Last updated: Feb. 13, 1997
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An die ferne Geliebte, op. 98

Liederkreis by Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Text by Alois Jeitteles (1764-1858)

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1.

 
 Auf dem Huegel sitz ich spaehend
 In das blaue Nebelland,
 Nach den fernen Triften sehend,
 Wo ich dich, Geliebte, fand.
 
 Weit bin ich von dir geschieden,
 Trennend liegen Berg und Tal
 Zwischen uns und unserm Frieden,
 Unserm Glueck und unsrer Qual.
 
 Ach, den Blick kannst du nicht sehen,
 Der zu dir so gluehend eilt,
 Und die Seufzer, sie verwehen
 In dem Raume, der uns teilt.
 
 Will denn nichts mehr zu dir dringen,
 Nichts der Liebe Bote sein?
 Singen will ich, Lieder singen,
 Die dir klagen meine Pein!
 
 Denn vor Liebesklang entweichet
 Jeder Raum und jede Zeit,
 Und ein liebend Herz erreichet
 Was ein liebend Herz geweiht!
 

2.

 
 Wo die Berge so blau
 Aus dem nebligen Grau
 Schauen herein,
 Wo die Sonne verglueht,
 Wo die Wolke umzieht,
 Moechte ich sein!
 
 Dort im ruhigen Tal
 Schweigen Schmerzen und Qual.
 Wo im Gestein
 Still die Primel dort sinnt,
 Weht so leise der Wind,
 Moechte ich sein!
 
 Hin zum sinnigen Wald
 Draengt mich Liebesgewalt,
 Innere Pein.
 Ach, mich zoeg's nicht von hier,
 Koennt ich, Traute, bei dir
 Ewiglich sein!
 

3.

 
 Leichte Segler in den Hoehen,
 Und du, Baechlein klein und schmal,
 Koennt mein Liebchen ihr erspaehen,
 Gruesst sie mir viel tausendmal.
 
 Seht ihr, Wolken, sie dann gehen 
 Sinnend in dem stillen Tal,
 Lasst mein Bild vor ihr entstehen
 In dem luft'gen Himmelssaal.
 
 Wird sie an den Bueschen stehen,
 Die nun herbstlich falb und kahl.
 Klagt ihr, wie mir ist geschehen,
 Klagt ihr, Voeglein, meine Qual.
 
 Stille Weste, bringt im Wehen
 Hin zu meiner Herzenswahl
 Meine Seufzer, die vergehen
 Wie der Sonne letzter Strahl.
 
 Fluestr' ihr zu mein Liebesflehen,
 Lass sie, Baechlein klein und schmal,
 Treu in deinen Wogen sehen
 Meine Traenen ohne Zahl!
 

4.

 
 Diese Wolken in den Hoehen,
 Dieser Voeglein muntrer Zug,
 Werden dich, o Huldin, sehen.
 Nehmt mich mit im leichten Flug!
 
 Diese Weste werden spielen
 Scherzend dir um Wang' und Brust,
 In den seidnen Locken wuehlen.
 Teilt ich mit euch diese Lust!
 
 Hin zu dir von jenen Huegeln
 Emsig dieses Baechlein eilt.
 Wird ihr Bild sich in dir spiegeln,
 Fliess zurueck dann unverweilt!
 

5.

 
 Es kehret der Maien, es bluehet die Au,
 Die Luefte, sie wehen so milde, so lau,
 Geschwaetzig die Baeche nun rinnen.
 
 Die Schwalbe, die kehret zum wirtlichen Dach,
 Sie baut sich so emsig ihr braeutlich Gemach,
 Die Liebe soll wohnen da drinnen.
 
 Sie bringt sich geschaeftig von kreuz und von quer
 Manch weicheres Stueck zu dem Brautbett hieher,
 Manch waermendes Stueck fuer die Kleinen.
 
 Nun wohnen die Gatten beisammen so treu,
 Was Winter geschieden, verband nun der Mai,
 Was liebet, das weiss er zu einen.
 
 Es kehret der Maien, es bluehet die Au.
 Die Luefte, sie wehen so milde, so lau.
 Nur ich kann nicht ziehen von hinnen.
 
 Wenn alles, was liebet, der Fruehling vereint,
 Nur unserer Liebe kein Fruehling erscheint,
 Und Traenen sind all ihr Gewinnen.
 

6.

 
 Nimm sie hin denn, diese Lieder,
 Die ich dir, Geliebte, sang,
 Singe die dann abends wieder
 Zu der Laute suessem Klang.
 
 Wenn das Daemmrungsrot dann zieht
 Nach dem stillen blauen See,
 Und sein letzter Strahl vergluehet
 Hinter jener Bergeshoeh;
 
 Und du singst, was ich gesungen,
 Was mir aus der vollen Brust
 ohne Kunstgepraeng erklungen,
 Nur der Sehnsucht sich bewusst:
 
 Dann vor diesen Liedern weichet
 Was geschieden uns so weit,
 Und ein liebend Herz erreichet
 Was ein liebend Herz geweiht.
 

Input by: Emily Ezust, mindel@cs.mcgill.ca

-- Emily Ezust (mindel@cs.mcgill.ca) McGill University, School of Computer Science http://www.cs.mcgill.ca/~mindel