DAS RHEINGOLD

Vorabend des Bühnenfestspiels "Der Ring des Nibelungen"

Wotan, Göttervater
Fricka, Göttin der Ehe (u.a.)
Freia, Göttin der Jugend (u.a.)
Loge, (Halb-)Gott des Feuers
Donner, Gott
Froh, Gott
Erda, Urmutter Erde
Alberich, Zwerg (Nibelunge)
Mime, Zwerg (Nibelunge)
Fafner, ein Riese
Fasolt, ein Riese
Die Rheintöchter:
Woglinde
Wellgunde
Flosshilde

Erste Szene, Zweite Szene, Dritte Szene, Vierte Szene

VORSPIEL UND ERSTE SZENE

Woglinde, Wellgunde, Flosshilde, Alberich

Auf dem Grunde des Rheines. Grünliche Dämmerung, nach oben zu lichter, nach unten zu dunkler. Die Höhe ist von wogendem Gewässer erfüllt, das rastlos von rechts nach links zu strömt. Nach der Tiefe zu lösen die Fluten sich in einen immer feineren feuchten Nebel auf, so daß der Raum in Manneshöhe vom Boden auf gänzlich frei vom Wasser zu sein scheint, welches wie in Wolkenzügen über den nächtlichen Grund dahinfließt. Überall ragen schroffe Felsenriffe aus der Tiefe auf und grenzen den Raum der Bühne ab; der ganze Boden ist in ein wildes Zackengewirr zerspalten, so daß er nirgends vollkommen eben ist und nach allen Seiten hin in dichtester Finsternis tiefere Schlüfte annehmen läßt.

(Um ein Riff in der Mitte der Bühne, welches mit seiner schlanken Spitze bis in die dichtere, heller dämmernde Wasserflut hinauftragt, kreist in anmutig schwimmender Bewegung eine der Rheintöchter)

WOGLINDE

Weia! Waga! Woge, du Welle,
walle zur Wiege! Wagalaweia!
Wallala, weiala weia!

WELLGUNDE

(Stimme von oben)

Woglinde, wachst du allein?

WOGLINDE

Mit Wellgunde wär' ich zu zwei.

WELLGUNDE

(taucht aus der Flut zum Riff herab)

Laß sehn, wie du wachst!

(sie sucht Woglinde zu erhaschen)

WOGLINDE

(entweicht ihr schwimmend)

Sicher vor dir!

(sie necken sich und suchen sich spielend zu fangen)

FLOSSHILDE

(Stimme von oben)

Heiaha weia! Wildes Geschwister!

WELLGUNDE

Flosshilde, schwimm'! Woglinde flieht:
hilf mir die Fließende fangen!

FLOSSHILDE

(taucht herab und fährt zwischen die Spielenden)

Des Goldes Schlaf hütet ihr schlecht!
Besser bewacht des schlummernden Bett,
sonst büßt ihr beide das Spiel!

(Mit muntrem Gekreisch fahren die beiden auseinander. Flosshilde sucht bald die eine, bald die andere zu erhaschen; sie entschlüpfen ihr und vereinigen sich endlich, um gemeinschaftlich auf Flosshilde Jagd zu machen. So schnellen sie gleich Fischen von Riff zu Riff, scherzend und lachend. Aus einer finstern Schluft ist währenddem Alberich, an einem Riffe klimmend, dem Abgrunde entstiegen. Er hält, noch vom Dunkel umgeben, an und schaut dem Spiele der Rheintöchter mit steigendem Wohlgefallen zu.)

ALBERICH

Hehe! Ihr Nicker!
Wie seid ihr niedlich, neidliches Volk!
Aus Nibelheims Nacht naht' ich mich gern,
neigtet ihr euch zu mir!

(die Mädchen halten, sobald sie Alberichs Stimme hören, mit dem Spiele ein)

WOGLINDE

Hei! Wer ist dort?

WELLGUNDE

Es dämmert und ruft!

FLOSSHILDE

Lugt, wer uns lauscht!

WOGLINDE UND WELLGUNDE

(sie tauchen tiefer herab und erkennen den Niblung)

Pfui! Der Garstige!

FLOSSHILDE

(schnell auftauchend)

Hütet das Gold!
Vater warnte vor solchem Feind.

(Die beiden andern folgen ihr, und alle drei versammeln sich schnell um das mittlere Riff)

ALBERICH

Ihr, da oben!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Was willst du dort unten?

ALBERICH

Stör' ich eu'r Spiel,
wenn staunend ich still hier steh'?
Tauchtet ihr nieder, mit euch tollte
und neckte der Niblung sich gern!

WOGLINDE

Mit uns will er spielen?

WELLGUNDE

Ist ihm das Spott?

ALBERICH

Wie scheint im Schimmer ihr hell und schön!
Wie gern umschlänge der Schlanken eine mein Arm,
schlüpfte hold sie herab!

FLOSSHILDE

Nun lach' ich der Furcht: der Feind ist verliebt!

WELLGUNDE

Der lüsterne Kauz!

WOGLINDE

Laßt ihn uns kennen!

(Sie läßt sich auf die Spitze des Riffes hinab, an dessen Fuße Alberich angelangt ist)

ALBERICH

Die neigt sich herab.

WOGLINDE

Nun nahe dich mir!

(Alberich klettert mit koboldartiger Behendigkeit, doch wiederholt aufgehalten, der Spitze des Riffes zu)

ALBERICH

Garstig glatter glitschiger Glimmer!
Wie gleit' ich aus! Mit Händen und Füßen
nicht fasse noch halt' ich das schlecke Geschlüpfer!

(er prustet)

Feuchtes Naß füllt mir die Nase:
verfluchtes Niesen!

(er ist in Woglindes Nähe angelangt)

WOGLINDE

(lachend)

Prustend naht meines Freiers Pracht!

ALBERICH

Mein Friedel sei, du fräuliches Kind!

(er sucht sie zu umfassen)

WOGLINDE

(sich ihm entwindend)

Willst du mich frei'n, so freie mich hier!

(sie taucht zu einem andern Riff auf, die Schwestern lachen)

ALBERICH

(kratzt sich den Kopf)

O weh! Du entweichst? Komm' doch wieder!
Schwer ward mir, was so leicht du erschwingst.

WOGLINDE

(schwingt sich auf ein drittes Riff in größerer Tiefe)

Steig' nur zu Grund, da greifst du mich sicher!

ALBERICH

(hastig hinab kletternd)

Wohl besser da unten!

WOGLINDE

Nun aber nach oben!

WELLGUNDE UND FLOSSHILDE

Hahahahaha!

ALBERICH

Wie fang' ich im Sprung den spröden Fisch?
Warte, du Falsche!

WELLGUNDE

Heia, du Holder! Hörst du mich nicht?

ALBERICH

Rufst du nach mir?

WELLGUNDE

Ich rate dir wohl: zu mir wende dich,
Woglinde meide!

ALBERICH

Viel schöner bist du als jene Scheue,
die minder gleißend und gar zu glatt.
Nur tiefer tauche, willst du mir taugen.

WELLGUNDE

Bin nun ich dir nah?

ALBERICH

Noch nicht genug!
Die schlanken Arme schlinge um mich,
daß ich den Nacken dir neckend betaste,
mit schmeichelnder Brunst
an die schwellende Brust mich dir schmiege.

WELLGUNDE

Bist du verliebt und lüstern nach Minne,
laß sehn, du Schöner, wie bist du zu schau'n?
Pfui! Du haariger, höckriger Geck!
Schwarzes, schwieliges Schwefelgezwerg!
Such' dir ein Friedel, dem du gefällst!

ALBERICH

Gefall' ich dir nicht, dich fass' ich doch fest!

WELLGUNDE

Nur fest, sonst fließ ich dir fort!

WOGLINDE UND FLOSSHILDE

Hahahahaha!

ALBERICH

Falsches Kind! Kalter, grätiger Fisch!
Schein' ich nicht schön dir,
niedlich und neckisch, glatt und glau -
hei, so buhle mit Aalen, ist dir eklig mein Balg!

FLOSSHILDE

Was zankst du, Alp? Schon so verzagt?
Du freitest um zwei: frügst du die dritte,
süßen Trost schüfe die Traute dir!

ALBERICH

Holder Sang singt zu mir her!
Wie gut, daß ihr eine nicht seid!
Von vielen gefall' ich wohl einer:
bei einer kieste mich keine!
Soll ich dir glauben, so gleite herab!

FLOSSHILDE

Wie törig seid ihr, dumme Schwestern,
dünkt euch dieser nicht schön!

ALBERICH

Für dumm und häßlich darf ich sie halten,
seit ich dich Holdeste seh'.

FLOSSHILDE

O singe fort so süß und fein,
wie hehr verführt es mein Ohr!

