleichet die Gesichter,
Denn das Kreuz ist hier Panier,
Und Gott selbst ist Richter.

Beaumanoir
Semper leo percutiatur!

Beaumanoir und Chor der Templer:
In der Feinde stolze Reih'n
Wie sie trotzen, wie sie dräu'n,
Muthvoll stürzen wir hinein,
Semper leo percutiatur.

Doch auch in der engen [eignen - score]Brust,
Schlummert oft uns unbewußt
Sünd'ger Triebe schnöde Lust:
Semper leo percutiatur.

Zeig' er offen sich und frei,
Berg er sich in Zauberei,
Wo er nur zu finden sei;
Semper leo percutiatur.

Beaumanoir: [auf Guilbert deutend:]
Seht Bruder, dort den jammernswerthen Freund,
Nicht wagt er sich in unsern Kreis herbei;
Seht, wie er mit sich selbst zu ringen scheint,
Doch läßt ihn nicht der böse Zauber frei;
Er sonst der Kräftige in jeglicher Gefahr,
Der unser Stolz, ein Fels des Tempels war.
Da steht er, ein beweinenswerther Mann,
Nur unser Mitleid spricht der Ärmste an;
Doch wehe ihr! die ihn dahin gebracht,
Durch Zauberkünste und der Hölle Macht!
Mit Schrecken soll sie ihre Richter sehn,
Und der gerechten Strafe nicht entgehn.

Chor des Volks und der Templer:
Seht dort naht sie!
Fluch der Jüdin!
Fluch der Zaub'rin!
Fluch der Jüdin!
Fluch! Fluch! Fluch! Fluch! Des Ritters Schmach,
Versöhn der Hexe Blut!
Der Flamme Glut[h]
Verzehre ihr Gebein!
Sie sterbe!

Beaumanoir:
Schützt sie, ihr Knappen, vor des Volkes Wuth!
Ihr Streiter Gottes! Ehrfurcht dem Gericht!
Sie ungehört verdammen, ziemt dem Christen nicht.
Ruhe gebiet' ich hier!

Guilbert: [heimlich zu Rebecca]
Nimm dieses Blatt, zur Rettung dient es dir.

Beaumanoir:
Du, Tochter eines Stammes, der verworfen ist,
Wiß, daß der Zauberei du überwiesen bist.
Durch böse Künste hast du diesen Ritter hier
An dich gefesselt, unsers Ordens Zier,
So daß er nicht beachtend seine Pflicht,
Vergnügen nur in deinem Umgang fand;
[Zu Guilbert:]
Sprich selber, Guilbert, sprich: in welchem Licht
Betrachtest du dies unglücksel'ge Band?

Guilbert:
Guilbert hält solch ein thörichtes Beschulden
Nicht einer Antwort werth,
Doch wird sein tapfres Schwert
Keine Beleidigung seiner Ehre dulden!

Beaumanoir:
Unglücksel'ger! nicht will es dir geziemen,
Der Tapferkeit dich hier zu rühmen,
Und deine, Meister keck zu drohn.
Der Ärmste, ach! zu sehr hat schon
Der Zauber ihn umsricket. Nun, wohl an!
So frag' ich dich Verworfne! sage an:
Weiß du etwas, dich zu entschuld'gen?— Sprich!—
Mein zuvor entschleire dich!

Rebecca:
Laßt den Schleier mir, ich bitte;
Mir gestattet nicht die Sitte
Meines Volks, mich zu enthüllen
Vor so vieler Männer Blick.

Beaumanoir:
Mein Gebot sollt du erfüllen,
Nimm den Schleier rasch zurück.

/ Rebecca:
| Laßt den Schleier mir, ich bitte;
| Mir gestattet nicht die Sitte
| Meines Volks, mich zu enthüllen
| Vor so vieler Männer Blick.
| Beaumanoir:
| Mein Gebot sollt du erfüllen,
\ Nimm den Schleier rasch zurück.
[Der Wache winkend]
Auf! entreißt den Schleier ihr!

