Last updated: Feb. 14, 1997
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Fuenf Gedichte fuer eine Frauenstimme und Klavier

Lied by Richard Wagner (1813-1883)
Text by Mathilde Wesendonk (1828-1902)

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1. Der Engel


 In der Kindheit fruehen Tagen
 Hoert ich oft von Engeln sagen,
 Die des Himmels hehre Wonne
 Tauschen mit der Erdensonne,

 Dass, wo bang ein Herz in Sorgen
 Schmachtet vor der Welt verborgen,
 Dass, wo still es will verbluten,
 Und vergehn in Traenenfluten,

 Dass, wo bruenstig sein Gebet
 Einzig um Erloesung fleht,
 Da der Engel niederschwebt,
 Und es sanft gen Himmel hebt.

 Ja, es stieg auch mir ein Engel nieder,
 Und auf leuchtendem Gefieder
 Fuehrt er, ferne jedem Schmerz,
 Meinen Geist nun himmelwaerts!

2. Stehe still!


 Sausendes, brausendes Rad der Zeit,
 Messer du der Ewigkeit;
 Leuchtende Sphaeren im weiten All,
 Die ihr umringt den Weltenball;
 Urewige Schoepfung, halte doch ein,
 Genug des Werdens, lass mich sein!

 Halte an dich, zeugende Kraft,
 Urgedanke, der ewig schafft!
 Hemmet den Atem, stillet den Drang,
 Schweigend nur eine Sekunde lang!
 Schwellende Pulse, fesselt den Schlag;
 Ende, des Wollens ew'ger Tag!

 Dass in selig suessem Vergessen
 Ich moeg alle Wonne ermessen!

 Wenn Auge in Auge wonnig trinken,
 Seele ganz in Seele versinken;
 Wesen in Wesen sich wiederfindet,
 Und alles Hoffens Ende sich kuendet,
 Die Lippe verstummt in staunendem Schweigen,
 Keinen Wunsch mehr will das Innre zeugen:
 Erkennt der Mensch des Ew'gen Spur,
 Und loest dein Raetsel, heil'ge Natur!

3. Im Treibhaus


 Hochgewoelbte Blaetterkronen,
 Baldachine con Smaragd,
 Kinder ihr aus fernen Zonen,
 Saget mir, warum ihr klagt?

 Schweigend neiget ihr die Zweige,
 Malet Zeichen in die Luft,
 Und der Leiden stummer Zeuge
 Steiget aufwaerts, suesser Duft.

 Weit in sehnendem Verlangen
 Breitet ihr die Arme aus,
 Und umschlinget wahnbefangen
 Oeder Leere nicht'gen Graus.

 Wohl, ich weiss es, arme Pflanze;
 Ein Geschicke teilen wir,
 Ob umstrahlt von Licht und Glanze,
 Unsre Heimat ist nicht hier!

 Und wie froh die Sonne scheidet
 Von des Tages leerem Schein,
 Huellet der, der wahrhaft leidet,
 Sich in Schweigens Dunkel ein.

 Stille wird's, ein saeuselnd Weben
 Fuellet bang den dunkeln Raum:
 Schwere Tropfen seh ich schweben
 An der Blaetter gruenem Saum.

4. Schmerzen


 Sonne, weinest jeden Abend
 Dir die schoenen Augen rot,
 Wenn im Meeresspiegel badend
 Dich erreicht der fruehe Tod;

 Doch erstehst in alter Pracht,
 Glorie der duestren Welt,
 Du am Morgen neu erwacht,
 Wie ein stolzer Siegesheld!

 Ach, wie sollte ich da klagen,
 Wie, mein Herz, so schwer dich sehn,
 Muss dis Sonne selbst verzagen,
 Muss die Sonne untergehn?

 Und gebieret Tod nur Leben,
 Geben Schmerzen Wonne nur:
 O wie dank ich, dass gegeben
 Solche Schmerzen mir Natur!

5. Traeume


 Sag, welch wunderbare Traeume
 Halten meinen Sinn umfangen,
 Dass sie nicht wie leere Schaeume
 Sind in oedes Nichts vergangen?

 Traeume, die in jeder Stunde,
 Jedem Tage schoener bluehn,
 Und mit ihrer Himmelskunde
 Selig durchs Gemuete ziehn!

 Traeume, die wie hehre Strahlen
 In die Seele sich versenken,
 Dort ein ewig Bild zu malen:
 Allvergessen, Eingedenken!

 Traeume, wie wenn Fruehlingssonne
 Aus dem Schnee die Blueten kuesst,
 Dass zu nie geahnter Wonne
 Sie der neue Tag begruesst,

 Dass sie wachsen, dass sie bluehen,
 Traeumed spenden ihren Duft,
 Sanft an deiner Brust vergluehen,
 Und dann sinken in die Gruft.


Input by: Emily Ezust, mindel@cs.mcgill.ca