ALBERICH

Mir zagt, zuckt und zehrt sich das Herz,
lacht mir so zierliches Lob.

FLOSSHILDE

Wie deine Anmut mein Aug' erfreut,
deines Lächelns Milde den Mut mir labt!
Seligster Mann!

ALBERICH

Süßeste Maid!

FLOSSHILDE

Wärst du mir hold!

ALBERICH

Hielt dich immer!

FLOSSHILDE

Deinen stechenden Blick, deinen struppigen Bart,
o säh ich ihn, faßt' ich ihn stets!
Deines stachligen Haares strammes Gelock,
umflöß es Flosshilde ewig!
Deine Krötengestalt, deiner Stimme Gekrächz,
o dürft' ich staunend und stumm
sie nur hören und sehn!

WOGLINDE UND WELLGUNDE

Hahahahaha!

ALBERICH

Lacht ihr Bösen mich aus?

FLOSSHILDE

Wie billig am Ende vom Lied!

WOGLINDE UND WELLGUNDE

Hahahahaha!

ALBERICH

Wehe! Ach wehe! O Schmerz! O Schmerz!
Die dritte, so traut, betrog sie mich auch?
Ihr schmählich schlaues, lüderlich schlechtes Gelichter!
Nährt ihr nur Trug, ihr treuloses Nickergezücht?

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Wallala! Lalaleia! Leialalei!
Heia! Heia! Haha!
Schäme dich, Albe! Schilt nicht dort unten!
Höre, was wir dich heißen!
Warum, du Banger, bandest du nicht
das Mädchen, das du minnst?
Treu sind wir und ohne Trug
dem Freier, der uns fängt.
Greife nur zu, und grause dich nicht!
In der Flut entflieh'n wir nicht leicht!
Wallala! Lalaleia! Leialalei!
Heia! Heia! Haha!

ALBERICH

Wie in den Gliedern brünstige Glut
mir brennt und glüht!
Wut und Minne, wild und mächtig,
wühlt mir den Mut auf!
Wie ihr auch lacht und lügt,
lüstern lechz' ich nach euch,
und eine muß mir erliegen!

(Er macht sich mit verzweifelter Anstrengung zur Jagd auf; mit grauenhafter Behendigkeit erklimmt er Riff für Riff, springt von einem zum andern, sucht bald dieses, bald jenes der Mädchen zu erhaschen, die mit lustigem Gekreisch stets ihm entweichen. Er strauchelt, stürzt in den Abgrund hinab, klettert den hastig wieder in die Höhe zu neuer Jagd. Sie neigen sich etwas herab. Fast erreicht er sie, stürzt abermals zurück und versucht es nochmals. Er hält endlich, vor Wut schäumend, atemlos an und streckt die geballte Faust nach den Mädchen hinauf.)

ALBERICH

(kaum seiner mächtig)

Fing' eine diese Faust!...

(Er verbleibt in sprachloser Wut, den Blick aufwärts gerichtet, wo er dann plötzlich von dem folgenden Schauspiele angezogen und gefesselt wird.
Durch die Flut ist von oben her ein immer lichterer Schein gedrungen, der sich an einer hohen Stelle des mittelsten Riffes allmählich zu einem blendend hell strahlenden Goldglanze entzündet: ein zauberisch goldenes Licht bricht von hier durch das Wasser)

WOGLINDE

Lugt, Schwestern!
Die Weckerin lacht in den Grund.

WELLGUNDE

Durch den grünen Schwall
den wonnigen Schläfer sie grüßt.

FLOSSHILDE

Jetzt küßt sie sein Auge, daß er es öffne.

WELLGUNDE

Schaut, er lächelt in lichtem Schein.

WOGLINDE

Durch die Fluten hin fließt sein strahlender Stern!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Heiajaheia! Heiajaheia!
Wallalalalala leiajahei!
Rheingold! Rheingold!
Leuchtende Lust, wie lachst du so hell und hehr!
Glühender Glanz entgleißet dir weihlich im Wag'!
Heiajaheia! Heiajaheia!
Wache, Freund, Wache froh!
Wonnige Spiele spenden wir dir:
flimmert der Fluß, flammet die Flut,
umfließen wir tauchend, tanzend und singend
im seligem Bade dein Bett!
Rheingold! Rheingold!
Heiajaheia! Wallalalalala leiajahei!

ALBERICH

Was ist's, ihr Glatten, das dort so glänzt und gleißt?

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Wo bist du Rauher denn heim,
daß vom Rheingold nie du gehört?

WELLGUNDE

Nichts weiß der Alp von des Goldes Auge,
das wechselnd wacht und schläft?

WOGLINDE

Von der Wassertiefe wonnigem Stern,
der hehr die Wogen durchhellt?

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Sieh, wie selig im Glanze wir gleiten!
Willst du Banger in ihm dich baden,
so schwimm' und schwelge mit uns!
Wallalalala leialalai! Wallalalala leiajahei!

ALBERICH

Eurem Taucherspiele nur taugte das Gold?
Mir gält' es dann wenig!

WOGLINDE

Des Goldes Schmuck schmähte er nicht,
wüßte er all seine Wunder!

WELLGUNDE

Der Welt Erbe gewänne zu eigen,
wer aus dem Rheingold schüfe den Ring,
der maßlose Macht ihm verlieh'.

FLOSSHILDE

Der Vater sagt' es, und uns befahl er,
klug zu hüten den klaren Hort,
daß kein Falscher der Flut ihn entführe:
drum schweigt, ihr schwatzendes Heer!

WELLGUNDE

Du klügste Schwester, verklagst du uns wohl?
Weißt du denn nicht, wem nur allein
das Gold zu schmieden vergönnt?

WOGLINDE

Nur wer der Minne Macht entsagt,
nur wer der Liebe Lust verjagt,
nur der erzielt sich den Zauber,
zum Reif zu zwingen das Gold.

WELLGUNDE

Wohl sicher sind wir und sorgenfrei:
denn was nur lebt, will lieben,
meiden will keiner die Minne.

WOGLINDE

Am wenigsten er, der lüsterne Alp;
vor Liebesgier möcht' er vergehn!

FLOSSHILDE

Nicht fürcht' ich den, wie ich ihn erfand:
seiner Minne Brunst brannte fast mich.

WELLGUNDE

Ein Schwefelbrand in der Wogen Schwall:
vor Zorn der Liebe zischt er laut!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Wallala! Wallaleialala!
Lieblichster Albe! Lachst du nicht auch?
In des Goldes Scheine wie leuchtest du schön!
O komm', Lieblicher, lache mit uns!
Heiajaheia! Heiajaheia! Wallalalala leiajahei!

ALBERICH

Der Welt Erbe
gewänn' ich zu eigen durch dich?
Erzwäng' ich nicht Liebe,
doch listig erzwäng' ich mir Lust?
Spottet nur zu! -
Der Niblung naht eurem Spiel!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Heia! Heia! Heiajahei!
Rettet euch! Es raset der Alp:
in den Wassern sprüht's, wohin er springt:
die Minne macht ihn verrückt!

ALBERICH

Bangt euch noch nicht?
So buhlt nun im Finstern, feuchtes Gezücht!
Das Licht lösch' ich euch aus, entreiße dem Riff das Gold,
schmiede den rächende Ring;
denn hör' es die Flut: so verfluch' ich die Liebe!

(Er reißt mit furchtbarer Gewalt das Gold aus dem Riffe und stürzt damit hastig in die Tiefe, wo er schnell verschwindet. Dichte Nacht bricht plötzlich überall herein. Die Mädchen tauchen dem Räuber in die Tiefe nach)

FLOSSHILDE

Haltet den Räuber!

WELLGUNDE

Rettet das Gold!

WOGLINDE UND WELLGUNDE

Hilfe! Hilfe!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Weh! Weh!

(Die Flut fällt mit ihnen nach der Tiefe hinab. Aus dem untersten Grunde hört man Alberichs gellendes Hohngelächter. In dichtester Finsternis verschwinden die Riffe; die ganze Bühne ist von der Höhe bis zur Tiefe von schwarzem Wassergewoge erfüllt, das eine Zeitlang immer nach abwärts zu sinken scheint. Allmählich sind die Wogen in Gewölk übergegangen, welches, als eine immer heller dämmernde Beleuchtung dahinter tritt, zu feinerem Nebel sich abklärt. Als der Nebel in zarten Wolken sich gänzlich in der Höhe verliert, wird im Tagesgrauen eine freie Gegend auf Bergeshöhen sichtbar. Wotan und neben ihm Fricka, beide schlafend, liegen zur Seite auf blumigen Grunde)

ZWEITE SZENE

Freie Gegend auf Bergeshöhen
Wotan, Fricka, Freia, Fasolt, Fafner, Donner, Froh, Loge

(Der hervorbrechende Tag beleuchtet mit wachsendem Glanze eine Burg mit blinkenden Zinnen, die auf einem Felsgipfel im Hintergrunde steht, zwischen diesem und dem Vordergrunde ist ein tiefes Tal, durch das der Rhein fließt, anzunehmen. Wotan und Fricka schlafend. Die Burg ist ganz sichtbar geworden. Fricka erwacht; ihr Auge fällt auf die Burg)

FRICKA

(erschrocken)

Wotan, Gemahl, erwache!

