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Szene I

Volk
Ah, ah! Brav! Herrlich getroffen!

Max
Glück zu, Bauer!

Bauern
Viktoria! Viktoria!
Der Meister soll leben,
Der wacker dem Sternlein den Rest hat gegeben!
Ihm gleichet kein Schütz von fern und von nah!
Viktoria! Viktoria! Viktoria!

Max
Immer frisch! Schreit! Schreit!
War ich denn blind? Sind denn die Sehnen dieser Faust erschlafft?

Kilian
Schau der Herr mich an als König!
Dünkt Ihm meine Macht zu wenig?
Gleich zieh Er den Hut, Mosje!
Wird Er, frag ich, he, he, he?

Volk
Wird Er - frag ich? Wird Er - frag ich?
Gleich zieh Er den Hut, Mosje!

Kilian
Stern und Strauß trag ich vorm Leibe!
Kantors Sepherl trägt die Scheibe!
Hat Er Augen nun, Mosje?
Was traf Er denn, he, he, he?

Kilian
Darf ich etwa Eure Gnaden
's nächste Mal zum Schießen laden?
Er gönnt andern was, Mosje!
Nun, Er kommt doch, he, he, he?

Max
Laßt mich zufrieden oder. . .!

Szene II

Kuno
Was gibt's hier? Wer untersteht sich, meinen Burschen anzutasten?

Kilian
Alles in Güte und Liebe, werter Herr Erbförster, gar nicht böse gemeint! Es ist Herkommen bei uns, daß, wer stets gefehlt hat, vom Königsschuß ausgeschlossen und dann ein wenig gehänselt wird - alles in Güte und Liebe.

Kuno
Stets gefehlt? Max! Max! Ist's möglich? Du, sonst der beste Schütze weit und breit! Seit vier Wochen hast du keine Feder nach Hause gebracht, und auch jetzt. . .?

Kaspar
Glaube mir, Kamerad: es hat dir jemand einen Weidmann gesetzt, und den mußt du lösen, oder du triffst keine Klaue.

Kuno
Possen!

Kaspar
Laß dir raten, Kamerad! Geh nächsten Freitag auf einen Kreuzweg, zieh mit dem Ladestock oder einem blutigen Degen einen Kreis um dich und rufe dreimal den großen Jäger...

Kuno
Schweig, vorlauter Bube! Du bist ein Tagedieb, ein Schlemmer, ein falscher Würfler... hüte dich, daß ich nicht noch Ärgeres von dir denke. Max, sieh dich vor! Ich bin dir wie ein Vater gewogen; es freut mich, daß der Herr Fürst Sohnesrecht auf den Eidam übertragen will, aber, wenn du morgen beim Probeschuß fehltest, müßt' ich dir doch das Mädchen versagen.

Max
Morgen! Morgen schon!

Einige Jägern
Was ist das eigentlich mit dem Probeschusse? Schon oft haben wir davon gehört.

Kuno
Mein Urältervater, der noch im Forsthause abgebildet steht, hieß Kuno, wie ich, und war fürstlicher Leibschütz. Einst trieben die Hunde einen Hirschen heran, auf dem ein Mensch angeschmiedet war - so bestrafte man in alten Zeiten die Waldfrevler. Dieser Anblick erregte das Mitleid des damaligen Fürsten. Er versprach demjenigen, welcher den Hirsch erlege, ohne den Missetäter zu verwunden, eine Erbförsterei und zur Wohnung das nah gelegene Waldschlößchen. Der wackere Leibschütz besann sich nicht lange. Er legte an und der Hirsch stürzte, und der Wilddieb war, obwohl im Gesicht vom Dorngebüsch zerkratzt, doch im übrigen unversehrt.

Volk
Das war ein Meisterschuß!

Kuno
Auch mein Urvater freute sich sehr, und der Fürst erfüllte in allem seine Zusage.

Kilian
Also davon schreibt sich der Probeschuß her, Nachbarn und Freunde. Nun weiß man's doch auch!

Kuno
Hört noch das Ende! Es ging damals wie jetzt, daß der böse Feind immer Unkraut unter den Weizen sät. Kunos Neider wußten es an den Fürsten zu bringen, der Schuß sei mit Zauberei geschehen, Kuno habe nicht gezielt, sondern eine Freikugel geladen.

Kaspar
Dacht' ich's doch! Hilf zu, Samiel!

Kilian
Eine Freikugel? Das sind Schlingen des bösen Feindes; meine Großmutter hat mir's einmal erklärt. Sechse treffen, die siebente gehört dem Bösen; der kann hinführen, wohin's ihm beliebt.

Kaspar
Alfanzerei! Nichts als Naturkräfte!

Kuno
Aus diesem Grunde machte der Fürst bei der Stiftung den Zusatz: "Daß jeder von Kunos Nachfolgern zuvor einen Probeschuß ablege, schwer oder leicht, wie es der regierende Fürst anzubefehlen geruhe". Doch genug nun! Wir wollen uns auf den Weg machen! Du aber, Max, magst noch einmal zu Hause nachsehen, ob sämtliche Treibleute angelangt sind. Nimm dich zusammen! Der Weidmann, der dir gesetzt ist, mag die Liebe sein. Noch vor Sonnenaufgang erwarte ich dich beim Hoflager.

