Last updated: Apr. 27, 2000
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Die Zauberflöte

Note: This online text includes links to MIDI files from the Aria Database and Classical Midi Connection.

Overture [MIDI file by Bill King]

Erster Aufzug

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Scene 1

Eine felsige Gegend, hie und da mit Bäumen überwachsen. Tamino kommt im Jagdkleide von einem Felsen herunter mit einem Bogen, aber ohne Pfeil. Eine Schlange verfolgt ihn.

1. Introduktion

Tamino: 
 Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sonst bin ich verloren,
 Der listigen Schlange zum Opfer erkoren.
 Barmherzige Götter! Schon nahet sie sich!
 Ach, rettet mich! Ach, schützet mich!

(Er fällt in Ohnmacht. Die Drei Damen verschleiert, mit
silbernen Wurfspießen.)

Drei Damen: 
 Stirb, Ungeheu'r, durch unsre Macht!
(Sie stossen die Schlange entzwei.)
 Triumph! Triumph! Sie ist vollbracht,
 Die Heldentat! Er ist befreit
 Durch unsres Armes Tapferkeit.

Erste Dame:
 Ein holder Jüngling, sanft und schön.

Zweite Dame:
 So schön, als ich noch nie gesehn!

Dritte Dame:
 Ja, ja, gewiß zum Malen schön!

Drei Damen:
 Würd' ich mein Herz der Liebe weihn,
 So müßt es dieser Jüngling sein.
 Laßt uns zu uns'rer Fürstin eilen,
 Ihr diese Nachricht zu erteilen.
 Vielleicht daß dieser schöne Mann
 Die vor'ge Ruh' ihr geben kann.

Erste Dame:
 So geht und sagt es ihr,
 Ich bleib indessen hier.

Zweite Dame:
 Nein, nein, geht ihr nur hin,
 Ich wache hier für ihn!

Dritte Dame:
 Nein, nein, das kann nicht sein!
 Ich schütze ihn allein.

Erste Dame:
 Ich bleib' indessen hier!

Zweite Dame:
 Ich wache hier für ihn!

Dritte Dame:
 Ich schütze ihn allein!

Erste Dame:
 Ich bleibe!

Zweite Dame:
 Ich wache!

Dritte Dame:
 Ich schütze!

Drei Damen:
 Ichl Ich! Ich!
(Jede für sich)
 Ich sollte fort? Ei, ei, Wie fein!
 Sie wären gern bei ihm allein -
 Nein, nein! Das kann nicht sein!
(Eine nach der andern, dann alle drei zugleich)
 Was wollte ich darum nicht geben,
 Könnt' ich mit diesem Jüngling leben!
 Hätt' ich ihn doch so ganz allein!
 Doch keine geht; es kann nicht sein,
 Am besten ist es nun, ich geh'.
(Zu Tamino)
 Du Jüngling, schön und liebevoll,
 Du trauter Jüngling, lebe wohl,
 Bis ich dich wiederseh'.
(Sie gehen)

Dialog

Tamino (erwacht, sieht furchtsam umher): Wo bin ich? Ist's Fantasie, daß ich noch lebe? Oder hat eine höhere Macht mich gerettet? (Er steht auf und sieht umher.) Wie? - Die bösartige Schlange ist tot? (Man hört von fern ein Waldflötchen.) Was hör ich? - Ha, eine männliche Figur nähert sich (Er versteckt sich hinter einem Baum.)

2. Arie [MIDI file by Robbie Glaubitz; MIDI file by Bill King]

(Papageno kommt einen Fußteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, worin Verschiedene Vögel sind. In der Hand hat er eine kleine Waldflöte.) Papageno: Der Vogelfänger bin ich ja, Stets lustig, heisa, hopsassa! Ich Vogelfänger bin bekannt Bei Alt und Jung im ganzen Land. Weiß mit dem Locken umzugehn Und mich auf's Pfeifen zu verstehn. Drum kann ich froh und lustig sein, Denn alle Vögel sind ja mein. Der Vogelfänger bin ich ja, Stets lustig, heisa, hopsassa! Ich Vogelfänger bin bekannt Bei Alt und Jung im ganzen Land. Ein Netz für Mädchen möchte ich, Ich fing sie dutzendweis für mich; Dann sperrte ich sie bei mir ein, Und alle Mädchen wären mein. Wenn alle Mädchen wären mein, So tauschte ich brav Zucker ein. Die, welche mir am liebsten wär', Der gäb' ich gleich den Zucker her. Und küßte sie mich zärtlich dann, Wär' sie mein Weib und ich ihr Mann, Sie schlief' an meiner Seite ein, Ich wiegte wie ein Kind sie ein. (Pfeift, will nach der Arie nach der Pforte gehen.)