WOTAN

(forträumend)

Der Wonne seligen Saal
bewachen mir Tür und Tor:
Mannes Ehre, ewige Macht,
ragen zu endlosem Ruhm!

FRICKA

Auf, aus der Träume wonnigem Trug!
Erwache, Mann, und erwäge!

WOTAN

Vollendet das ewige Werk!
Auf Berges Gipfel die Götterburg;
prächtig prahlt der prangende Bau!
Wie im Traum ich ihn trug,
wie mein Wille ihn wies, stark und schön
steht er zur Schau; hehrer, herrlicher Bau!

FRICKA

Nur Wonne schafft dir, was mich erschreckt?
Dich freut die Burg, mir bangt es um Freia!
Achtloser, laß mich erinnern
des ausbedungenen Lohns!
Die Burg ist fertig, verfallen das Pfand:
vergaßest du, was du vergabst?

WOTAN

Wohl dünkt mich's, was sie bedangen,
die dort die Burg mir gebaut;
durch Vertrag zähmt' ich ihr trotzig Gezücht,
daß sie die hehre Halle mir schüfen;
die steht nun, dank den Starken:
um den Sold sorge dich nicht.

FRICKA

O lachend frevelnder Leichtsinn!
Liebelosester Frohmut!
Wußt' ich um euren Vertrag,
dem Truge hätt' ich gewehrt;
doch mutig entferntet ihr Männer die Frauen,
um taub und ruhig vor uns,
allein mit den Riesen zu tagen:
so ohne Scham verschenktet ihr Frechen
Freia, mein holdes Geschwister,
froh des Schächergewerbs!
Was ist euch Harten doch heilig und wert,
giert ihr Männer nach Macht!

WOTAN

Gleiche Gier war Fricka wohl fremd,
als selbst um den Bau sie mich bat?

FRICKA

Um des Gatten Treue besorgt,
muß traurig ich wohl sinnen,
wie an mich er zu fesseln,
zieht's in die Ferne ihn fort:
herrliche Wohnung, wonniger Hausrat
sollten dich binden zu säumender Rast.
Doch du bei dem Wohnbau sannst auf Wehr und Wall allein;
Herrschaft und Macht soll er dir mehren;
nur rastlosern Sturm zu erregen,
erstand dir die ragende Burg.

WOTAN

Wolltest du Frau in der Feste mich fangen,
mir Gotte mußt du schon gönnen,
daß, in der Burg gebunden, ich mir
von außen gewinne die Welt.
Wandel und Wechsel liebt, wer lebt;
das Spiel drum kann ich nicht sparen!

FRICKA

Liebeloser, leidigster Mann!
Um der Macht und Herrschaft müßigen Tand
verspielst du in lästerndem Spott
Liebe und Weibes Wert?

WOTAN

Um dich zum Weib zu gewinnen,
mein eines Auge setzt' ich werbend daran;
wie törig tadelst du jetzt!
Ehr' ich die Frauen doch mehr als dich freut;
und Freia, die gute, geb' ich nicht auf;
nie sann dies ernstlich mein Sinn.

FRICKA

So schirme sie jetzt: in schutzloser Angst
läuft sie nach Hilfe dort her!

FREIA

Hilf mir, Schwester! Schütze mich, Schwäher!
Vom Felsen drüben drohte mir Fasolt,
mich Holde käm' er zu holen.

WOTAN

Laß ihn droh'n! Sahst du nicht Loge?

FRICKA

Daß am liebsten du immer dem Listigen traust!
Viel Schlimmes schuf er uns schon,
doch stets bestrickt er dich wieder.

WOTAN

Wo freier Mut frommt,
allein frag' ich nach keinem.
Doch des Feindes Neid zum Nutz sich fügen,
lehrt nur Schlauheit und List,
wie Loge verschlagen sie übt.
Der zum Vertrage mir riet,
versprach mir, Freia zu lösen:
auf ihn verlass' ich mich nun.

FRICKA

Und er läßt dich allein!
Dort schreiten rasch die Riesen heran:
wo harrt dein schlauer Gehilf'?

FREIA

Wo harren meine Brüder, daß Hilfe sie brächten,
da mein Schwäher die Schwache verschenkt?
Zu Hilfe, Donner! Hieher, hieher!
Rette Freia, mein Froh!

FRICKA

Die in bösem Bund dich verrieten,
sie alle bergen sich nun!

FASOLT

Sanft schloß Schlaf dein Aug';
wir beide bauten Schlummers bar die Burg.
Mächt'ger Müh' müde nie,
stauten starke Stein' wir auf;
steiler Turm, Tür und Tor,
deckt und schließt im schlanken Schloß den Saal.
Dort steht's, was wir stemmten,
schimmernd hell, bescheint's der Tag:
zieh nun ein, uns zahl' den Lohn!

WOTAN

Nennt, Leute, den Lohn:
was dünkt euch zu bedingen?

FASOLT

Bedungen ist, was tauglich uns dünkt:
gemahnt es dich so matt?
Freia, die Holde, Holda, die Freie,
vertragen ist's, sie tragen wir heim.

WOTAN

Seid ihr bei Trost mit eurem Vertrag?
Denkt auf andern Dank: Freia ist mir nicht feil.

FASOLT

Was sagst du? Ha, sinnst du Verrat?
Verrat am Vertrag? Die dein Speer birgt,
sind sie dir Spiel, des berat'nen Bundes Runen?

FAFNER

Getreu'ster Bruder,
merkst du Tropf nun Betrug?

FASOLT

Lichtsohn du, leicht gefügter!
Hör' und hüte dich: Verträgen halte Treu'!
Was du bist, bist du nur durch Verträge;
bedungen ist, wohl bedacht deine Macht.
Bist weiser du, als witzig wir sind,
bandest uns Freie zum Frieden du:
all deinem Wissen fluch' ich,
fliehe weit deinen Frieden,
weißt du nicht offen, ehrlich und frei
Verträgen zu wahren die Treu'!
Ein dummer Riese rät dir das:
Du Weiser, wiss' es von ihm.

WOTAN

Wie schlau für Ernst du achtest,
was wir zum Scherz nur beschlossen!
Die liebliche Göttin, licht und leicht,
was taugt euch Tölpeln ihr Reiz?

FASOLT

Höhnst du uns? Ha, wie unrecht!
Die ihr durch Schönheit herrscht,
schimmernd hehres Geschlecht,
wir törig strebt ihr nach Türmen von Stein,
setzt um Burg und Saal
Weibes Wonne zum Pfand!
Wir Plumpen plagen uns
schwitzend mit schwieliger Hand,
ein Weib zu gewinnen, das wonnig und mild
bei uns Armen wohne;
und verkehrt nennst du den Kauf?

FAFNER

Schweig' dein faules Schwatzen,
Gewinn werben wir nicht:
Freias Haft hilft wenig,
doch viel gilt's den Göttern sie zu entreißen.
Goldene Äpfel wachsen in ihrem Garten;
sie allein weiß die Äpfel zu pflegen!
Der Frucht Genuß frommt ihren Sippen
zu ewig nie alternder Jugend:
siech und bleich doch sinkt ihre Blüte,
alt und schwach schwinden sie hin,
müssen Freia sie missen.
Ihrer Mitte drum sei sie entführt!

WOTAN

Loge säumt zu lang!

FASOLT

Schlicht gib nun Beschied!

WOTAN

Sinnt auf andern Sold!

FASOLT

Kein andrer: Freia allein!

FAFNER

Du da! Folg' uns fort!

FREIA

Helft! Helft, vor den Harten!

FROH

Zu mir, Freia! Meide sie, Frecher!
Froh schützt die Schöne.

DONNER

Fasolt und Fafner,
fühltet ihr schon meines Hammers harten Schlag?

FAFNER

Was soll das Drohn?

FASOLT

Was dringst du her?
Kampf kiesten wir nicht,
verlangen nur unsern Lohn.

DONNER

Schon oft zahlt' ich Riesen den Zoll.
Kommt her, des Lohnes Last
wäg' ich mit gutem Gewicht!

WOTAN

Halt, du Wilder! Nichts durch Gewalt!
Verträge schützt meines Speeres Schaft:
spar' deines Hammers Heft!

