Last updated: Feb. 14, 1997
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Italienisches Liederbuch

Lieder by Hugo Wolf (1860-1903)
Composed: 1890-6
Italian poems translated by Paul Heyse (1830-1914)

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(1)

 
 Auch kleine Dinge koennen uns entzuecken,
 Auch kleine Dinge koennen teuer sein.
 Bedenkt, wie gern wir uns mit Perlen schmuecken;
 Sie werden schwer bezahlt und sind nur klein.
 Bedenkt, wie klein ist die Olivenfrucht,
 Und wird um ihre Guete doch gesucht.
 Denkt an die Rose nur, wie klein sie ist,
 Und duftet doch so lieblich, wie ihr wisst.
 

(2)

 
 Mir ward gesagt, du reisest in die Ferne.
 Ach, wohin gehst du, mein geliebtes Leben?
 Den Tag, an dem du scheidest, wuesst ich gerne;
 Mit Traenen will ich das Geleit dir geben.
 Mit Traenen will ich deinen Weg befeuchten -
 Gedenk an mich, und Hoffnung wird mir leuchten!
 Mit Traenen bin ich bei dir allerwaerts - 
 Gedenk an mich, vergiss es nicht, mein Herz!
 

(3)

 
 Ihr seid die Allerschoenste weit und breit,
 Viel schoener als im Mai der Blumenflor.
 Orvietos Dom steigt so voll Herrlichkeit,
 Viterbos groesster Brunnen nicht empor.
 So hoher Reiz und Zauber ist dein eigen,
 Der Dom von Siena muss sich vor dir neigen.
 Ach, du bist so an Reiz und Anmut reich,
 Der Dom von Siena selbst ist dir nicht gleich.
 

(4)

 
 Gesegnet sei, durch den die Welt entstund;
 Wie trefflich schuf er sie nach allen Seiten!
 Er schuf das Meer mit endlos ttiefem Grund,
 Er schuf die Schiffe, die hinuebergleiten,
 Er schuf das Paradies mit ew'gem Licht,
 Er schuf die Schoenheit und dein Angesicht.
 

(5)

 
 Selig ihr Blinden, die ihr nicht zu schauen
 Vermoegt die Reize, die uns Glut entfachen;
 Selig ihr Tauben, die ihr ohne Grauen
 Die Klagen der Verliebten koennt verlachen;
 Selig ihr Stummen, die ihr nicht den Frauen
 Koennt eure Herzensnot verstaendlich machen;
 Selig ihr Toten, die man hat begraben!
 Ihr sollt vor Liebesqualen Ruhe haben.
 

(6)

 
 Wer rief dich denn? Wer hat dich herbestellt?
 Wer hiess dich kommen, wenn es dir zur Last?
 Geh zu dem Liebchen, das dir mehr gefaellt,
 Geh dahin, wo du die Gedanken has.
 Geh nur, wohin dein Sinnen steht und Denken!
 Dass du zu mir kommst, will ich gern dir schenken.
 Geh zu dem Liebchen, das dir mehr gefaellt!
 Wer rief dich denn? Wer hat dich herbestellt?
 

(7)

 
 Der Mond hat eiene schwere Klag erhoben
 Und vor dem Herrn die Sache kund gemacht;
 Er wolle nicht mehr stehn am Himmel droben,
 Du habest ihn um seinen Glanz gebracht.
 Als er zuletzt das Sternenheer gezaehlt,
 Da hab es an der vollen Zahl gefehlt; 
 Zwei von den schoensten habest du entwendet:
 Die beiden Augen dort, die mich verblendet.
 

(8)

 
 Nun lass uns Frieden schliessen, liebstes Leben,
 Zu lang ist's schon, dass wir in Fehde liegen.
 Wenn du nicht willst, will ich mich dir ergeben;
 Wie koenntten wir uns auf den Tod bekriegen?
 Es schliessen Frieden Koenige und Fuersten,
 Und sollen Liebende nicht darnach duersen?
 Es schliessen Frieden Fuersten und Soldaten,
 Und sollt' es zwei Verliebten wohl missraten?
 Meins du, dass, was so grossen Herrn gelingt,
 Ein Paar zufriedner Herzen nicht vollbringt?
 