Dialog

Tamino: He da! Papageno: Was da? Tamino: Sag mir, du lustiger Freund, wer du seist? Papageno: Wer ich bin? Dumme Frage! Ein Mensch, wie du. Und wenn ich dich nun fragte, wer du bist? Tamino: So würde ich dir antworten, daß ich aus fürstlichem Geblüte bin. Papageno: Das ist mir zu hoch. Mußt dich deutlicher erklären, wenn ich dich verstehen soll! Tamino: Mein Vater ist ein Fürst, der über viele Länder und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz. Papageno: Länder? Menschen? Prinz? Sagst du mir zuvor: gibt's außer diesen Bergen auch noch Länder und Menschen? Tamino: Viele Tausende! Papageno: Da ließe sich ja eine Spekulation mit meinen Vögeln machen. Tamino: Aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? Und wer beherrscht sie? Papageno: Das kann ich dir ebensowenig beantworten, als ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin. Tamino (lacht): Wie? Du wüßtest nicht, wo du geboren, oder wer deine Eltern waren? Papageno: Kein Wort! Ich weiß nur so viel, daß nicht weit von hier meine Strohhütte steht, die mich vor Regen und Kälte schützt. Tamino: Aber wie lebst du? Papageno: Na, von Essen und Trinken, wie alle Menschen. Tamino: Wodurch erhältst du das? Papageno: Durch Tausch - ich fange für die sternflammende Königin und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel; dafür erhalte ich täglich Speise und Trank von ihr. Tamino: Sternflammende Königin? Wenn es etwa gar die mächtige Herrscherin der Nacht wäre! - Sag mir, guter Freund, warst du schon so glücklich, diese Göttin der Nacht zu sehen? Papageno: Sehen? Die sternflammende Königin sehen? Welcher Sterbliche könnte sich rühmen, die je gesehn zu haben? Tamino (für sich): Nun ist's klar; es ist eben diese nächtliche Königin, von der mein Vater mir so oft erzählte. Unfehlbar ist auch dieser Mann kein gewöhnlicher Mensch. Papageno (für sich): Wie er mich so starr anblickt! Bald fang' ich an, mich vor ihm zu fürchten. (laut) Warum siehst du so verdächtig und schelmisch nach mir? Tamino: Weil... weil ich zweifle. ob du ein Mensch bist. Papageno: Wie war das? Tamino: Nach deinen Federn, die dich bedecken, halt' ich dich- (Er geht auf ihn zu) Papageno: Doch für keinen Vogel? Du, bleib zurück, sag' ich, und traue mir nicht; denn ich habe Riesenkraft. (für sich) Wenn er sich nicht bald von mir schrecken lässt, so lauf ich davon. Tamino: Riesenkraft? (Er sieht auf die Schlange) Also warst du wohl gar mein Erretter, der diese giftige Schlange bekämpfte? Papageno: Schlange! (Er sieht sich um, weicht zitternd einige Schritte zurück) Ah! Ah! Ist sie tot oder lebendig? Tamino: Aber um alles in der Welt, Freund, wie hast du dieses Ungeheuer bekämpft? Du bist ohne Waffen. Papageno: Brauch keine! Bei mir ist ein starker Druck mit der Hand mehr als Waffen. Tamino: Du hast sie also erdrosselt? Papageno: Erdrosselt! (für sich) Bin in meinem Leben nicht so stark gewesen, als heute. (Die Drei Damen erscheinen verschleiert.) Drei Damen (drohen und rufen zugleich): Papageno! Papageno: Aha, das geht mich an! Tamino: Wer sind diese Damen? Papageno: Wer sie eigentlich sind, weiß ich selbst nicht. Ich weiß nur so viel, daß sie mir täglich meine Vögel abnehmen, und mir dafür Wein, Zuckerbrot und süße Feigen bringen. Tamino: Sie sind vermutlich sehr schön? Papageno: Ich denke nicht! Denn wann die schön wären, dann würden die noch nicht ihre Gesichter bedecken. Drei Damen (drohend): Papageno! Papageno (beiseite zu Tamino): Sei still! Sie drohen mir schon. (laut) Ah, du fragst, ob sie schön sind, da kann ich dir nichts anderes darauf antworten, als daß ich in meinem Leben nichts Reizenderes gesehen habe. (für sich) Jetzt werd ich gleich wieder gut sein. Drei Damen (noch näher tretend, drohend): Papageno! Papageno: Was hab ich bloß heute verbrochen, daß die so aufgebracht wider mich sind? - Hier, meine Schönen, übergeb ich euch meine Vögel. Erste Dame (reicht ihm ein Gefäß mit Wasser): Dafür schickt dir unsere Fürstin heute zum ersten Mal statt Wein reines, helles Wasser. Zweite Dame: Und mir befahl sie, daß ich, statt Zuckerbrot, diesen Stein dir überbringen soll. Ich wünsche, daß er dir wohl bekommen möge. Papageno: Was? Steine soll ich fressen? Dritte Dame: Und statt der süßen Feigen, hab' ich die Ehre, dir dies goldene Schloß vor den Mund zu schlagen. (Sie schlägt ihm das Schloß vor. Papageno hat seinen Scherz durch Gebärden.) Erste Dame: Du willst vermutlich wissen, warum die Fürstin dich heute so wunderbar bestraft? (Papageno bejaht es durch Nicken mit dem Kopf.) Zweite Dame: Damit du künftig nie mehr Fremde belügst. Dritte Dame: Und daß du nie dich der Heldentaten rühmst, die andre vollzogen haben. Erste Dame: Sag an! Hast du diese Schlange bekämpft? (Papageno verneint es, durch Schütteln mit dem Kopf.) Zweite Dame: Wer denn also? (Papageno deutet an, daß er es nicht weiß.) Dritte Dame (zu Tamino): Wir waren's, Jüngling, die dich befreiten. Hier, dies Gemälde schickt dir die große Fürstin; es ist das Bildnis ihrer Tochter. "Findest du," sagte sie, "daß diese Züge dir nicht gleichgültig sind, dann ist Glück, Ehr' und Ruhm dein Los!" Auf Wiedersehen. (Geht ab.) Zweite Dame: Adieu, Monsieur Papageno! (Geht ab.) Erste Dame: Fein nicht zu hastig getrunken! (Sie geht lachend ab. Papageno hat immer sein stummes Spiel gehabt; Tamino ist gleich beim Empfang des Bildnisses aufmerksam geworden; seine Liebe nimmt zu, ob er gleich für alle diese Reden taub schein.)