FREIA

Wehe! Wehe! Wotan verläßt mich!

FRICKA

Begreif' ich dich noch, grausamer Mann?

WOTAN

Endlich Loge! Eiltest du so,
den du geschlossen,
den schlimmen Handel zu schlichten?

LOGE

Wie? Welchen Handel hätt' ich geschlossen?
Wohl was mit den Riesen dort im Rate du dangst?
In Tiefen und Höhen treibt mich mein Hang;
Haus und Herd behagt mir nicht.
Donner und Froh,
die denken an Dach und Fach,
wollen sie frei'n,
ein Haus muß sie erfreu'n.
Ein stolzer Saal, ein starkes Schloß,
danach stand Wotans Wunsch.
Haus und Hof, Saal und Schloß,
die selige Burg, sie steht nun fest gebaut.
Das Prachtgemäuer prüft' ich selbst,
ob alles fest, forscht' ich genau:
Fasolt und Fafner fand ich bewährt:
kein Stein wankt in Gestemm'.
Nicht müßig war ich, wie mancher hier;
der lügt, wer lässig mich schilt!

WOTAN

Arglistig weichst du mir aus:
mich zu betrügen hüte in Treuen dich wohl!
Von allen Göttern dein einz'ger Freund,
nahm ich dich auf in der übel trauenden Troß.
Nun red' und rate klug!
Da einst die Bauer der Burg
zum Dank Freia bedangen,
du weißt, nicht anders willigt' ich ein,
als weil auf Pflicht du gelobtest,
zu lösen das hehre Pfand.

LOGE

Mit höchster Sorge drauf zu sinnen,
wie es zu lösen, das - hab' ich gelobt.
Doch, daß ich fände,
was nie sich fügt, was nie gelingt, -
wie ließ sich das wohl geloben?

FRICKA

Sieh, welch trugvollem Schelm du getraut!

FROH

Loge heißt du,
doch nenn' ich dich Lüge!

DONNER

Verfluchte Lohe, dich lösch' ich aus!

LOGE

Ihre Schmach zu decken,
schmähen mich Dumme!

WOTAN

In Frieden laßt mir den Freund!
Nicht kennt ihr Loges Kunst:
reicher wiegt seines Rates Wert,
zahlt er zögernd ihn aus.

FAFNER

Nichts gezögert! Rasch gezahlt!

FASOLT

Lang währt's mit dem Lohn!

WOTAN

Jetzt hör', Störrischer! Halte Stich!
Wo schweiftest du hin und her?

LOGE

Immer ist Undank Loges Lohn!
Für dich nur besorgt, sah ich mich um,
durchstöbert' im Sturm alle Winkel der Welt,
Ersatz für Freia zu suchen,
wie er den Riesen wohl recht.
Umsonst sucht' ich, und sehe nun wohl:
in der Welten Ring nichts ist so reich,
als Ersatz zu muten dem Mann
für Weibes Wonne und Wert!
So weit Leben und Weben,
In Wasser, Erd' und Luft,
viel frug' ich, forschte bei allen,
wo Kraft nur sich rührt, und Keime sich regen:
was wohl dem Manne mächt'ger dünk'.
als Weibes Wonne und Wert?
Doch so weit Leben und Weben,
verlacht nur ward meine fragende List:
in Wasser, Erd' und Luft,
lassen will nichts von Lieb' und Weib.
Nur einen sah' ich, der sagte der Liebe ab:
um rotes Gold entriet er des Weibes Gunst.
Des Rheines klare Kinder
klagten mir ihre Not:
der Nibelung, Nacht-Alberich,
buhlte vergebens um der Badenden Gunst;
das Rheingold da
raubte sich rächend der Dieb:
das dünkt ihn nun das teuerste Gut,
hehrer als Weibes Huld.
Um den gleißenden Tand,
der Tiefe entwandt,
erklang mir der Töchter Klage:
an dich, Wotan, wenden sie sich,
daß zu Recht du zögest den Räuber,
das Gold dem Wasser wieder gebest,
und ewig es bliebe ihr Eigen.
Dir's zu melden, gelobt' ich den Mädchen:
nun löste Loge sein Wort.

WOTAN

Törig bist du, wenn nicht gar tückisch!
Mich selbst siehst du in Not:
wie hülft' ich andern zum Heil?

FASOLT

Nicht gönn' ich das Gold dem Alben;
viel Not schon schuf uns der Niblung,
doch schlau entschlüpfte unserm
Zwange immer der Zwerg.

FAFNER

Neue Neidtat sinnt uns der Niblung,
gibt das Gold ihm Macht. -
Du da, Loge! Sag' ohne Lug:
was Großes gilt denn das Gold,
daß dem Niblung es genügt?

LOGE

Ein Tand ist's in des Wassers Tiefe,
lachenden Kindern zur Lust,
doch ward es zum runden Reife geschmiedet,
hilft es zur höchsten Macht,
gewinnt dem Manne die Welt.

WOTAN

Von des Rheines Gold hört' ich raunen:
Beute-Runen berge sein roter Glanz;
Macht und Schätze schüf ohne Maß ein Reif.

FRICKA

Taugte wohl des goldnen Tandes
gleißend Geschmeid
auch Frauen zu schönem Schmuck?

LOGE

Des Gatten Treu' ertrotzte die Frau,
trüge sie hold den hellen Schmuck,
den schimmernd Zwerge schmieden,
rührig im Zwange des Reifs.

FRICKA

Gewänne mein Gatte sich wohl das Gold?

WOTAN

(wie in einem Zustande wachsenden Bezauberung)

Des Reifes zu walten,
rätlich will es mich dünken.
Doch wie, Loge, lernt' ich die Kunst?
Wie schüf' ich mir das Geschmeid'?

LOGE

Ein Runenzauber zwingt das Gold zum Reif;
keiner kennt ihn;
doch einer übt ihn leicht,
der sel'ger Lieb' entsagt.
Das sparst du wohl; zu spät auch kämst du:
Alberich zauderte nicht.
Zaglos gewann er des Zaubers Macht:
geraten ist ihm der Ring!

DONNER

Zwang uns allen schüfe der Zwerg,
würd' ihm der Reif nicht entrissen.

WOTAN

Den Ring muß ich haben!

FROH

Leicht erringt ohne Liebesfluch er sich jetzt.

LOGE

Spottleicht, ohne Kunst, wie im Kinderspiel!

WOTAN

So rate, wie?

LOGE

Durch Raub!
Was ein Dieb stahl, das stiehlst du dem Dieb;
ward leichter ein Eigen erlangt?
Doch mit arger Wehr wahrt sich Alberich;
klug und fein mußt du verfahren,
ziehst den Räuber du zu Recht,
um des Rheines Töchtern, den roten Tand,
das Gold wiederzugeben;
denn darum flehen sie dich.

WOTAN

Des Rheines Töchtern? Was taugt mir der Rat?

FRICKA

Von dem Wassergezücht mag ich nichts wissen:
schon manchen Mann - mir zum Leid -
verlockten sie buhlend im Bad.

FAFNER

Glaub' mir, mehr als Freia
frommt das gleißende Gold:
auch ew'ge Jugend erjagt,
wer durch Goldes Zauber sie zwingt.
Hör', Wotan, der Harrenden Wort!
Freia bleib' euch in Frieden;
leicht'ren Lohn fand ich zur Lösung:
uns rauhen Riesen genügt
des Niblungen rotes Gold.

WOTAN

Seid ihr bei Sinn?
Was nicht ich besitze,
soll ich euch Schamlosen schenken?

FAFNER

Schwer baute dort sich die Burg;
leicht wird dir's mit list'ger Gewalt
was im Neidspiel nie uns gelang,
den Niblungen fest zu fahn.

WOTAN

Für euch müht' ich mich um den Alben?
Für euch fing' ich den Feind?
Unverschämt und überbegehrlich,
macht euch Dumme mein Dank!

FASOLT

Hieher, Maid! In unsre Macht!
Als Pfand folgst du uns jetzt,
bis wir Lösung empfah'n!

FREIA

Wehe! Wehe! Wehe!

FAFNER

Fort von hier sei sie entführt!
Bis Abend - achtet's wohl -
pflegen wir sie als Pfand;
wir kehren wieder; doch kommen wir,
und bereit liegt nicht als Lösung
das Rheingold licht und rot -

FASOLT

Zu End' ist die Frist dann,
Freia verfallen:
für immer folge sie uns!

FREIA

Schwester! Brüder! Rettet! Helft!

(sie wird von den hastig enteilenden Riesen fortgetragen)

FROH

Auf, ihnen nach!

DONNER

Breche denn alles!

FREIA

Rettet! Helft!