Rebecca:
Ach! um Eurer Töchter willen
Doch, ihr seid ja Kinderlos,
Rauhe Männer seid ihr blos;
Nun denn, bei dem Angedenken
Eurer Mütter, eurer Schwestern!
Wollt' Barmherzigkeit mir schenken,
Laßt von roher Männer Händen,
Zucht und Sitte zu verlästern,
Nicht den Schleier mir entwenden;
[zum Großmeister:]
Wenn Ihr wollt, daß ich es soll,
Ihr seid alt und würdevoll,
Will ich dem Gebot mich beugen [fügen, - score],
Und das schaamerglüht' [Schamerglüht' - score] Gesicht
Einer Unglücksel'gen zeigen,
Das um Mitleid zu euch spricht.
[Sie entschleiert sich.]

/ Chor:
| Ha!
| Wie so süß die Stimme spricht!
| Welch win anmuthvolles Wesen!
| In dem klaren Angesicht
| Ist nicht böse Schult zu lesen;
| Mitleid regt sich leis' in mir,
| Für die schöne Sünd'rin hier.
| Rebecca: [bei Seite:]
| Gott, du strafest mich gerecht
| Für des Herzens sünd'ge Treibe,
| Ach, ich fühl's es ist nicht recht,
| Daß ich jenen Christen liebe,
| Führ' durch Leiden mich zur Pflicht,
\ Vater, laßen kann ich's nicht.

Beaumanoir:
Verworf'ne Jüdin! durch der Hölle Macht,
Hast du den Ritter hier so weist gebracht,
Daß er vergessend Pflicht und Ruhm und Ehr
An dir nur hängt, mit sündigen Begehr;
Zum Himmel schreit um Rache dies Verbrechen
Und sühnen kann ihn nur den Zaub'rin Blut.
Drum, Brüder, auf! Laßt uns das Urtheil sprechen:
Sie sterbe in des Scheiterhaufens Glut.

Chor der Templer:
Den Himmel sühnt allein der Hexe Blut,
Sie sterbe in des Scheiterhaufens Glut!
Den Himmel sühnt allein der Hexe Blut,
Sie sterbe in des Scheiterhaufens Glut!
Sie sterbe! Sie sterbe!

Beaumanoir [zu Rebecca:]
Weiß du noch etwas, Jüdin, sage an,
Was dein Verbrechen mindern kahn?

Rebecca:
Euer Mitleid zu erflehen
Weiß ich, würde fruchtlos sein,
Denn ihr wollt mich schuldig sehen,
Weidet euch an meiner Pein.
Mich erreten durch Verderben
Meines Feindes will ich nicht,
Mag die arme Jüdin sterben
Durch ein ungerecht Gericht;
Gott wird einstens zwischen mir
Richter sein und diesem hier.
[Sie wendet such zu Guilbert]
Nur auf dich allein, auf dich!
Hier, wie dort, beruf ich mich:
Ist die Wahrheit hier gesagt?
Weß man jetzt mich angeklagt,
Bin ich schuldig dessen? Sprich!

[Pause.]

Chor:
Er verstummet! Wehe! Wehe!
Welch ein fürchterliches Zeichen!
Böser Zauber wartet hier!
Will nicht wanken und nicht weichen.

Rebecca: [zu Guilbert:]
Bist du ein Ritter, rede Christ!
Rede, wenn ein Mann du bist!
Bei dem Kreuze des Gewandes,
Das du trägst, beschwör ich dich!
Bei dem Ruhme deines Standes,
Den du schändes, Frevler! Sprich!
Sprich die Wahrheit! Sprich, Verräther!
Sprich die Wahrheit! ich beschwöre
Dich bei deiner Mutter Ehre!
Bei dem Grabe deiner Väter!
Ist die Klage wider mich,
Wahrheit oder Lüge? Sprich!

Guilbert: [sprechend:]
Das Blatt! Das Blatt!

Chor:
Das Blatt! Das Blatt!

Beaumanoir:
[hebt rasch an, und der Chor stimmt] [ gesummt ? humming ? Here the score has parts for the chorus, but no vocalization]
Wehe! Wehe! nur das Blatt,
Steht vor seinem irren Geist,
Das den Zauberbann berweist,
Der ihn ganz unsponnen hat.

Rebecca: [die das Blatt gelesen gesprochen:]
"Einen Kämpfer ford're dir."