3. Arie [MIDI file by Bill King; alternate link ]

Tamino (blickt das Bildnis an): Dies Bildnis ist bezaubernd schön, Wie noch kein Auge je gesehn! Ich fühl es, wie dies Götterbild Mein Herz mit neuer Regung füllt. Dies Etwas kann ich zwar nicht nennen, Doch fühl' ich's hier wie Feuer brennen. Soll die Empfindung Liebe sein? Ja, ja die Liebe ist's allein. O wenn ich sie nur finden könnte! O wenn sie doch schon vor mir stände! Ich würde, würde, warm und rein, Was würde ich? Ich würde sie voll Entzücken An diesen heißen Busen drücken, Und ewig wäre sie dann mein! (Tamino will abgehen. Die Drei Damen treten auf.)

Dialog

Erste Dame: Rüste dich mit Mut und Standhaftigkeit, schöner Jüngling! Die Fürstin - Zweite Dame: ... hat mir aufgetragen, dir zu sagen... Dritte Dame: Daß der Weg zu deinem künftigen Glücke nunmehr gebahnt sei. Erste Dame: Sie hat jedes deiner Worte gehört; Sie hat... Zweite Dame: Jeden Zug in deinem Gesichte gelesen... Dritte Dame: ...hat beschlossen, dich ganz glücklich zu machen. Erste Dame: "Hat dieser Jüngling," sprach sie, "auch so viel Mut und Tapferkeit, als er zärtlich ist, O, so ist meine Tochter ganz gewiß gerettet." Tamino: Gerettet? Erste Dame: Ein mächtiger, böser Dämon hat sie ihr entrissen. Tamino: Entrissen? Sagt, sagt, wo ist des Tyrannen Aufenthalt? Zweite Dame: Sehr nahe an unsern Bergen. Seine Burg ist sorgsam bewacht. Tamino: Pamina sei gerettet! Das schwör' ich bei meiner Liebe, bei meinem Herzen. (Kurzer starker Donner.) Ihr Götter, was ist das? (Es wird dunkel.) Die Drei Damen: Fasse dich! Erste Dame: Es verkündigt die Ankunft unserer Königin. (Donner.) Drei Damen: Sie kommt! (Donner. ) Sie kommt! (Donner. ) Sie kommt! (Die Berge teilen sich auseinander und das Theater verwandelt sich in ein prächtiges Gemach.)

4. Arie [MIDI file by Bill King; alternate link]

Königin der Nacht: O zittre nicht, mein lieber Sohn! Du bist unschuldig, weise, fromm; Ein Jüngling so wie du vermag am besten, Dies tiefbetrübte Mutterherz zu trösten. Zum Leiden bin ich auserkoren, Denn meine Tochter fehlet mir; Durch sie ging all mein Glück verloren, Ein Bösewicht entfloh mit ihr. Noch seh' ich ihr Zittern Mit bangem Erschüttern, Ihr ängstliches Beben, Ihr schüchternes Streben. Ich mußte sie mir rauben sehen, Ach helft! ach helft! war alles, was sie sprach. Allein vergebens war ihr Flehen, Denn meine Hilfe war zu schwach. Du, du, du wirst sie zu befreien gehen, Du wirst der Tochter Retter sein. Und werd' ich dich als Sieger sehen, So sei sie dann auf ewig dein. (Mit den Drei Damen ab. Das Theater verwandelt sich wieder, so wie es vorher war.)