LOGE

Über Stock und Stein zu Tal
stapfen sie hin:
durch des Rheines Wasserfurt
waten die Riesen.
Fröhlich nicht hängt Freia
den Rauhen über dem Rücken! -
Heia! Hei! Wie taumeln die Tölpel dahin!
Durch das Tal talpen sie schon.
Wohl an Riesenheims Mark
erst halten sie Rast. -
Was sinnt nun Wotan so wild?
Den sel'gen Göttern wie geht's?

LOGE

Trügt mich ein Nebel?
Neckt mich ein Traum?
Wie bang und bleich verblüht ihr so bald!
Euch erlischt der Wangen Licht;
der Blick eures Auges verblitzt!
Frisch, mein Froh, noch ist's ja früh!
Deiner Hand, Donner, entsinkt ja der Hammer!
Was ist's mit Fricka? Freut sie sich wenig
ob Wotans grämlichem Grau,
das schier zum Greisen ihn schafft?

FRICKA

Wehe! Wehe! Was ist geschehen?

DONNER

Mir sinkt die Hand!

FROH

Mir stockt das Herz!

LOGE

Jetzt fand' ich's: hört, was euch fehlt!
Von Freias Frucht genosset ihr heute noch nicht.
Die goldnen Äpfel in ihrem Garten,
sie machten euch tüchtig und jung,
aßt ihr sie jeden Tag.
Des Gartens Pflegerin ist nun verpfändet;
an den Ästen darbt und dorrt das Obst,
bald fällt faul es herab. -
Mich kümmert's minder;
an mir ja kargte Freia von je
knausernd die köstliche Frucht:
denn halb so echt nur bin ich wie, Selige, ihr!
Doch ihr setztet alles auf das jüngende Obst:
das wußten die Riesen wohl;
auf eurer Leben legten sie's an:
nun sorgt, wie ihr das wahrt!
Ohne die Äpfel,
alt und grau, greis und grämlich,
welkend zum Spott aller Welt,
erstirbt der Götter Stamm.

FRICKA

Wotan, Gemahl, unsel'ger Mann!
Sieh, wie dein Leichtsinn lachend uns allen
Schimpf und Schmach erschuf!

WOTAN

Auf, Loge, hinab mit mir!
Nach Nibelheim fahren wir nieder:
gewinnen will ich das Gold.

LOGE

Die Rheintöchter riefen dich an:
so dürfen Erhörung sie hoffen?

WOTAN

Schweige, Schwätzer!
Freia, die Gute, Freia gilt es zu lösen!

LOGE

Wie du befiehlst
führ' ich dich gern
steil hinab
steigen wir denn durch den Rhein?

WOTAN

Nicht durch den Rhein!

LOGE

So schwingen wir uns durch die Schwefelkluft.
Dort schlüpfe mit mir hinein!

WOTAN

Ihr andern harrt bis Abend hier:
verlorner Jugend erjag' ich erlösendes Gold!

DONNER

Fahre wohl, Wotan!

FROH

Glück auf! Glück auf!

FRICKA

O kehre bald zur bangenden Frau!

DRITTE SZENE

Nibelheim, unterirdische Kluft
Alberich, Mime, Wotan, Loge

ALBERICH

Hehe! Hehe!
Hieher! Hieher! Tückischer Zwerg!
Tapfer gezwickt sollst du mir sein,
schaffst du nicht fertig, wie ich's bestellt,
zur Stund' das feine Geschmeid'!

MIME

Ohe! Ohe! Au! Au!
Laß mich nur los!
Fertig ist's, wie du befahlst,
mit Fleiß und Schweiß ist es gefügt:
nimm nur die Nägel vom Ohr!

ALBERICH

Was zögerst du dann
und zeigst es nicht?

MIME

Ich Armer zagte,
daß noch was fehle.

ALBERICH

Was wär' noch nicht fertig?

MIME

Hier - und da -

ALBERICH

Was hier und da? Her das Geschmeid'!
Schau, du Schelm! Alles geschmiedet
und fertig gefügt, wie ich's befahl!
So wollte der Tropf schlau mich betrügen?
Für sich behalten das hehre Geschmeid',
das meine List ihn zu schmieden gelehrt?
Kenn' ich dich dummen Dieb?
Dem Haupt fügt sich der Helm:
ob sich der Zauber auch zeigt?
"Nacht und Nebel - niemand gleich!"
Siehst du mich, Bruder?

MIME

Wo bist du? Ich sehe dich nicht.

ALBERICH

So fühle mich doch, du fauler Schuft!
Nimm das für dein Diebesgelüst!

MIME

Ohe, Ohe! Au! Au! Au!

ALBERICH

Hahahahahaha!
Hab' Dank, du Dummer!
Dein Werk bewährt sich gut!
Hoho! Hoho!
Niblungen all', neigt euch nun Alberich!
Überall weilt er nun, euch zu bewachen;
Ruh' und Rast ist euch zerronnen;
ihm müßt ihr schaffen wo nicht ihr ihn schaut;
wo nicht ihr ihn gewahrt, seid seiner gewärtig!
Untertan seid ihr ihm immer!
Hoho! Hoho! Hört' ihn, er naht:
der Niblungen Herr!

LOGE

Nibelheim hier:
Durch bleiche Nebel
was blitzen dort feurige Funken?

MIME

Au! Au! Au!

WOTAN

Hier stöhnt es laut:
was liegt im Gestein?

LOGE

Was Wunder wimmerst du hier?

MIME

Ohe! Ohe! Au! Au!

LOGE

Hei, Mime! Munt'rer Zwerg!
Was zwickt und zwackt dich denn so?

MIME

Laß mich in Frieden!

LOGE

Das will ich freilich,
und mehr noch, hör':
helfen will ich dir, Mime!

MIME

Wer hälfe mir?
Gehorchen muß ich dem leiblichen Bruder,
der mich in Bande gelegt.

LOGE

Dich, Mime, zu binden,
was gab ihm die Macht?

MIME

Mit arger List schuf sich Alberich
aus Rheines Gold einem gelben Reif:
seinem starken Zauber zittern wir staunend;
mit ihm zwingt er uns alle,
der Niblungen nächt'ges Heer.
Sorglose Schmiede, schufen wir sonst wohl
Schmuck unsern Weibern, wonnig Geschmeid',
niedlichen Niblungentand;
wir lachten lustig der Müh'.
Nun zwingt uns der Schlimme,
in Klüfte zu schlüpfen,
für ihn allein uns immer zu müh'n.
Durch des Ringes Gold errät seine Gier,
wo neuer Schimmer in Schachten sich birgt:
da müssen wir spähen, spüren und graben,
die Beute schmelzen und schmieden den Guß,
ohne Ruh' und Rast
dem Herrn zu häufen den Hort.

LOGE

Dich Trägen so eben traf wohl sein Zorn?

MIME

Mich Ärmsten, ach, mich zwang er zum Ärgsten:
ein Helmgeschmeid' hieß er mich schweißen;
genau befahl er, wie es zu fügen.
Wohl merkt' ich klug, welch mächtige Kraft
zu eigen dem Werk, das aus Erz ich wob;
für mich drum hüten wollt' ich dem Helm;
durch seinen Zauber
Alberichs Zwang mich entzieh'n:
vielleicht - ja vielleicht
den Lästigen selbst überlisten,
in meine Gewalt ihn zu werfen,
den Ring ihm zu entreißen,
daß, wie ich Knecht jetzt dem Kühnen
mir Freien er selber dann fröhn!

LOGE

Warum, du Kluger, glückte dir's nicht?

MIME

Ach, der das Werk ich wirkte,
den Zauber, der ihm entzuckt,
den Zauber erriet ich nicht recht!
Der das Werk mir riet und mir's entriß,
der lehrte mich nun,
- doch leider zu spät, -
welche List läg' in dem Helm:
Meinem Blick entschwand er,
doch Schwielen dem Blinden
schlug unschaubar sein Arm.
Das schuf ich mir Dummen schön zu Dank!

LOGE

(zu Wotan)

Gesteh', nicht leicht gelingt der Fang.

WOTAN

Doch erliegt der Feind, hilft deine List!

MIME

Mit eurem Gefrage,
wer seid denn ihr Fremde?

LOGE

Freunde dir; von ihrer Not
befrei'n wir der Niblungen Volk!

MIME

Nehmt euch in acht! Alberich naht.

WOTAN

Sein' harren wir hier.

