anon / LUDWIG HARTMANN / GIACOMO PUCCINI | OperaGlass |
Vierter Akt. In America. Eine unermessliche Ebene an der fernsten Grenze von Neu Orléans. Der boden ist gewellt und ganz öde und schrecklich unfruchtbar. Der Himmel grau bewölkt. Der Abend dämmert. Manon und Des Grieux náhern sich langsam vom Hintergrund her, ärmlich gekleidet, von leidendem Aussehn. Manon ist bleich abgezehrt und stützt sich ermattet auf Des Grieux, der sie mühsam aufrecht hält. Des Grieux (im Gehen) Stütze dich fest auf mich meine müde Geliebte. Wir nähern uns dem Ende der staubbedeckten Strasse, Die oftmals ich verwünschte... Manon (erschüpft, mit schwacher Stimme) Nur vorwärts, nur immer weiter! Schon sinkt vom Himmel nächt'ge Dämm'rung. Fühlst du die kühle Luft der Eb'ne? Der Tag ging sterben... [mit noch schwächerer Doch vorwärts! Nur vorwärts! -- Stimme. Ah... [sinkt um. Des Grieux (in grösster Angst) Manon! Manon (völlig erschöpft) Ich kann nicht mehr! O verzeih' mir!.. Stark bist du -- ich beneide dich...[gesprochen, in Ein Weib nur bin ich... sinke und verzage! Erregung Des Grieux (forschend) Du leidest? Manon (rasch) Ganz unbeschreiblich! [Des Grieux, erschüttert von diesen Worten, zeigt in Blick und Geberden seinen Schmerz. Manon bezwingt sich und fährt fort. Nein was sag ich? Das sind zage und thörichte Worte... Sei ruhig -- Geliebter. Ein Moment nur der Ruhe! -- Ein kurzes Weilen Gönn' mir Geliebter... Drücke fest mich an dich -- ganz fest... [fällt in. Ohnmacht. Des Grieux (höchst leidenschaflich) O Manon -- hör mich -- Geliebte... O gieb mir Antwort -- Mein Alles! Sieh' ich bin's, der hier knieend trauert, Lass meine klagen mischen sich mit Deinen; Lass küssen mich dein schönes goldnes Haar O Manon, sieh mich bitter weinen... Du sprichst nicht Manon? Du schweigst! [verzweifelt. Beim ew'gen Himmel [ihre Stirn anfassend. Grausam tobt das Fieber... Mich befällt Verzweiflung sehe sie hülflos ermatten... -- Mein Geist ahnt angstvoll die schwarzen Todesschatten.[zu Manon. O antworte mir -- Geliebte... Still bleibt's... [aufschreiend. Manon, O Gott -- kannst du nich sprechen? Manon (kommt nach und nach zu sich; Des Grieux hebt sie von der Erde auf und setzt sie auf einen kleinen Hügel. Bist Du's der klagt hier? Von dir kommt das Stöhnen? Ich höre deine Seufzer -- Meine Stirn benetzen deine Thränen! Heiss fühl ich sie brennen die um mich du geweint Ach ich bin glücklich wir sind noch vereint... [fiebernd. Sei stark Geliebter! Verlass' nicht Manon... [flehend. Der Durst quält mich, ich verschmachte! O gieb mir Wasser, o hilf mir. Des Grieux Mein Herzblut gäb ich für dein Leben... [Des Grieux blickt sich nach Wasser um, läuft spähend zum Hintergrund. Enttäuscht kommt er zurück. Verzweifelt! Kein Wasser, -- nirgends! Nur dürre Fläche nicht ein Tropfen quillt wo! Hartherz'ger Himmel! O Gott für diese Kranke Heb' ich flehend die Hände... -- Betend: ihren Leiden sende Lind'rung! Manon Hör' einen Vorschlag, wie ich zu retten: Sitzend bleib' ich zurück, Du steigst höher empor Erforschst die Ebne Ob irgend Du, in Bergen oder Hütten Findest Wasser! Mit strahlender Miene Bringst du Erquickung der kranken Geliebten. [Des Grieux macht es