Dialog

Tamino (nach einer Pause): Ist's denn auch Wirklichkeit, was ich sah? O ihr guten Götter, täuscht mich nicht!

5. Quintett

Papageno (deutet traurig auf das Schloß am Munde): Hm, hm, hm, hm, hm! Tamino: Der Arme kann von Strafe sagen, Denn seine Sprache ist dahin. Papageno: Hm, hm, hm, hm, hm, hm! Tamino: Ich kann nichts tun, als dich beklagen, Weil ich zu schwach zu helfen bin. (Die Drei Damen erscheinen, und treten zwischen Tamino und Papageno.) Erste Dame: Die Königin begnadigt dich, Erläßt die Strafe dir durch mich. (Sie nimmt ihm das Schloß vom Munde.) Papageno: Nun plaudert Papageno wieder! Zweite Dame: Ja, plaudre! Lüge nur nicht wieder! Papageno: Ich lüge nimmermehr, nein, nein! Drei Damen: Dies Schloß soll deine Warnung sein. Papageno: Dies Schloß meine Warnung sein. Alle: Bekämen doch die Lügner alle Ein solches Schloß vor ihren Mund; Statt Haß, Verleumdung, schwarzer Galle, Bestünden Lieb' und Bruderbund. Erste Dame (gibt Tamino eine goldene Flöte): O Prinz, nimm dies Geschenk von mir! Dies sendet uns're Fürstin dir. Die Zauberflöte wird dich schützen, Im größten Unglück unterstützen. Drei Damen: Hiermit kannst du allmächtig handeln, Der Menschen Leidenschaft verwandeln: Der Traurige wird freudig sein, Den Hagestolz nimmt Liebe ein. Alle: O so eine Flöte ist mehr Als Gold und Kronen wert, Denn durch sie wird Menschenglück Und Zufriedenheit vermehrt. Papageno: Nun, ihr schönen Frauenzimmer, Darf ich, so empfehl' ich mich. Drei Damen: Dich empfehlen kannst du immer, Doch bestimmt die Fürstin dich, Mit dem Prinzen ohn' Velweilen Nach Sarastros Burg zu eilen. Papageno: Nein, dafür bedank' ich mich! Von euch selbsten hörte ich, Daß er wie ein Tigertier. Sicher ließ' ohn' alle Gnaden Mich Sarastro rupfen, braten, Setzte mich den Hunden für. Drei Damen: Dich schützt der Prinz, trau' ihm allein. Dafür sollst du sein Diener sein. Papageno (für sich): Daß doch der Prinz beim Teufel wäre! Mein Leben ist mir lieb; Am Ende schleicht, bei meiner Ehre, Er von mir wie ein Dieb. Erste Dame (gibt Papageno ein Kätschen mit einem Glockenspiele): Hier, nimm dies Kleinod, es ist dein. Papageno: Ei, ei! Was mag darinnen sein? Drei Damen: Darinnen hörst du Glöckchen tönen. Papageno: Werd' ich sie auch wohl spielen können? Drei Damen: O ganz gewiß! Ja, ja, gewiß! Alle fünf: Silberglöckchen, Zauberflöten Sind zu eurem/unserm Schutz vonnöten. Lebet wohl! Wir wollen gehn, Lebet wohl, auf Wiedersehn! Tamino: Doch, schöne Damen, saget an - Papageno: Wie man die Burg wohl finden kann? Beide: Wie man die Burg wohl finden kann? Drei Damen: Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise, Umschweben euch auf eurer Reise. Sie werden eure Führer sein, Folgt ihrem Rate ganz allein. Tamino, Papageno: Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise, Umschweben euch auf eurer Reise. Drei Damen: Sie werden eure Führer sein, Folgt ihrem Rate ganz allein. Alle: So lebet wohl! Wir wollen gehn, Lebt wohl, lebt wohl, auf Wiederseh'n! (Alle ab.)

Scene 2

Ein prächtiges ägyptisches Zimmer.

Monostatos tritt auf.

Pamina wird von Sklaven hereingeführt.


Sklave:
 Ha, ha, ha! Unser Peiniger, der alles
 belauschende Mohr, wird morgen sicherlich
 gehangen oder gespießt! Pamina entfloh vor
 seinen Augen. So ist der Mohr nichts mehr zu
 retten, auch wenn Pamina von Sarastros
 Gefolge wieder eingefangen würde.