ALBERICH

Hieher! Dorthin! Hehe! Hoho!
Träges Heer, dort zu Hauf schichtet den Hort!
Du da, hinauf! Willst du voran?
Schmähliches Volk, ab das Geschmeide!
Soll ich euch helfen? Alle hieher!
He! Wer ist dort? Wer drang hier ein?
Mime, zu mir, schäbiger Schuft!
Schwatztest du gar mit dem schweifenden Paar?
Fort, du Fauler!
Willst du gleich schmieden und schaffen?
He! An die Arbeit!
Alle von hinnen! Hurtig hinab!
Aus den neuen Schachten schafft mir das Gold!
Euch grüßt die Geißel, grabt ihr nicht rasch!
Daß keiner mir müßig, bürge mir Mime,
sonst birgt er sich schwer meiner Geißel Schwunge!
Daß ich überall weile, wo keiner mich wähnt,
das weiß er, dünkt mich, genau!
Zögert ihr noch? Zaudert wohl gar?
Zittre und zage, gezähmtes Heer!
Rasch gehorcht des Ringes Herrn!

(zu Wotan und Loge)

Was wollt ihr hier?

WOTAN

Von Nibelheims nächt'gem Land
vernahmen wir neue Mär':
mächtige Wunder wirke hier Alberich;
daran uns zu weiden, trieb uns Gäste die Gier.

ALBERICH

Nach Nibelheim führt euch der Neid:
so kühne Gäste, glaubt, kenn' ich gut!

LOGE

Kennst du mich gut, kindischer Alp?
Nun sag', wer bin ich, daß du so bellst?
Im kalten Loch, da kauern du lagst,
wer gab dir Licht und wärmende Lohe,
wenn Loge nie dir gelacht?
Was hülf' dir dein Schmieden,
heizt' ich die Schmiede dir nicht?
Dir bin ich Vetter, und war dir Freund:
nicht fein drum dünkt mich dein Dank!

ALBERICH

Den Lichtalben lacht jetzt Loge,
der list'ge Schelm:
bist du falscher ihr Freund,
wie mir Freund du einst warst:
haha! Mich freut's!
Von ihnen fürcht' ich dann nichts.

LOGE

So denk' ich, kannst du mir traun?

ALBERICH

Deiner Untreu trau' ich, nicht deiner Treu'!
Doch getrost trotz' ich euch allen!

LOGE

Hohen Mut verleiht deine Macht;
grimmig groß wuchs dir die Kraft!

ALBERICH

Siehst du den Hort,
den mein Heer dort mir gehäuft?

LOGE

So neidlichen sah ich noch nie.

ALBERICH

Das ist für heut, ein kärglich Häufchen:
Kühn und mächtig soll er künftig sich mehren.

WOTAN

Zu was doch frommt dir der Hort,
da freudlos Nibelheim,
und nichts für Schätze hier feil?

ALBERICH

Schätze zu schaffen und Schätze zu bergen,
nützt mir Nibelheims Nacht.
Doch mit dem Hort, in der Höhle gehäuft,
denk' ich dann Wunder zu wirken:
die ganze Welt gewinn' ich mit ihm mir zu eigen!

WOTAN

Wie beginnst du, Gütiger, das?

ALBERICH

Die in linder Lüfte Weh'n da oben ihr lebt,
lacht und liebt: mit goldner Faust
euch Göttliche fang' ich mir alle!
Wie ich der Liebe abgesagt,
alles, was lebt, soll ihr entsagen!
Mit Golde gekirrt,
nach Gold nur sollt ihr noch gieren!
Auf wonnigen Höhn,
in seligem Weben wiegt ihr euch;
den Schwarzalben
verachtet ihr ewigen Schwelger!
Habt acht! Habt acht!
Denn dient ihr Männer erst meiner Macht,
eure schmucken Frau'n, die mein Frei'n verschmäht,
sie zwingt zur Lust sich der Zwerg,
lacht Liebe ihm nicht!
Hahahaha! Habt ihr's gehört?
Habt acht vor dem nächtlichen Heer,
entsteigt des Niblungen Hort
aus stummer Tiefe zu Tag!

WOTAN

Vergeh, frevelnder Gauch!

ALBERICH

Was sagt der?

LOGE

Sei doch bei Sinnen!
Wen doch faßte nicht Wunder,
erfährt er Alberichs Werk?
Gelingt deiner herrlichen List,
was mit dem Horte du heischest:
den Mächtigsten muß ich dich rühmen;
denn Mond und Stern', und die strahlende Sonne,
sie auch dürfen nicht anders,
dienen müssen sie dir.
Doch - wichtig acht' ich vor allem,
daß des Hortes Häufer, der Niblungen Heer,
neidlos dir geneigt.
Einen Reif rührtest du kühn;
dem zagte zitternd dein Volk: -
doch, wenn im Schlaf ein Dieb dich beschlich',
den Ring schlau dir entriss', -
wie wahrtest du, Weiser, dich dann?

ALBERICH

Der Listigste dünkt sich Loge;
andre denkt er immer sich dumm:
daß sein' ich bedürfte zu Rat und Dienst,
um harten Dank,
das hörte der Dieb jetzt gern!
Den hehlenden Helm ersann ich mir selbst;
der sorglichste Schmied,
Mime, mußt' ihn mir schmieden:
schnell mich zu wandeln, nach meinem Wunsch
die Gestalt mir zu tauschen, taugt der Helm.
Niemand sieht mich, wenn er mich sucht;
doch überall bin ich, geborgen dem Blick.
So ohne Sorge
bin ich selbst sicher vor dir,
du fromm sorgender Freund!

LOGE

Vieles sah ich, Seltsames fand ich,
doch solches Wunder gewahrt' ich nie.
Dem Werk ohnegleichen kann ich nicht glauben;
wäre das eine möglich,
deine Macht währte dann ewig!

ALBERICH

Meinst du, ich lüg' und prahle wie Loge?

LOGE

Bis ich's geprüft,
bezweifl' ich, Zwerg, dein Wort.

ALBERICH

Vor Klugheit bläht sich
zum Platzen der Blöde!
Nun plage dich Neid!
Bestimm', in welcher Gestalt
soll ich jach vor dir stehn?

LOGE

In welcher du willst;
nur mach' vor Staunen mich stumm.

ALBERICH

"Riesenwurm winde sich ringelnd!"

LOGE

Ohe! Ohe!
Schreckliche Schlange, verschlinge mich nicht!
Schone Logen das Leben!

WOTAN

Hahaha! Gut, Alberich!
Gut, du Arger!
Wie wuchs so rasch
zum riesigen Wurme der Zwerg!

ALBERICH

Hehe! Ihr Klugen, glaubt ihr mir nun?

LOGE

Mein Zittern mag dir's bezeugen.
Zur großen Schlange schufst du dich schnell:
weil ich's gewahrt,
willig glaub' ich dem Wunder.
Doch, wie du wuchsest,
kannst du auch winzig
und klein dich schaffen?
Das Klügste schien' mir das,
Gefahren schlau zu entfliehn:
das aber dünkt mich zu schwer!

ALBERICH

Zu schwer dir, weil du zu dumm!
Wie klein soll ich sein?

LOGE

Daß die feinste Klinze dich fasse,
wo bang die Kröte sich birgt.

ALBERICH

Pah! Nichts leichter! Luge du her!
"Krumm und grau krieche Kröte!"

LOGE

(zu Wotan)

Dort, die Kröte, greife sie rasch!

(Wotan setzt seinen Fuß auf die Kröte, Loge fährt ihr nach dem Kopfe und hält den Tarnhelm in der Hand. Alberich wird plötzlich in seiner wirklichen Gestalt sichtbar, wie er sich unter Wotans Fuße windet)

ALBERICH

Ohe! Verflucht! Ich bin gefangen!

LOGE

Halt' ihn fest, bis ich ihn band.
Nun schnell hinauf: dort ist er unser!

VIERTE SZENE

Freie Gegend auf Bergeshöhen

Alberich, Wotan, Loge, die übrigen Götter und Göttinnen, Erda, die drei Rheintöchter

LOGE

Da, Vetter, sitze du fest!
Luge Liebster, dort liegt die Welt,
die du Lungrer gewinnen dir willst:
welch Stellchen, sag',
bestimmst du drin mir zu Stall?

ALBERICH

Schändlicher Schächer! Du Schalk! Du Schelm!
Löse den Bast, binde mich los,
den Frevel sonst büßest du Frecher!

WOTAN

Gefangen bist du, fest mir gefesselt,
wie du die Welt, was lebt und webt,
in deiner Gewalt schon wähntest,
in Banden liegst du vor mir,
du Banger kannst es nicht leugnen!
Zu ledigen dich, bedarf 's nun der Lösung.

ALBERICH

O ich Tropf, ich träumender Tor!
Wie dumm traut' ich dem diebischen Trug!
Furchtbare Rache räche den Fehl!

LOGE

Soll Rache dir frommen,
vor allem rate dich frei:
dem gebundnen Manne
büßt kein Freier den Frevel.
Drum, sinnst du auf Rache,
rasch ohne Säumen
sorg' um die Lösung zunächst!