(9)

 
 Dass doch gemalt all deine Reize waeren,
 Und dann der Heidenfuerst das Bildnis faende.
 Er wuerde dir ein gross Geschenk verehren,
 Und legte seine Kron in deine Haende.
 Zum rechten Glauben musst' sich bekehren
 Sein ganzes Reich, bis an sein fernstes Ende.
 Im ganzen Lane wuerd es ausgeschrieben,
 Christ soll ein jeder werden und dich lieben.
 Ein jeder Heide flugs bekehrtet sich
 Und wurd ein guter Christ und liebte dich.
 

(10)

 
 Du denkst mit einem Faedchen mich zu fangen,
 Mit einem Blick schon mich verliebt zu machen?
 Ich fing schon andre, die sich hoeher schwangen;
 Du darfst mir ja nicht traun, siehst du mich lachen.
 Schon andre fing ich, glaub es sicherlich.
 Ich bin verliebt, doch eben nicht in dich.
 

(11)

 
 Wie lange schon war immer mein Verlangen:
 Ach waere doch ein Musikus mir gut!
 Nun liess der Herr mich meinen Wunsch erlangen
 Und schickt mir einen, ganz wie Milch und Blut.
 Da kommt er eben her mit sanfter Miene,
 Und senkt den Kopf und spielt die Violine.
 

(12)

 
 Nein, junger Herr, so treibt man's nicht, fuerwahr;
 Man sorgt dafuer, sich schicklich zu betragen.
 Fuer alltags bin ich gut genug, nicht wahr?
 Doch bessre suchst du dir an Feiertagen.
 Nein, junger Herr, wirst du so weiter suend'gen,
 Wird dir den Dienst dein Alltagsliebchen kuend'gen.
 

(13)

 
 Hoffaertig seid Ihr, schoenes Kind, und geht
 Mit Euren Freiern um auf stolzem Fuss.
 Spricht man Euch an, kaum dass Ihr Rede steht,
 Als kostet Euch zuviel ein holder Gruss.
 Bist keines Alexanders Toechterlein,
 Kein Koenigreich wird deine Mitgift sein,
 Und willst du nicht das Gold, so nimm das Zinn;
 Willst du nicht Liebe, nimm Verachtung hin.
 

(14)

 
 Geselle, wolln wir uns in Kutten huellen,
 Die Welt dem lassen, den sie mag ergoetzen?
 Dann pochen wir an Tuer um Tuer im sitllen:
 ,,Gebt einem armen Moench um Jesu willen.``
 ,,O lieber Pater, du musst spaeter kommen,
 Wenn aus dem Ofen wir das Brot genommen.
 O liber Pater, komm nur spaeter wieder,
 Ein Toechterlein von mir liegt krank danieder.``
 ,,Und ist sie krank, so lass mich nach ihr schauen,
 Dass sie mir ihre Beichte mag vertrauen.
 Schliesst Tuer und Fenster, dass uns keiner stoere,
 Wenn ich des armen Kindes Beichte hoere!``
 

(15)

 
 Mein Liebster ist so klein, dass ohne Buecken
 Er mir das Zimmer fegt mit seinen Locken.
 Als er ins Gaerlein ging, Jasmin zu pfluecken,
 Ist er vor einer Schnecke sehr erschrocken.
 Dann setzt' er sich ins Haus um zu verschnaufen,
 Da warf ihn eine Fliege uebern Haufen;
 Und als er hintrat an mein Fensterlein,
 Stiess eine Bremse ihm den Schaedel ein.
 Verwuenscht sei'n alle Fliegen, Schnaken, Bremsen
 Und wer ein Schaetzchen hat aus den Maremmen!
 Verwuenscht sei'n alle Fliegen, Schnaken, Muecken
 Und wer sich, wenn er kuesst, so tief muss buecken!
 