Monostatos:
 He, Sklaven! Schafft Fesseln herbei!

Sklave:
 Fesseln? Doch nicht für Pamina? Der
 unbarmherzige Teufel, wie der sie bei den
 Händen faßt. Das halt ich nicht aus.

6. Terzett

Monostatos: Du feines Täubchen, nur herein! Pamina: O welche Marter, welche Pein! Monostatos: Verloren ist dein Leben! Pamina: Der Tod macht mich nicht beben, Nur meine Mutter dauert mich; Sie stirbt vor Gram ganz sicherlich. Monostatos: He, Sklaven, legt ihr Fesseln an! (Sklaven legen ihr Fesseln an.) Mein Haß soll dich verderben! Pamina O laßt mich lieber sterben, Weil nichts, Barbar, dich rühren kann! (Sie sinkt ohnmächtig auf ein Sofa.) Monostatos: Nun fort! Laßt mich bei ihr allein! (Die Sklaven gehen ab. Papageno kommt.)
Papageno (von außen am Fenster, ohne gleich gesehen zu werden): Wo bin ich wohl? Wo mag ich sein? Aha! da find' ich Leute. Gewagt, ich geh' hinein. (Geht herein) Schön Mädchen, jung und rein, Viel weißer noch als Kreide. Monostatos und Papageno (besehen sich - erschrecken einer über den andern): Hu! Das ist der Teufel sicherlich! Hab' Mitleid! Verschone mich! Hu, hu, hu! (Laufen beide ab.)

Dialog

Pamina (spricht wie im Traum): Mutter - Mutter - Mutter! (Sie erholt sich, sieht sich um) Wie? Noch schlägt dieses Herz? Zu neuen Qualen erwacht? O das ist hart, sehr hart! Mir bitterer, als der Tod. Papageno (tritt ein): Bin ich nicht ein Narr, daß ich mich schrecken ließ? Es gibt doch auch schwarze Vögel auf der Welt, warum denn nicht auch schwarze Menschen? - Ah, da ist ja das schöne Fräuleinbild noch. - Du Tochter der nächtlichen Königin - Pamina: Nächtlichen Königin? Wer bist du? Papageno: Ein Abgesandter der sternflammenden Königin. Pamina (freudig): Meiner Mutter? O Wonne! - Dein Name? Papageno: Papageno. Pamina: Papageno? - Papageno - ich erinnere mich, den Namen oft gehört zu haben, dich selbst aber sah ich nie. Papageno: Ich dich ebensowenig. Pamina: Du kennst also meine gute, zärtliche Mutter? Papageno: Wenn du die Tochter der nächtlichen Königin bist - ja! Pamina: O ich bin es. Papageno: Das will ich gleich erkennen. (Er sieht das Portrait an.) Die Augen schwarz - richtig, schwarz. Die Lippen rot - richtig, rot. Blonde Haare - blonde Haare. Alles trifft ein, bis auf Hände und Füße. Nach dem Gemälde zu schließen, sollst du weder Hände noch Füße haben; denn hier sind keine angezegt. Pamina: Erlaube mir - Ja, ich bin's! Wie kam es in deine Hände? Papageno: Ich muß dir das umständlicher erzählen. Ich kam heute früh, wie gewöhnlich, zu deiner Mutter Palast mit meiner Lieferung - Pamina: Lieferung? Papageno: Ja, ich liefere deiner Mutter schon seit vielen Jahren alle die schönen Vögel in den Palast. Ja, und eben, als ich im Begriffe war, meine Vögel abzugeben, da seh ich einen Menschen vor mir, der sich Prinz nennen läßt, und dieser Prinz hat deine Mutter so von sich eingenommen, daß sie ihm dein Bildnis schenkte und ihm befahl, dich zu befreien. Sein Entschluß, der war ebenso rasch, als seine Liebe zu dir. Pamina: Liebe? (freudig) Er liebt mich also? O. sage mir das noch einmal, ich höre das Wort Liebe gar zu gerne. Papageno: Das glaube ich dir. Bist ja auch ein Fräuleinbild - Kurz also, diese große Liebe zu dir war der Peitschenstreich, um unsre Füße im schnellen Gang zu bringen, und nun sind wir hier, dir tausend schöne und angenehme Sachen zu sagen. Pamina: Freund, wenn Sarastro dich hier erblicken sollte, dann - Papageno: So würde mir meine Rückreise erspart blieben - das kann ich mir denken. Pamina: Dein martervoller Tod würde ohne Grenzen sein. Papageno: Um diesem auszuweichen, gehn wir lieber beizeiten. Pamina: Wir haben keine Minute zu versäumen. Papageno: Ja, komm, du wirst Augen machen, wenn du den schönen Jüngling erblickst. (Sie gehen, Pamina kehrt um) Pamina: Aber wenn dies ein Fallstrick wäre - wenn dieser nun ein böser Geist von Sarastros Gefolge wäre? (Sieht ihn bedenklich an) Papageno: Was? Ich ein böser Geist? Wo denkst du hin? Ich bin der beste Geist von der Welt. Pamina: Vergib, vergib, wenn ich dich beleidigte! Du hast ein gefühlvolles Herz. Papageno: Ja, freilich habe ich ein gefühlvolles Herz! Aber was nutzt mir denn das alles? - Ich möcht' mir doch oft alle meine Federn ausrupfen, wenn ich bedenk', daß Papageno noch keine Papagena hat. Pamina: Armer Mann! Du hast also noch kein Weib? Papageno: Noch nicht einmal ein Mädchen, geschweige denn ein Weib! Und unsereiner hat eben auch so seine lustigen Stunden, wo man so richtig so gesellschaftliche Unterhaltung haben möcht'. Pamina: Geduld, Freund! Der Himmel wird auch für dich sorgen; er wird dir eine Freundin schicken, ehe du dir's vermutest. Papageno: Wenn er's nur bald schickte.