Beaumanoir:
Dieses Mannes Zeugniß spricht,
Dir zu Gunsten wahrlich nicht;
Nur zu deutlich sehen wir

Rebecca: [ihn unterbrechend.]
Wohl mir bleibt ein Mittel noch,
Selbst der Templer stolz Gericht,
Kann und muß es mir erlauben;
Lieb' ich gleich mein Leben nicht,
Ist es Gottes Gabe doch,
Und ich darf es mir nicht rauben,
Wo noch Rettung möglich ist;
Drum, ihr Richter, hö und wißt:
Hiermit reklär' ich wahr und frei,
Daß eure Anklag' Lüge sei,
Unschuldig weiß ich mich und rein,
Der Himmel wird mir Schutz verlein;
Und darum fordr'ich Gericht,
Wo Gott im Zweikampf Urtheil spricht.
Erhören wird der Herr mein Beten,
Mein Kämpe siegreich mich vertreten.

Beaumanoir:
Wer wird für eine Zaub'rin streiten,
Wer soll der Jüdin Kämpe sein?

Rebecca:
Gott wird den Kämpen mir bereiten,
Ihm meiner Unschuld Sieg verleihn.

Beaumanoir:
Wenn auch ein Kämpe möglich wäre,
Wer steht dem Kreuz, des Ordens Zier? !

Rebecca:
Der Herr allein giebt Gnad' und Ehre,
Der Herr allein ist Sonn' und Schild.

Beaumanoir:
Erzitt're vor des Ew'gen Grimme,
Arglist'ge, falsche Zauberin !

Rebecca:
Ich ford're Spruch durch Gottes Stimme
Heir werf' ich meinen Handschuh hin !
[Sie wirft den Handschuh in die Mitte des Platzes.]

/ Chor und Beaumanoir:
| Begeist'rung spricht aus dem Gesicht,
| Und würdevoll ist ihr Betragen,
| Sie will den Himmel selbst befragen,
| Und scheuet Gottes Urtheil nicht.
| Guilbert:
| Nun glückt es mir sie zu befrein !
| O koennt ich ihr nur heimlich sagen:
| Nun Liebchen, stille deine Klagen
| Ich werde selbst dein Kaempfe sein
| Rebecca:
| Mir glänzt ein ros'ger Hoffnungschein,
| Und mich durchzuckt's mit füßem Beden;
| Du rettetest ihm einst das Leben,
\ Es wird auch jetzt dein Kämpe sein.

Beaumanoir:
Wohlan, gebt mir den Handschuh her.
[Es geschieht]
Wer tritt als Kämpe für den Orden ein ?
Ihr ritter, sprechet: Wer?

Chor der Templer:
Bois Guilbert, soll der Kämpe sein !

Guilbert:
Wer? ich ! ha, nimmermehr !

Beaumanoir:
Ja, du sollst unser Kämpe sein !

Guilbert:
Ha! nimmermehr !

Beaumanoir:
Ja, du! dich haben laut die Brüder auserkohren,
[Dich haben laut die Brüder erkoren. -libretto]
Reicht ihm das Pfand.

Guilbert:
Weh' mir ! ich bin verloren !

[Malvoisin nimmt den Handschuh
und bringt ihn Guilbert wider Wißen-auf.]

Beaumanoir:
So nehme denn die Sache ihren Lauf,
Dir, Tochter Juda's geb ich auf,
Eh' noch der Sonne letzte Strahlen schwinden,
Muß sich ein Kämpfer für dich finden,
Erscheint er nicht, erliegt er in dem Streit,
Wirst du dem Flammen-Tod geweiht,

/ Rebecca, Beaumanoir, und Chor:
| Er, der hoch im Himmel thront,
| Böses strafet, Gutes lohnt,
| Wird der Wahrheit Sieg verliehn !
| Auf ihn bauen
| Im Vertrauen,
| Darf allein,
| Wer von Sünd' und Frevel rein.
| Guilbert:
| Verderben stürmet auf mich ein !
| Ich kann sie jetzt nicht mehr befrein
\ Will ich nicht selbst das Opfer sein.

Vorhang.

End des Zweiten Aktes



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Monday, 08-Dec-2003 21:48:41 PST