(16)

 
 Ihr jungen Leute, die ihr zieh ins Feld,
 Auf meinen Liebsten sollt ihr Achtung geben.
 Sorgt, dass er tapfer sich im Feuer haelt;
 Er war noch nie im Kriege all sein Leben.
 Lasst nie ihn unter freiem Himmel schlafen;
 Er ist so zart, es moechte sich bestrafen.
 Lasst mir ihn ja nicht schlafen unterm Mond;
 Er ginge drauf, er ist's ja nicht gewohnt.
 

(17)

 
 Und willst du deinen Liebsten sterben sehen,
 So trage niocht dein Haar gelockt, du Holde.
 Lass von den Schultern frei sie niederwehen;
 Wie Faeden sehn sie aus von purem Golde.
 Wie goldne Faeden, die der Wind bewegt - 
 Schoen sind die Haare, schoen ist, die sie traegt!
 Goldfaeden, Seidenfaeden ungezaehlt -
 Schoen sind die Haare, schoen ist, die sie straehlt!
 

(18)

 
 Heb auf dein blondes Haupt und schlafe nicht,
 Und lass dich ja von Schlummer nicht betoeren.
 Ich sage dir vier Worte von Gewicht,
 Von denen darfst du keines ueberhoeren.
 Das erste: dass um dich mein Herze bricht,
 Das zweite: dir nur will ich angehoeren,
 Das dritte: dass ich dir mein Heil befehle,
 Das letzte: dich allein liebt meine Seele.
 

(19)

 
 Wir haben beide lange Zeit geschwiegen,
 Auf einmal kam uns nun die Sprache wieder.
 Die Engel Gottes sind herabgeflogen,
 Sie brachten nach dem Krieg den Frieden wieder.
 Die Engel Gottes sind herabgeflogen,
 Mit ihnen ist der Frieden eingezogen.
 Die Liebesengel kamen ueber Nacht
 Und haben Frieden meiner Brust gebracht.
 

(20)

 
 Mein Liebster singt am Haus im Mondenscheine,
 Und ich muss lauschend hier im Bette liegen.
 Weg von der Mutter wend ich mich und weine, 
 Blut sind die Traenen, die mir nicht versiegen.
 Den breiten Strom am Bet hab ich geweint,
 Weiss nicht vor Traenen, ob der Morgen scheint.
 Den breiten Strom am Bett weint ich vor Sehnen;
 Blind haben mich gemacht die blut'gen Traenen.
 

(21)

 
 Man sagt mir, deine Mutter woll es nicht;
 So bleibe weg, mein Schatz, tu ihr den Willen.
 Ach Liebster, nein! tu ihr den Willen nicht,
 Besuch mich doch, tu's ihr zum Trotz, im stillen!
 Nein, mein Geliebter, folg ihr nimmermehr,
 Tu's ihr zum Trotz, komm oefter als bisher!
 Nein, hoere nicht auf sie, was sie auch sage;
 Tu's ihr zum Trotz, mein Lieb, komm alle Tage!
 

(22)

 
 Ein Staendchen Euch zu bringen kam ich her,
 Wenn es dem Herrn vom Haus nicht ungelegen.
 Ihr habt ein schoenes Toechterlein. Es waer
 Wohl gut, sie nicht zu streng im Haus zu hegen.
 Und liegt sie schon im bett, so bitt ich sehr,
 Tut es zu wissen ihr vom meinetwegen,
 Dass ihr Getreuer hier vorbeigekommen,
 Der Tag und Nacht sie in den Sinn genommen,
 Und dass am Tag, der vierundzwanzig zaehlt,
 Sie fuenfundzwanzig Stunden lang mir fehlt.
 

(23)

 
 Was fuer ein Lied soll dir gesungen werden,
 Das deiner wuerdig sei? Wo find ich's nur?
 Am liebsten grueb ich es tief aus der Erden,
 Gesungen noch von keiner Kreatur.
 Ein Lied, das weder Mann noch Weib bis heute
 Hoert oder sang, selbst nicht die aeltsten Leute.
 

(24)

 
 Ich esse nun mein Brot nicht trocken mehr,
 Ein Dorn ist mir im Fusse stecken blieben.
 Umsonst nach rechts und links blick ich umher,
 Und keinen find ich, der mich moechte lieben.
 Wenn's doch auch nur ein altes Maennlein waere,
 Das mir erzeigt' ein wenig Lieb und Ehre.
 Ich meine naemlich, so ein wohlgestalter,
 Ehrbarer Greis, etwa von meinem Alter.
 Ich meine, um mich ganz zu offenbaren,
 Ein altes Maennlein so von vierzehn Jahren.
 