7. Duett

Pamina: Bei Männern, welche Liebe fühlen, Fehlt auch ein gutes Herze nicht. Papageno: Die süßen Triebe mitzufühlen, Ist dann der Weiber erste Pflicht. Beide: Wir wollen uns der Liebe freun, Wir leben durch die Lieb' allein. Pamina: Die Lieb' versüßet jede Plage, Ihr opfert jede Kreatur. Papageno: Sie würzet unsre Lebenstage, Sie wirkt im Kreise der Natur. Beide: Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an, Nichts Edler's sei, als Weib und Mann. Mann und Weib, und Weib und Mann Reichen an die Gottheit an. (Beide ab.)

Scene 3

Das Theater verwandelt sich in einen Hain. Ganz im Hintergrunde der Bühne ist ein schöner Tempel, worauf diese Worte stehen: Tempel der Weisheit. Dieser Tempel führt mit Säulen zu zwei anderen Tempeln, rechts auf dem einen steht: Tempel der Vernuft. Links steht: Tempel der Natur.

Drei Knaben führen Tamino herein.

8. Finale

Drei Knaben: Zum Ziele führt dich diese Bahn, Doch mußt du, Jüngling, männlich siegen. Drum höre unsre Lehre an: Sei standhaft, duldsam und verschwiegen! Tamino: Ihr holden Kleinen, sagt mir an, Ob ich Pamina retten kann? Drei Knaben: Dies kundzutun, steht uns nicht an: Sei standhaft, duldsam und verschwiegen! Bedenke dies; kurz, sei ein Mann, Dann, Jüngling, wirst du männlich siegen. (Gehen ab.) Tamino: Die Weisheitslehre dieser Knaben Sei ewig mir ins Herz gegraben. Wo bin ich nun? Was wird mit mir? Ist dies der Sitz der Götter hier? Doch zeigen die Pforten, es zeigen die Säulen, Daß Klugheit und Arbeit und Künste hier weilen. Wo Tätigkeit thronet und Müßiggang weicht. Erhält seine Herrschaft das Laster nicht leicht. Ich wage mich mutig zur Pforte hinein, Die Absicht ist edel und lauter und rein. Erzitt're, feiger Bösewicht! Pamina retten ist mir Pflicht. (Er geht an die Pforte zur rechten Seite, macht sie auf, und als er hinein will, hört man unfern Stimmen) Stimmen: Zurück! Tamino: Zurück? Zurück? So wag' ich hier mein Glück! (Er geht zur linken Pforte. Stimmen von innen.) Stimmen: Zurück! Tamino: Auch hier ruft man: Zurück! (Sieht sich um) Da seh' ich noch eine Tür, Vielleicht find' ich den Eingang hier. (Er klopft an der mittleren Pforte, der Sprecher erscheint.) Der Sprecher: Wo willst du, kühner Fremdling, hin? Was suchst du hier im Heiligtum? Tamino: Der Lieb' und Tugend Eigentum. Der Sprecher: Die Worte sind von hohem Sinn! Allein wie willst du diese finden? Dich leitet Lieb' und Tugend nicht, Weil Tod und Rache dich entzünden. Tamino: Nur Rache für den Bösewicht. Der Sprecher: Den wirst du wohl bei uns nicht finden. Tamino: Sarastro herrscht in diesen Gründen? Der Sprecher: Ja, ja! Sarastro herrschet hier. Tamino: Doch in dem Weisheitstempel nicht? Der Sprecher: Er herrscht im Weisheitstempel hier! Tamino: So ist denn alles Heuchelei! (will gehen) Der Sprecher: Willst du schon wieder gehn? Tamino: Ja, ich will gehen, froh und frei, Nie euren Tempel seh'n! Der Sprecher: Erklär dich näher mir, Dich täuschet ein Betrug. Tamino: Sarastro wohnet hier, Das ist mir schon genug! Der Sprecher: Wenn du dein Leben liebst, So rede, bleibe da! Sarastro hassest du? Tamino: Ich haß ihn ewig, ja! Der Sprecher: Nun gib mir deine Gründe an. Tamino: Er ist ein Unmensch, ein Tyrann! Der Sprecher: Ist das, was du gesagt, erwiesen? Tamino: Durch ein unglücklich Weib bewiesen, Das Gram und Jammer niederdrückt. Der Sprecher: Ein Weib hat also dich berückt? Ein Weib tut wenig, plaudert viel. Du, Jüngling, glaubst dem Zungenspiel? O legte doch Sarastro dir Die Absicht seiner Handlung für! Tamino: Die Absicht ist nur allzu klar! Riß nicht der Räuber ohn' Erbarmen, Pamina aus der Mutter Armen? Der Sprecher: Ja, Jüngling, was du sagst, ist wahr. Tamino: Wo ist sie, die er uns geraubt? Man opferte vielleicht sie schon? Der Sprecher: Dir dies zu sagen, teurer Sohn, Ist jetztund mir noch nicht erlaubt. Tamino: Erklär dies Rätsel, täusch' mich nicht! Der Sprecher: Die Zunge bindet Eid und Pflicht. Tamino: Wann also wird die Decke schwinden? Der Sprecher: Sobald dich führt der Freundschaft Hand In's Heiligtum zum ew'gen Band. (Geht ab.) Tamino (allein): O ew'ge Nacht! Wann wirst du schwinden? Wann wird das Licht mein Auge finden? Stimmen: Bald, Jüngling, oder nie! Tamino: Bald, sagt ihr, oder nie? Ihr Unsichtbaren, saget mir, Lebt denn Pamina noch? Stimmen: Pamina lebet noch! Tamino (freudig): Sie lebt! Ich danke euch dafür. (Er nimmt seine Flöte heraus)

