Last Updated: Jan. 30, 2001
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Geschwinde, ihr wirbelnden Winde
Der Streit zwischen Phoebus und Pan (BWV 201)

 

1. CHOR
Geschwinde,
Ihr wirbelnden Winde,
Auf einmal zusammen zur Höhle hinein.
Daß das Hin- und Widerschallen
Selbst dem Echo mag gefallen
Und den Lüften lieblich sein.
2. REZITATIV
Sopran
Baß I, II
Phoebus
Und du bist doch so unverschämt und frei,
Mir in das Angesicht zu sagen,
Daß dein Gesang
Viel herrlicher als meiner sei?

Pan
Wie kannst du doch so lange fragen?
Der ganze Wald bewundert meinen Klang,
Das Nymphenchor,
Das mein von mir erfundnes Rohr
Von sieben wohl gesetzten Stufen
Zu tanzen öfters aufgerufen,
Wird dir von selbsten zugestehn,
Pan singt vor allen andern schön.

Phoebus
Vor Nymphen bist du recht,
Allein, die Götter zu vergnügen,
Ist deine Flöte viel zu schlecht.

Pan
So bald mein Ton die Luft erfüllt,
So hüpfen die Berge, so tanzet das Wild,
So müssen sich die Zweige biegen,
Und unter denen Sternen
Geht ein entzücktes Springen für,
Die Vögel setzen sich zu mir
Und wollen von mir singen lernen.

Momus
Ei, hört mir doch den Pan,
Den großen Meistersänger an.

3. ARIE
Sopran
Momus
Patron, das macht der Wind,
Daß man prahlt und hat kein Geld,
Daß man das für Wahrheit hält,
Was nur in die Augen fällt,
Daß die Toren weise sind,
Daß das Glücke selber blind,
Patron, das macht der Wind.

4. REZITATIV
Alt
Baß I, II
Mercurius
Was braucht ihr euch zu zanken?
Ihr weichet doch einander nicht,
Nach meinen wenigen Gedanken,
So wähle sich ein jedes einen Mann,
Der zwischen euch das Urteil spricht,
Laßt sehn, wer fällt euch ein?

Phoebus
Der Tmolus soll mein Richter sein.

Pan
Und Midas sei auf meiner Seite.

Mercurius
So tretet her, ihr lieben Leute,
Hört alles fleißig an
Und merket, wer das Beste kann.

5. ARIE
Baß I
Phoebus
Mit Verlangen
Drück ich deine zarte Wangen,
Holder, schöner Hyazinth.
Und dein Augen küß ich gerne,
Weil sie meine Morgensterne
Und der Seelen Sonne sind
6. REZITATIV
Sopran
Baß II
Momus
Pan, rücke deine Kehle nun
In wohl gestimmte Falten.

Pan
Ich will mein Bestes tun
Und mich noch herrlicher als Phoebus halten.

7. ARIE
Baß II
Pan
Zu Tanze, zu Sprunge,
So wackelt das Herz.
Wenn der Ton zu mühsam klingt
Und der Mund gebunden singt,
So erweckt es keinen Scherz.
8. REZITATIV
Alt
Tenor I
Mercurius
Nunmehro Richter her!

Tmolus
Das Urteil fällt mir gar nicht schwer,
Die Wahrheit wird es selber sagen,
Daß Phoebus hier den Preis davon getragen.
Pan singet vor dem Wald,
Die Nymphen kann er wohl ergötzen,
Jedoch, so schön als Phoebus Klang erschallt,
Ist seine Flöte nicht zu schätzen.

9. ARIE
Tenor I
Tmolus
Phoebus, deine Melodei
Hat die Anmut selbst geboren.
Aber wer die Kunst versteht,
Wie dein Ton verwundernd geht,
Wird darbei aus sich verloren.
10. REZITATIV
Tenor II
Baß II
Pan
Komm, Midas, sage du nun an,
Was ich getan.

Midas
Ach, Pan, wie hast du mich gestärkt,
Dein Lied hat mir so wohl geklungen,
Daß ich es mir auf einmal gleich gemerkt.
Nun geh ich hier in Grünen auf und nieder
Und lern es denen Bäumen wieder,
Der Phoebus macht es gar zu bunt,
Allein, dein allerliebster Mund
Sang leicht und ungezwungen.

11. ARIE
Tenor II
Midas
Pan ist Meister, laßt ihn gehn!
Phoebus hat das Spiel verloren;
Denn nach meinen beiden Ohren
Singt er unvergleichlich schön.
12. REZITATIV
Sopran
Alt
Tenor I, II
Baß I, II
Momus
Wie, Midas, bist du toll?

Mercurius
Wer hat dir den Verstand verrückt?

Tmolus
Das dacht ich wohl, daß du so ungeschickt!

Phoebus
Sprich, was ich mit dir machen soll,
Verkehr ich dich in Raben,
Soll ich dich schinden oder schaben?

Midas
Ach, plaget mich doch nicht so sehre,
Es viel mir ja
Also in mein Gehöre.

Phoebus
Sieh da,
So sollst du Eselsohren haben.

Mercurius
Das ist der Lohn
Der tollen Ehrbegierigkeit.

Pan
Ei, warum hast du diesen Streit
Auf leichte Schultern übernommen?

Midas
Wie ist mir die Kommission
So schlecht bekommen?

13. ARIE
Alt
Mercurius
Aufgeblasne Hitze
Aber wenig Grütze
Kriegt die Schellenmütze
Endlich aufgesetzt.
Wer das Schiffen nicht versteht
Und doch an das Ruder geht,
Ertrinket mit Schaden und Schanden zuletzt.
14. REZITATIV
Sopran
Momus
Du guter Midas, geh nun hin
Und lege dich in deinem Walde nieder;
Doch tröste dich in deinem Sinn,
Du hast noch mehr dergleichen Brüder,
Der Unverstand und Unvernunft
Will itzt der Weisheit Nachbar sein,
Man urteilt in den Tag hinein,
Und die so tun,
Gehören all in deine Zunft.
Ergreife, Phoebus, nun
Die Leier wieder,
Es ist nichts lieblicher als deine Lieder.

15. CHOR
Labt das Herz, ihr holden Saiten,
Stimmet Kunst und Anmut an.
Laßt euch meistern, laßt euch höhnen,
Sind doch euren süßen Tönen
Selbst die Götter zugetan.


Initially input Pothárn Imre (potimi@matavnet.hu).