(25)

 
 Mein Liebster hat zu Tische mich geladen
 Und hatte doch kein Haus mich zu empfangen,
 Nicht Holz noch Herd zum Kochen und zum Braten,
 Der Hafen auch war laengst entzwei gesangen.
 An einem Faesschen Wein gebrach es auch,
 Und Glaeser hat er gar nicht im Gebrauch;
 Der Tisch war schmal, das Tafeltuch nicht besser,
 Das Brot steinhart und voellig stumpf das Messer.
 

(26)

 
 Ich liess mir sagen und mir ward erzaehlt,
 Der schoene Toni hungre sich zu Tode;
 Seit ihn so ueberaus die Liebe quaelt,
 Nimmt er auf einen Backzahn sieben Brote.
 Nach Tisch, damit er die Verdauung staehlt
 Verspeist er eine Wurst und sieben Brote,
 Und lindert nicht Tonina seine Pein,
 Bricht naechstens Hungersnot und Teurung ein.
 

(27)

 
 Schon streckt ich aus im Bett die mueden Glieder,
 Da tritt dein Bildnis vor mich hin, du Traute.
 Gleich spring ich auf, fahr in die Schuhe wieder
 Und wandre durch die Stadt mit meiner Laute.
 Ich sing und spiele, dass die Strasse schallt;
 So manche lauscht - vorueber bin ich bald.
 So manches Maedchen hat mein Lied geruehrt,
 Indes der Wind schon Sang und Klang entfuehrt.
 

(28)

 
 Du sagst mir, dass ich keine Fuerstin sei;
 Auch du bist nicht auf Spaniens Thron entsprossen.
 Nein, Bester, stehst du auf bei Hahnenschrei,
 Faehrst du aufs Feld und nicht in Staatskarossen.
 Du spottest mein um meine Niedrigkeit,
 Doch Armut tut dem Adel nichts zuleid.
 Du spottest, dass mir Krone fehlt und Wappen,
 Und faehrst doch selber nur mit Schusters Rappen.
 

(29)

 
 Wohl kenn ich Euern Stand, der nicht gering.
 Ihr brauchtet nicht so tief herabzusteigen,
 Zu lieben solch ein arm und niedrig Ding,
 Da sich vor Euch die Allerschoensten neigen.
 Die schoensten Maenner leicht besiegtet Ihr,
 Drum weiss ich wohl, Ihr treibt nur Spiel mit mir.
 Ihr spottet mein, man hat mich warnen wollen,
 Doch ach, Ihr seid so schoen! Wer kann Euch grollen?
 
 

(30)

 
 Lass sie nur gehn, die so die Stolze spielt,
 Das Wunderkraeutlein aus dem Blumenfeld.
 Man sieht, wohin ihr blankes Auge zielt,
 Da Tag um Tag ein andrer ihr gefaellt.
 Sie treibtt es grade wie Toscanas Fluss,
 Dem jedes Berggewaesser folgen muss.
 Sie treibt es wie der Arno, will mir scheinen:
 Bald hat sie viel Bewerber, bald nicht einen.
 

(31)

 
 Wie soll ich froehlich sein und lachen gar,
 Da du mir immer zuernest unverhohlen?
 Du kommst nur einmal alle hundert Jahr,
 Und dann, als haette man dir's anbefohlen.
 Was kommst du, wenn's die Deinen ungern sehn?
 Gib frei mein Herz, dann magst du weitergehn.
 Daheim mit deinen Leuten leb in Frieden,
 Denn was der Himmel will, geschieht hinieden.
 Halt Frieden mit den Deinigen zu Haus,
 Denn was der Himmel will, das bleibt nicht aus.
 