[MIDI file Bill King]

O wenn ich doch imstande wäre, Allmächtige, zu eurer Ehre. Mit jedem Tone meinen Dank Zu schildern, wie er hier, entsprang. (Aufs Herz deutend. Er spielt, sogleich kommen Tiere von allen Arten hervor, ihm zuzuhören. Er hört auf, und sie fliehen. Die Vögel pfeifen dazu.)


[MIDI file by Fred Nachbaur]

Wie stark ist nicht dein Zauberton, Weil, holde Flöte, durch dein Spielen Selbst wilde Tiere Freude fühlen. Doch Pamina, nur Pamina bleibt davon! (Er spielt) Pamina! Pamina! Höre, höre mich! Umsonst! (Er spielt) Wo? Ach, wo find' ich dich? (Er spielt, Papageno antwortet von innen mit seinem Flötchen.) Ha, das ist Papagenos Ton! (Er spielt. Papageno antwortet) Vielleicht sah er Pamina schon, Vielleicht eilt sie mit ihm zu mir! Vielleicht führt mich der Ton zu ihr. (Er eilt ab. Papageno und Pamina eilen herbei.) Pamina, Papageno: Schnelle Füße, rascher Mut Schützt vor Feindes List und Wut. Fänden wir Tamino doch, Sonst erwischen sie uns noch. Pamina: Holder Jüngling! Papageno: Stille, stille, ich kann's besser! (Pfeift.) Beide: Welche Freude ist wohl größer? Freund Tamino hört uns schon; Hierher kam der Flötenton. Welch ein Glück, wenn ich ihn finde. Nur geschwinde! Nur geschwinde! (Wollen hineingehen. Monostatos tritt auf.) Monostatos (ihrer spottend): Nur geschwinde! Nur geschwinde! Ha, hab' ich euch noch erwischt? Nur herbei mit Stahl und Eisen; Wart', ich will euch Mores weisen. Den Monostatos berücken! Nur herbei mit Band und Stricken, He, ihr Sklaven, kommt herbei! (Sklaven kommen, mit Fesseln.) Pamina, Papageno: Ach, nun ist's mit uns vorbei! Monostatos: He, ihr Sklaven, kommt herbei! Papageno: Wer viel wagt, gewinnt oft viel! Komm, du schönes Glockenspiel, Laß die Glöckchen klingen, klingen, Daß die Ohren ihnen singen. (Er spielt auf seinem Glockenspiel. Sogleich tanzen und singen Monostatos und die Sklaven.) Monostatos, Sklaven: Das klinget so herrlich, Das klinget so schön! Larala la la larala la la larala! Nie hab' ich so etwas Gehört und geseh'n! Larala la la larala la la larala! (Sie gehen tanzend ab) Pamina, Papageno: Könnte jeder brave Mann Solche Glöckchen finden! Seine Feinde würden dann Ohne Mühe schwinden, Und er lebte ohne sie In der besten Harmonie! Nur der Freundschaft Harmonie Mildert die Beschwerden; Ohne diese Sympathie Ist kein Glück auf Erden. (Ein starker Marsch mit Trompeten und Pauken fällt ein) Chor (von innen): Es lebe Sarastro! Sarastro lebe! Papageno: Was soll das bedeuten? Ich zittre, ich bebe! Pamina: O Freund, nun ist's um uns getan, Dies kündigt den Sarastro an! Papagbno: O wär ich eine Maus, Wie wollt' ich mich verstecken! Wär ich so klein wie Schnecken, So kröch' ich in mein Haus! Mein Kind, was werden wir nun sprechen? Pamina: Die Wahrheit! Die Wahrheit, Sei sie auch