ALBERICH

So heischt, was ihr begehrt!

WOTAN

Den Hort und dein helles Gold.

ALBERICH

Gieriges Gaunergezücht!
Doch behalt' ich mir nur den Ring,
des Hortes entrat' ich dann leicht;
denn von neuem gewonnen
und wonnig genährt
ist er bald durch des Ringes Gebot:
eine Witzigung wär 's,
die weise mich macht;
zu teuer nicht zahl' ich,
lass' für die Lehre ich den Tand.

WOTAN

Erlegst du den Hort?

ALBERICH

Löst mir die Hand, so ruf' ich ihn her.
Wohlan, die Nibelungen rief ich mir nah'.
Ihrem Herrn gehorchend, hör' ich den Hort
aus der Tiefe sie führen zu Tag:
nun löst mich vom lästigen Band!

WOTAN

Nicht eh'r, bis alles gezahlt.

(Die Nibelungen steigen aus der Kluft herauf.)

ALBERICH

O schändliche Schmach!
Daß die scheuen Knechte
geknebelt selbst mich ersch'aun!

(zu den Nibelungen)

Dorthin geführt, wie ich's befehlt'!
All zu Hauf schichtet den Hort!
Helf' ich euch Lahmen?
Hieher nicht gelugt!
Rasch da, rasch!
Dann rührt euch von hinnen,
daß ihr mir schafft!
Fort in die Schachten!
Weh' euch, find' ich euch faul!
Auf den Fersen folg' ich euch nach!
Gezahlt hab' ich;
nun laßt mich zieh'n:
und das Helmgeschmeid',
das Loge dort hält,
das gebt mir nun gütlich zurück!

LOGE

Zur Buße gehört auch die Beute.

ALBERICH

Verfluchter Dieb! Doch nur Geduld!
Der den alten mir schuf, schafft einen andern:
noch halt' ich die Macht, der Mime gehorcht.
Schlimm zwar ist's, dem schlauen Feind
zu lassen die listige Wehr!
Nun denn! Alberich ließ euch alles:
jetzt löst, ihr Bösen, das Band.

LOGE

Bist du befriedigt? Lass' ich ihn frei?

WOTAN

Ein goldner Ring ragt dir am Finger;
hörst du, Alp?
Der, acht' ich, gehört mit zum Hort.

ALBERICH

Der Ring?

WOTAN

Zu deiner Lösung mußt du ihn lassen.

ALBERICH

Das Leben, doch nicht den Ring!

WOTAN

Den Reif' verlang' ich,
mit dem Leben mach', was du willst!

ALBERICH

Lös' ich mir Leib und Leben,
den Ring auch muß ich mir lösen;
Hand und Haupt, Aug' und Ohr
sind nicht mehr mein Eigen,
als hier dieser rote Ring!

WOTAN

Dein Eigen nennst du den Ring?
Rasest du, schamloser Albe?
Nüchtern sag',
wem entnahmst du das Gold,
daraus du den schimmernden schufst?
War's dein Eigen, was du Arger
der Wassertiefe entwandt?
Bei des Rheines Töchtern hole dir Rat,
ob ihr Gold sie zu eigen dir gaben,
das du zum Ring dir geraubt!

ALBERICH

Schmähliche Tücke! Schändlicher Trug!
Wirfst du Schächer die Schuld mir vor,
die dir so wonnig erwünscht?
Wie gern raubtest
du selbst dem Rheine das Gold,
war nur so leicht
die Kunst, es zu schmieden, erlangt?
Wie glückt es nun dir Gleißner zum Heil,
daß der Niblung, ich, aus schmählicher Not,
in des Zornes Zwange,
den schrecklichen Zauber gewann,
dess' Werk nun lustig dir lacht?
Des Unseligen, Angstversehrten
fluchfertige, furchtbare Tat,
zu fürstlichem Tand soll sie fröhlich dir taugen,
zur Freude dir frommen mein Fluch?
Hüte dich, herrischer Gott!
Frevelte ich, so frevelt' ich frei an mir:
doch an allem, was war,
ist und wird,
frevelst, Ewiger, du,
entreißest du frech mir den Ring!

WOTAN

Her der Ring!
Kein Recht an ihm
schwörst du schwatzend dir zu.

ALBERICH

Ha! Zertrümmert! Zerknickt!
Der Traurigen traurigster Knecht!

WOTAN

Nun halt' ich, was mich erhebt,
der Mächtigen mächtigsten Herrn!

LOGE

Ist er gelöst?

WOTAN

Bind' ihn los!

LOGE

Schlüpfe denn heim!
Keine Schlinge hält dich:
frei fahre dahin!

ALBERICH

Bin ich nun frei? Wirklich frei?
So grüß' euch denn
meiner Freiheit erster Gruß! -
Wie durch Fluch er mir geriet,
verflucht sei dieser Ring!
Gab sein Gold mir Macht ohne Maß,
nun zeug' sein Zauber Tod dem, der ihn trägt!
Kein Froher soll seiner sich freun,
keinem Glücklichen lache sein lichter Glanz!
Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge,
und wer ihn nicht hat, den nage der Neid!
Jeder giere nach seinem Gut,
doch keiner genieße mit Nutzen sein!
Ohne Wucher hüt' ihn sein Herr;
doch den Würger zieh' er ihm zu!
Dem Tode verfallen, feßle den Feigen die Furcht:
solang er lebt, sterb' er lechzend dahin,
des Ringes Herr als des Ringes Knecht:
bis in meiner Hand den geraubten wieder ich halte! -
So segnet in höchster Not
der Nibelung seinen Ring!
Behalt' ihn nun, hüte ihn wohl:
meinem Fluch fliehest du nicht!

LOGE

Lauschtest du seinem Liebesgruß?

WOTAN

Gönn' ihm die geifernde Lust!

LOGE

Fasolt und Fafner nahen von fern:
Freia führen sie her.

FROH

Sie kehren zurück!

DONNER

Willkommen, Bruder!

FRICKA

Bringst du gute Kunde?

LOGE

Mit List und Gewalt gelang das Werk:
dort liegt, was Freia löst.

DONNER

Aus der Riesen Haft naht dort die Holde.

FROH

Wie liebliche Luft wieder uns weht,
wonnig' Gefühl die Sinne erfüllt!
Traurig ging es uns allen,
getrennt für immer von ihr,
die leidlos ewiger Jugend
jubelnde Lust uns verleiht.

FRICKA

Lieblichste Schwester, süßeste Lust!
Bist du mir wieder gewonnen?

FASOLT

Halt! Nicht sie berührt!
Noch gehört sie uns.
Auf Riesenheims ragender Mark
rasteten wir; mit treuem Mut
des Vertrages Pfand pflegten wir.
So sehr mich's reut, zurück doch bring' ich's,
erlegt uns Brüdern die Lösung ihr.

WOTAN

Bereit liegt die Lösung:
des Goldes Maß sei nun gütlich gemessen.

FASOLT

Das Weib zu missen, wisse, gemutet mich weh:
soll aus dem Sinn sie mir schwinden
des Geschmeides Hort häufet denn so,
daß meinem Blick die Blühende ganz er verdeck'!

WOTAN

So stellt das Maß nach Freias Gestalt!

FAFNER

Gepflanzt sind die Pfähle nach Pfandes Maß;
Gehäuft nun füll' es der Hort!

WOTAN

Eilt mit dem Werk: widerlich ist mir's!

LOGE

Hilf mir, Froh!

FROH

Freias Schmach eil' ich zu enden.

FAFNER

Nicht so leicht und locker gefügt!
Fest und dicht füll' er das Maß.
Hier lug' ich noch durch:
verstopft mir die Lücken!

LOGE

Zurück, du Grober!

FAFNER

Hierher!

LOGE

Greif' mir nichts an!

FAFNER

Hierher! Die Klinze verklemmt!

WOTAN

Tief in der Brust brennt mir die Schmach!

FRICKA

Sieh, wie in Scham schmählich die Edle steht:
um Erlösung fleht stumm der leidende Blick.
Böser Mann! Der Minnigen botest du das!

FAFNER

Noch mehr! Noch mehr hierher!

DONNER

Kaum halt' ich mich: schäumende Wut
weckt mir der schamlose Wicht!
Hierher, du Hund! Willst du messen,
so miß dich selber mit mir!

FAFNER

Ruhig, Donner! Rolle, wo's taugt:
hier nützt dein Rasseln dir nichts!

DONNER

Nicht dich Schmähl'chen zu zerschmettern?

WOTAN

Friede doch!
Schon dünkt mich Freia verdeckt.

LOGE

Der Hort ging auf.

FAFNER

Noch schimmert mir Holdas Haar:
dort das Gewirk wirf auf den Hort!

LOGE

Wie? Auch den Helm?