(Terzett und Chor)

Max
Oh, diese Sonne,
Furchtbar steigt sie mir empor!

Kuno
Leid oder Wonne,
Beides ruht in deinem Rohr!

Max
Ach, ich muß verzagen,
Daß der Schuß gelingt!

Kuno
Dann mußt du entsagen!

Kaspar
Nur ein keckes Wagen
Ist's, was Glück erringt!

Max
Agathen entsagen,
Wie könnt' ich's ertragen?
Doch mich verfolget Mißgeschick!

Chor
Seht, wie düster ist sein Blick!
Ahnung scheint ihn zu durchbeben!

Jägern
O laß Hoffnung dich beleben,
Und vertraue dem Geschick!

Max
Weh mir! Mich verließ das Glück!
Unsichtbare Mächte grollen,
Bange Ahnung füllt die Brust!
Nimmer trug' ich den Verlust!

Kuno
So's des Himmels Mächte wollen,
Dann trag männlich den Verlust!

Kaspar
Mag Fortunas Kugel rollen;
Wer sich höhrer Kraft bewußt,
Trotzt dem Wechsel und Verlust!

Chor
Nein, nein, nimmer trüg' er den Verlust!
Nein!

Kuno
Mein Sohn, nur Mut!
Wer Gott vertraut, baut gut!
Jetzt auf! In Bergen und Klüften
Tobt morgen der freudige Krieg!

Jägern
Das Wild in Fluren und Triften,
Der Aar in Wolken und Lüften
Ist unser, und unser der Sieg!

Bauern
Laßt lustig die Hörner erschallen!

Jägern
Wir lassen die Hörner erschallen!

Alle
Wenn wiederum Abend ergraut,
Soll Echo und Felsenwand hallen:
Sa! Hussa, dem Bräut'gam, der Braut!

Szene III

Kilian
Ein braver Mann, der Herr Förster! Kommt auch in den Schenkgiebel, es wird schon recht dämmrig und schaurig. Wir wollen gute Freunde bleiben, wackerer Bursch! Ich gönne Ihm morgen das beste Glück! Jetzt schlag Er sich die Grillen aus dem Kopf, nehm Er ein Mädchen und tanz Er mit!

Max
Ja, es wär' mir wie tanzen!

Kilian
Nun, wie's beliebt!

Szene IV

Max
(Rezitativ)
Nein, länger trag ich nicht die Qualen,
Die Angst, die jede Hoffnung raubt!
Für welche Schuld muß ich bezahlen?
Was weiht dem falschen Glück mein Haupt?
(Arie)
Durch di Wälder, durch die Auen
Zog ich leichten Muts dahin;
Alles, was ich konnt' erschauen,
War des sichern Rohrs Gewinn.
Abends bracht' ich reiche Beute,
Und wie über eignes Glück,
Drohend wohl dem Mörder, freute
Sich Agathes Liebesblick!
(Rezitativ)
Hat denn der Himmel mich verlassen?
Die Vorsicht ganz ihr Aug' gewandt?
Soll das Verderben mich erfassen?
Verfiel ich in des Zufalls Hand?
(Arie)
Jetzt ist wohl ihr Fenster offen,
Und sie horcht auf meinen Schritt,
Läßt nicht ab vom treuen Hoffen:
Max bringt gute Zeichen mit!
Wenn sich rauschend Blätter regen,
Wähnt sie wohl, es sei mein Fuß;
Hüpft vor Freuden, winkt entgegen...
Nur dem Laub, nur dem Laub den Liebesgruß.
Doch mich umgarnen finstre Mächte!
Mich faßt Verzweiflung, foltert Spott!
O dringt kein Strahl durch diese Nächte?
Herrscht blind das Schicksal? Lebt kein Gott?
Mich faßt Verzweiflung, foltert Spott!

Szene V

Kaspar
Da bist du ja noch, Kamerad. Ich kann's nicht verschmerzen, daß du hier zum Spott der Bauern geworden bist. Teufel, die mögen gelacht haben! Ha, ha, ha! Was hilft's? Schlag dir's aus den Gedanken, Bruderherz!
Wie? Was? Bier hast du? Das taugt nicht zum Sorgenbrecher! Wein! Zwei Paßgläser! Kamerad, und kostete es mich den letzten Heller, ich kann dich nicht so traurig sehen! Du mußt mit mir trinken!

Max
Ich mag aber nichts.

Kaspar
Der Herr Förster soll leben!
Die Gesundheit deines Lehrherrn wirst du doch mittrinken?

Max
So sei's!

Kaspar
Nun laß uns eins singen!
(Lied)
Hier im ird'schen Jammertal
Wär' doch nichts als Plack und Qual,
Trüg' der Stock nicht Trauben;
Darum bis zum letzten Hauch
Setz ich auf Gott Bacchus' Bauch
Meinen festen Glauben!
Ei, du mußt mitsingen!

Max
Laß mich!

Kaspar
Jungfer Agathe soll leben! Wer die Gesundheit seiner Braut ausschlüg', wär' doch wahrlich ein Schuft!