(32)

 
 Was soll der Zorn, mein Schatz, der dich erhitzt?
 Ich bin mir keiner Suende ja bewusst,
 Ach, lieber nimm ein messer wohlgespitzt
 Und tritt zu mir, durchbohre mir dir Brust.
 Und taugt ein Messer nicht, so nimm ein Schwert,
 Dass meines Blutes Quell gen Himmel faehrt.
 Und taugt ein Schwert nicht, nimm des Dolches Stahl
 Und wasch in meinem Blut all meine Qual.
 

(33)

 
 Sterb ich, so huellt in Blumen meine Glieder;
 Ich wuensche nicht, dass ihr ein Grab mir grabt.
 Genueber jenen Mauern legt mich nieder,
 Wo ihr so manchmal mich gesehen habt.
 Dort legt mich hin, in Regen oder Wind;
 Gern sterb ich, ist's um dich, geliebtes Kind.
 Dort legt mich hin in Sonnenschein und Regen;
 Ich sterbe lieblich, sterb ich deinetwegen.
 

(34)

 
 Und steht Ihr frueh am Morgen auf vom Bette,
 Scheucht Ihr vom Himmel alle Wolken fort,
 Die Sonne lockt Ihr auf die Berge dort,
 Und Engelein erscheinen um die Wette
 Und bringen Schuh und Kleider Euch sofort.
 Dann, wenn Ihr ausgeht in die heil'ge Mette,
 So zieht Ihr alle Menschen mit Euch fort,
 Und wenn Ihr naht der benedeiten Staette,
 So zuendet Euer Blick die Lampen an.
 Weihwasser nehmt Ihr, macht des Kreuzes Zeichen
 Und netzet Eure weisse Stirn sodann
 Und neiget Euch und beugt die Knie ingleichen -
 O wie holdselig steht Euch alles an!
 Wie hold und selig hat Euch Gott begabt,
 Die Ihr der Schoenheit Kron empfangen habt!
 Wie hold und selig wandelt Ihr im Leben;
 Der Schoenheit Palme ward an Euch gegeben.
 

(35)

 
 Benedeit die sel'ger Mutter,
 Die so lieblich dich geboren,
 So an Schoenheit auserkoren,
 Meine Sehnsucht fliegt dir zu!
 
 Du so lieblich von Gebaerden,
 Du die Holdeste der Erden,
 Du mein Kleinod, meine Wonne,
 Suesse, benedeit bist du!
 
 Wenn ich aus der Ferne schmachte
 Und betrachte deine Schoene,
 Siehe wie ich beb und stoehne,
 Dass ich kaum es bergen kann!
 
 Und in meiner Brust gewaltsam
 Fuehl ich Flammen sich empoeren,
 Die den Frieden mir zerstoeren,
 Ach, der Wahnsinn fasst mich an!
 
 Benedeit die sel'ger Mutter,
 Die so lieblich dich geboren,
 So an Schoenheit auserkoren,
 Meine Sehnsucht fliegt dir zu!
 

(36)

 
 Wenn du, mein Liebster, steigst zum Himmel auf,
 Trag ich mein Herz dir in der Hand entgegen.
 So liebvoll umarmst du mich darauf,
 Dann wolln wir uns dem Herrn zu Fuessen legen.
 Und sieht der Herrgott unsre Liebesschmerzen,
 Macht er ein Herz aus zwei verliebten Herzen,
 Zu einem Herzen fuegt er zwei zusammen,
 Im Paradies, umglaenzt von Himmelsflammen.
 

(37)

 
 Wie viele Zeit verlor ich, dich zu lieben!
 Haett ich doch Gott geliebt in all der Zeit.
 Ein Platz im Paradies waer mir verschrieben,
 Ein Heilger saesse dann an meiner Seit.
 Und weil ich dich geliebt, schoen frisch Gesicht,
 Verscherzt ich mir des Paradieses Licht,
 Und weil ich dich geliebt, schoen Veigelein,
 Komm ich nun nicht ins Paradies hinein.
 

(38)

 
 Wenn du micht mit den Augen streifst und lachst,
 Sie senkst, und neigst das Kinn zum Busen dann,
 Bitt ich, dass du mir erst ein Zeichen machst,
 Damit ich doch mein Herz auch baend'gen kann,
 Dass ich mein Herz mag baend'gen, zahm und still,
 Wenn es vor grosser Liebe springen will,
 Dass ich mein Herz mag halten in der Brust,
 Wenn es ausbrechen will vor grosser Lust.
 