FAFNER

Hurtig, her mit ihm!

WOTAN

Laß ihn denn fahren!

LOGE

So sind wir denn fertig!
Seid ihr zufrieden?

FASOLT

Freia, die Schöne, schau' ich nicht mehr:
so ist sie gelöst? Muß ich sie lassen?
Weh! Noch blitzt ihr Blick zu mir her;
des Auges Stern strahlt mich noch an:
durch eine Spalte muß ich's erspäh'n.
Seh' ich dies wonnige Auge,
von dem Weibe lass' ich nicht ab!

FAFNER

He! Euch rat' ich,
verstopft mir die Ritze!

LOGE

Nimmersatte! Seht ihr denn nicht,
ganz schwand uns der Hort?

FAFNER

Mitnichten, Freund! An Wotans Finger
glänzt von Gold noch ein Ring:
den gebt, die Ritze zu füllen!

WOTAN

Wie! Diesen Ring?

LOGE

Laßt euch raten!
Den Rheintöchtern gehört dies Gold;
ihnen gibt Wotan es wieder.

WOTAN

Was schwatztest du da?
Was schwer ich mir erbeutet,
ohne Bangen wahr' ich's für mich!

LOGE

Schlimm dann steht's um mein Versprechen,
das ich den Klagenden gab!

WOTAN

Dein Versprechen bindet mich nicht;
als Beute bleibt mir der Reif.

FAFNER

Doch hier zur Lösung mußt du ihn legen.

WOTAN

Fordert frech, was ihr wollt,
alles gewähr' ich;
um alle Welt,
doch nicht fahren lass' ich den Ring!

FASOLT

Aus denn ist's, beim Alten bleibt's;
nun folgt uns Freia für immer!

FREIA

Hilfe! Hilfe!

FRICKA

Harter Gott, gib ihnen nach!

FROH

Spare das Gold nicht!

DONNER

Spende den Ring doch!

WOTAN

Laßt mich in Ruh'! Den Reif geb' ich nicht!

(Erda wird sichtbar)

ERDA

Weiche, Wotan! Weiche!
Flieh' des Ringes Fluch!
Rettungslos dunklem Verderben
weiht dich sein Gewinn.

WOTAN

Wer bist du, mahnendes Weib?

ERDA

Wie alles war - weiß ich;
wie alles wird, wie alles sein wird,
seh' ich auch, -
der ew'gen Welt Ur-Wala,
Erda, mahnt deinen Mut. Drei der Töchter,
ur-erschaff'ne, gebar mein Schoß;
was ich sehe, sagen dir nächtlich die Nornen.
Doch höchste Gefahr führt mich heut'
selbst zu dir her.
Höre! Höre! Höre!
Alles was ist, endet.
Ein düst'rer Tag dämmert den Göttern:
dir rat' ich, meide den Ring!

WOTAN

Geheimnis-hehr
hallt mir dein Wort:
weile, daß mehr ich wisse!

ERDA

Ich warnte dich; du weißt genug:
sinn' in Sorg' und Furcht!

(Erda verschwindet)

WOTAN

Soll ich sorgen und fürchten,
dich muß ich fassen, alles erfahren!

FRICKA

Was willst du, Wütender?

FROH

Halt' ein, Wotan!
Scheue die Edle, achte ihr Wort!

DONNER

Hört, ihr Riesen! Zurück, und harret:
das Gold wird euch gegeben.

FREIA

Darf ich es hoffen?
Dünkt euch Holda wirklich der Lösung wert?

WOTAN

Zu mir, Freia! Du bist befreit.
Wieder gekauft kehr' uns die Jugend zurück!
Ihr Riesen, nehmt euren Ring!

(Fafner breitet sogleich einen ungeheuren Sack aus und macht sich über den Hort her, um ihn da hineinzuschichten)

FASOLT

Halt, du Gieriger! Gönne mir auch was!
Redliche Teilung taugt uns beiden.

FAFNER

Mehr an der Maid als am Gold
lag dir verliebtem Geck:
mit Müh' zum Tausch vermocht' ich dich Toren;
Ohne zu teilen, hättest du Freia gefreit:
teil' ich den Hort,
billig behalt' ich die größte Hälfte für mich.

FASOLT

Schändlicher du! Mir diesen Schimpf?

(zu den Göttern)

Euch ruf' ich zu Richtern:
teilet nach Recht uns redlich den Hort!

LOGE

Den Hort laß ihn raffen;
halte du nur auf den Ring!

FASOLT

Zurück! Du Frecher! Mein ist der Ring;
mir blieb er für Freias Blick!

FAFNER

Fort mit der Faust! Der Ring ist mein!

FASOLT

Ich halt' ihn, mir gehört er!

FAFNER

Halt' ihn fest, daß er nicht fall'!

(Er streckt Fasolt mit einem Streiche zu Boden, dem Sterbenden entreißt er dann hastig den Ring)

FAFNER

Nun blinzle nach Freias Blick!
An den Reif rührst du nicht mehr!

(Fafner steckt den Ring in den Sack und rafft dann gemächlich den Hort vollends ein)

WOTAN

Furchtbar nun erfind' ich des Fluches Kraft!

LOGE

Was gleicht, Wotan, wohl deinem Glücke?
Viel erwarb dir des Ringes Gewinn;
daß er nun dir genommen, nützt dir noch mehr:
deine Feinde - sieh - fällen sich selbst
um das Gold, das du vergabst.

WOTAN

Wie doch Bangen mich bindet!
Sorg' und Furcht fesseln den Sinn:
wie sie zu enden, lehre mich Erda:
zu ihr muß ich hinab!

FRICKA

Wo weilst du, Wotan?
Winkt dir nicht hold die hehre Burg,
die des Gebieters gastlich bergend nun harrt?

WOTAN

Mit bösem Zoll zahlt' ich den Bau.

DONNER

Schwüles Gedünst schwebt in der Luft;
lästig ist mir der trübe Druck!
Das bleiche Gewölk
samml' ich zu blitzendem Wetter,
das fegt den Himmel mir hell.
He da! He da! He do!
Zu mir, du Gedüft! Ihr Dünste, zu mir!
Donner, der Herr, ruft euch zu Heer!
Auf des Hammers Schwung schwebet herbei!
Dunstig Gedämpf! Schwebend Gedüft!
Donner, der Herr, ruft euch zu Heer!
He da! He da! He do!

(zu Froh)

Bruder, hieher! Weise der Brücke den Weg!

FROH

Zur Burg führt die Brücke,
leicht, doch fest eurem Fuß:
beschreitet kühn ihren schrecklosen Pfad!

WOTAN

Abendlich strahlt der Sonne Auge;
in prächtiger Glut prangt glänzend die Burg.
In des Morgens Scheine mutig erschimmernd,
lag sie herrenlos, hehr verlockend vor mir.
Von Morgen bis Abend, in Müh' und Angst,
nicht wonnig ward sie gewonnen!
Es naht die Nacht: vor ihrem Neid
biete sie Bergung nun.
So grüß' ich die Burg,
sicher vor Bang' und Grau'n!
Folge mir, Frau:
in Walhall wohne mit mir!

FRICKA

Was deutet der Name?
Nie, dünkt mich, hört' ich ihn nennen.

WOTAN

Was, mächtig der Furcht,
mein Mut mir erfand,
wenn siegend es lebt,
leg' es den Sinn dir dar!

LOGE

Ihrem Ende eilen sie zu,
die so stark in Bestehen sich wähnen.
Fast schäm' ich mich, mit ihnen zu schaffen;
zur leckenden Lohe mich wieder zu wandeln,
spür' ich lockende Lust:
sie aufzuzehren, die einst mich gezähmt,
statt mit den Blinden blöd zu vergehn,
und wären es göttlichste Götter!
Nicht dumm dünkte mich das!
Bedenken will ich's: wer weiß, was ich tu'!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Rheingold! Rheingold! Reines Gold!
Wie lauter und hell leuchtest hold du uns!
Um dich, du klares, wir nun klagen:
gebt uns das Gold!
O gebt uns das reine zurück!

WOTAN

Welch' Klagen klingt zu mir her?

LOGE

Des Rheines Kinder beklagen des Goldes Raub!

WOTAN

Verwünschte Nicker! Wehre ihrem Geneck!

LOGE

Ihr da im Wasser, was weint ihr herauf?
Hört, was Wotan euch wünscht!
Glänzt nicht mehr euch Mädchen das Gold,
in der Götter neuem Glanze
sonnt euch selig fortan!

DIE DREI RHEINTÖCHTER

Rheingold! Rheingold! Reines Gold!
O leuchtete noch in der Tiefe dein laut'rer Tand!
Traulich und treu ist's nur in der Tiefe:
falsch und feig ist, was dort oben sich freut!