Max
Du wirst unverschämt.

Kaspar
Eins ist eins und drei sind drei!
Drum addiert noch zweierlei
Zu dem Saft der Reben;
Kartenspiel und Würfellust
Und ein Kind mit runder Brust
Hilft zum ew'gen Leben!
Mit dir ist aber auch gar nichts anzufangen! Unser Herr Fürst soll leben! Wer nicht dabei ist, wär' ein Judas!

Max
Nun denn, aber dann auch keinen Tropfen mehr!

Kaspar
Ohne dies Trifolium
Gibt's kein wahres Gaudium
Seit dem ersten Übel.
Fläschchen sein mein Abc,
Würfel, Karte, Katherle
Meine Bilderfibel!

Max
Elender! Agathe hat recht, wenn sie mich immer vor dir warnt.

Kaspar
Willst du schon nach Hause?

Max
Ja, es wird Zeit. Das schlug sieben!

Kaspar
Bleib noch und laß dir raten! Dir könnte gar wohl geholfen werden!

Max
Mir geholfen?

Kaspar
Wie wär's, Kamerad, wenn ich dir noch heute zu einem recht glücklichen Schuß verhülfe, der Agathe beruhigte und zugleich euer morgendes Glück verbürgte? Da, nimm meine Büchse.

Max
Was soll ich damit?

Kaspar
Geduld! Zeigt sich denn nichts? Da, da! Siehst du den Stößer dort? Schieß!

Max
Bist du ein Narr? Es ist ganz düster, der Vogel schwebt wie ein schwarzer Punkt in der Luft, wolkenhoch über der Schußweite!

Kaspar
Schieß in T - Schellobers Namen! Ha, ha!

Max
Was lachst du? Wie Fittiche der Unterwelt kreist's dort oben... Was ist das?

Kaspar
Der größte Steinadler, den es gibt! Was für Fänge, und wie herrlich getroffen! Das wird dich bei den Bauern in Respekt setzen! Das wird Agathe erfreuen! So, Kamerad, dies als Siegeszeichen.

Max
Kaspar, ich bitte dich, ich beschwöre dich! Kaspar, ich bring dich um! Sag, was war das für eine Kugel?

Kaspar
Laß mich los! Sag mir, du, der wackerste Jäger, bist du oder stellst du dich nur so unerfahren? Wüßtest du wirklich nicht, was eine Freikugel sagen will?

Max
Albernes Geschwätz!

Kaspar
Da lernt man's doch besser unter dem Kriegsvolk. Wie kämen die Scharfschützen zurecht, die ihren Mann aus dem dicksten Pulverdampf herausschießen? Doch zu so etwas bedarf's anderer Künste als bloß zu zielen und loszudrücken.

Max
So wäre es doch wahr? Hast du noch mehr solche Kugeln?

Kaspar
Es war die letzte; sie haben gerade ausgereicht.

Max
Ausgereicht! Wie verstehst du das?

Kaspar
Weil sie in dieser Nacht zu bekommen sind.

Max
In dieser Nacht?

Kaspar
Ja doch! Max! Kamerad! Dein Schicksal steht unter dem Einfluß günstiger Gestirne! Heute, gerade in der Nacht zuvor, ehe du den Probeschuß tun, Amt und Braut dir gewinnen sollst, beut die Natur selbst sich zu deinem Dienst!

Max
Wohl! Mein Geschick wilI's! Schaff mir so eine Kugel!

Kaspar
Mehr als du brauchst! Aber bedarf der Mann eines Vormunds?

Max
Wie erlangt man sie?

Kaspar
Das will ich dich lehren. Sei Punkt zwölf Uhr in der Wolfsschlucht!

Max
Um Mitternacht... in der Wolfsschlucht? Nein! Die Schlucht ist verrufen, und um Mitternacht öffnen sich die Pforten der Hölle.

Kaspar
Pah! Wie du denkst! Ich bin dein Freund! Ich will dir gießen helfen!

Max
Auch das nicht.

Kaspar
So mach dich morgen zum Landesgespött! Verlier die Försterei und Agathe! Das Mädchen ist auf dich versessen, kann ohne dich nicht leben; sie wird verzweifeln! Du wirst, allen Menschen ein Spott, herumschleichen, vielleicht aus Verzweiflung.

Max
Agathe sterben! Ich in einen Abgrund springen! Ja, das wär' das Ende! Bei Agathes Leben, ich komme!

Kaspar
Schweig gegen jedermann! Es könnte dir und mir Gefahr bringen. Ich erwarte dich Glock zwölf!

Max
Ich dich verraten? Glock zwölf! Ich komme!

Szene VI


(Arie)

Kaspar
Schweig, schweig, damit dich niemand warnt!
Schweige, damit dich niemand warnt!
Der Hölle Netz hat dich umgarnt!
Nichts kann vom tiefen Fall dich retten,
Nichts kann dich retten vom tiefen Fall!
Umgebt ihn, ihr Geister, mit Dunkel beschwingt!
Schon trägt er knirschend eure Ketten!
Triumph, Triumph, Triumph, die Rache gelingt!


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