Verbrechen. (Zug von Gefolge; zuletzt fährt Sarastro auf einem Triumphwagen heraus, der von sechs Löwen gezogen wird.) Chor: Es lebe Sarastro! Sarastro soll leben! Er ist es, dem wir uns mit Freuden ergeben! Stets mög' er des Lebens als Weiser sich freun, Er ist unser Abgott, dem alle sich weihn. Pamina (kniet): Herr, ich bin zwar Verbrecherin, Ich wollte deiner Macht entfliehn, Allein die Schuld ist nicht an mir - Der böse Mohr verlangte Liebe; Darum, o Herr, entfloh ich dir. Sarastro: Steh auf, erheitre dich, o Liebe! Denn ohne erst in dich zu dringen, Weiß ich von deinem Herzen mehr: Du liebest einen andern sehr. Zur Liebe will ich dich nicht zwingen, Doch geb' ich dir die Freiheit nicht. Pamina: Mich rufet ja die Kindespflicht, Denn meine Mutter - Sarastro: Steht in meiner Macht. Du würdest um dein Glück gebracht, Wenn ich dich ihren Händen ließe. Pamina: Mir klingt der Muttername süße; Sie ist es - Sarastro: Und ein stolzes Weib! Ein Mann muß eure Herzen leiten, Denn ohne ihn pflegt jedes Weib Aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten. (Monostatos führt Tamino herein.) Monostatos: Nun stolzer Jüngling, nur hierher! Hier ist Sarastro, unser Herr. Pamina (sieht Tamino): Er ist's! Tamino (sieht Pamina): Sie ist's! Pamina: Ich glaub' es kaum! Tamino: Sie ist's! Pamina: Er ist's! Tamino: Es ist kein Traum! Pamina: Es schling' mein Arm sich um ihn her! Tamino: Es schling' mein Arm sich um sie her! Beide: Und wenn es auch mein Ende wär! (Sie umarmen sich.) Alle: Was soll das heißen? Monostatos: Welch eine Dreistigkeit! Gleich auseinander! Das geht zu weit! (Er trennt sie; kniet dann vor Sarastro nieder.) Dein Sklave liegt zu deinen Füßen, Laß den verwegnen Frevler büßen! Bedenk, wie frech der Knabe ist: Durch dieses seltnen Vogels List Wollt er Pamina dir entführen. Allein ich wußt' ihn auszuspüren. Du kennst mich! Meine Wachsamkeit- Sarastro: Verdient, daß man ihr Lorbeer streut! He, gebt dem Ehrenmann sogleich - Monostatos: Schon deine Gnade macht mich reich. Sarastro: Nur siebenundsiebenzig Sohlenstreich! Monostatos: Ach Herr, den Lohn verhofft' ich nicht! Sarastro: Nicht Dank, es ist ja meine Pfticht! (Monostatos wird abgeführt) Alle: Es lebe Sarastro, der göttliche Weise! Er lohnet und strafet in ähnlichem Kreise. Sarastro: Führt diese beiden Fremdlinge In unsern Prüfungstempel ein; Bedecket ihre Häupter dann, Sie müssen erst gereinigt sein. (Der Sprecher und zwei Priester bringen eine Art Sack und bedecken die Häupter der beiden Fremden) Schlußchor: Wenn Tugend und Gerechtigkeit Den großen Pfad mit Ruhm bestreut, Dann ist die Erd' ein Himmelreich, Und Sterbliche den Göttern gleich.

Goto: Act II



Originally input by Emily Ezust, <mindel@recmusic.org>; MIDI links added by Lyle K. Neff, <lneff@indiana.edu>