(39)

 
 Gesegnet sei das Gruen und wer es traegt!
 Ein gruenes Kleid will ich mir machen lassen.
 Ein gruenes Kleid traegt auch die Fruehlingsaue,
 Gruen kleidet sich der Liebling meiner Augen.
 In Gruen sich kleiden ist der Jaeger Brauch,
 Ein gruenes Kleid traegt mein Geliebter auch;
 Das Gruen steht allen Dingen lieblich an,
 Aus Gruen waechst jede schoene Frucht heran.
 

(40)

 
 O waer dein Haus durchsichtig wie ein Glas,
 Mein Holder, wenn ich mich vorueberstehle!
 Dann saeh ich drinnen dich ohn Unterlass,
 Wie blickt ich dann nach dir mit ganzer Seele!
 Wie viele Blicke schickte dir mein Herz,
 Mehr als da Tropfen hat der Fluss im Maerz!
 Wie viele Blicke schickt ich dir entgegen,
 Mehr als da Tropfen niederspruehn im Regen!
 

(41)

 
 Heut nach erhob ich mich um Mitternacht,
 Da war mein Herz mir heimlich fortgeschlichen.
 Ich frug: Herz, wohin stuermst du so mit Macht?
 Es sprach: Nur Euch zu sehn, sei es entwichen.
 Nun sieh, wie muss es um mein Lieben stehn:
 Mein Herz entweicht der Brust, um dich zu sehn!
 

(42)

 
 Nicht laenger kann ich singen, denn der Wind
 Weht stark und macht dem Atem was zu schaffen.
 Auf fuercht ich, dass die Zeit umsonst verrinnt.
 Ja waer ich sicher, ging ich jetzt nicht schlafen.
 Ja wuesst ich was, wuerd ich nicht heimspazieren
 Und einsam diese schoene Zeit verlieren.
 

(43)

 
 Schweig einmal still, du garst'ger Schwaetzer dort!
 Zum Ekel ist mir dein verwuenschtes Singen.
 Und triebst du es bis morgen frueh so fort,
 Doch wuerde dir kein schmuckes Lied gelingen.
 Schweig einmal still und lege dich aufs Ohr!
 Das Staendchen eines Esels zoeg ich vor.
 

(44)

 
 O wuesstest du, wie viel ich deinetwegen,
 Du falsche Renegatin, litt zur Nacht,
 Indes du im verschlossnen Haus gelegen
 Und ich die Zeit im Freien zugebracht.
 Als Rosenwasser diente mir der Regen,
 Der Blitz hat Liebesbotschaft mir gebracht;
 Ich habe Wuerfel mit dem Sturm gespielt,
 Als unter deinem Dach ich Wache hielt.
 Mein Bett war unter deinem Dach bereitet,
 Der Himmel lag als Decke drauf gebreitet,
 Die Schwelle deiner Tuer, das war mein Kissen -
 Ich Aermster, ach, was hab ich ausstehn muessen!
 

(45)

 
 Verschling der Abgrund meines Liebsten Huette,
 An ihrer Stelle schaeum ein See zur Stunde.
 Bleikugeln soll der Himmel drueber schuetten,
 Und ein Schlange hause dort im Grunde.
 Drin hause eine Schlange gift'ger Art,
 Die ihn vergifte, der mir untreu ward.
 Drin hause ein Schlange, giftgeschwollen,
 Und bring ihm Tod, der mich verraten wollen!
 

(46)

 
 Ich hab in Penna einen Liebsten wohnen,
 In der Maremmeneb'ne einen andern,
 Einen im schoenen Hafen von Ancona,
 Zum vierten muss ich nach Viterbo wandern;
 Ein andrer wohnt in Casentino dort,
 Der naechste lebt mit mir am selben Ort,
 Und wieder einen hab ich in Magione,
 Vier in La Fratta, zehn in Castiglione.
 

Input by: Emily Ezust, mindel@cs.mcgill.ca