Manon auf dem Erdhügel nach Kräften bequem; er ist unentschlosssen zu gehn; in ihm kämpfen verschiedene Ge- fühle. Er entfernt sich zögernd. Im Hintergrund angekommen bleibt er nochmals stehn und überlegt. Er blickt voller Verzweiflung auf Manon und stürtzt dann, plötzlich entschlossen, davon. Manon [Der Himmel verfinstert sich. Die Müdigkeit übermannt Manon. Sie ist verwirrt, furchtsam, ohne Kräfte. Allein! -- von Allen aufgegeben In weiter, weiter Ferne.. kein Mensch der mich hier hört.. Rings nicht die kleinste Spur von Leben..! Ich eine einsame In welche Wúste ward ich verschlagen Frau!] Grausame Leiden fúllen meine Seele Fruchtlos verhallen alle Klagen... Ich will nicht sterben -- nein! Noch komme nicht der Tod! Doch find' ich hier mein Ende ich, ach, die preisgegebne Frau,-- Dann ständ am Ziel ich aller Leiden Man wöllt' mich wieder von ihm trennen, der meines Lebens Wie schien mir freilich die neue Erde Stütze!] Ich hoffe endlich dass mir Ruhe werde. Ach, meine Schönheit verfluch' ich die neu mein Leben verwirrte... Man wollt' mich wieder von ihm trennen; Und alles was ich jemals irrte taucht auf in meinen Träumen Bedrohet grausam meines Herzens Frieden... [Leidenschaftlich die Scene durchschreitend und mit sich ringend. Mit Blut befleckt' sich Des Grieux. Auf's Neue mussten wir fliehen... -- Asyl des Friedens ist, ach, allein das Grab! [langsam, klagend. Nein, nein,- ich will nicht sterben- Ich will nicht den Tod! [ausser sie.] Ich will noch leben meiner Liebe Bringe mir Hülfe o Freund! Lass nicht verschmachten mich, bring Hülfe, Nein, nein -- nicht sterben, nicht sterben! Bleib fern mir o Tod [Des Grieux tritt rasch auf -- Manon stürzt in seine Arme. Manon Schliess mich in deinen Arm Noch einmal -- Geliebter. [Zwingt sich zum Lächeln als hoffe sie noch. Sag -- bringst du günst'gen Bescheid für Manon? Des Grieux (mit tiefer Traurigkeit und muthlos) Ach keine Quelle quoll bei der Hütte Und nicht ein Tropfen fiel aus den Wolken. Wie auch mein Auge spähend sich mühte! Manon Nun dann sterbe ich! -- schon fühl' ich Finsterniss Sich senken auf die Augen... Des Grieux Nur ein sengendes Fieber Trübt die bangende Seele -- Schmieg' dich an mich, fasse Muth, In's Herz strömt schon zurück dein Blut... Manon (mit unendlicher Hingebung) Ich lieb' dich und muss sterben Schon stockt das Wort in meinem Munde. [Mit tiefer Und doch, so gern spräch' ich zum Abschied, Ergriffenheit] Von meiner Lieb' Dir, in dieser Stunde... Dich liebt' ich unsäglich! O Liebe, himmlischer Zauber, Unaussprechliche Wonne, Du mein höchstes Begehren Ja ich liebe -- die Brust voll Schmerzen. [Mit Gluth. Und sterbe den hehren Zauber im Herzen... Des Grieux (betastet Manon's Gesicht, für sich entsetzt) Die Kälte des Todes! Gott! [klagend. Nun schwand die letzte Hoffnung. Manon (zärtlich, mit schmerzlichem Ausdruck) Du weinst! O mein Geliebter; Nein, keine Thränen: da ist die Zeit zum Küssen Das Leben flieht -- o stille mein Sehnen... Des Grieux Und ich, ach, lebe noch... wolche Schande! Manon Ein Fest sei die Stunde du von Himmelswonnen trunken Wir, verachtend den Tod uns an das Herz gesunken! Wie liebt' ich dich so heiss Und muss nun sterbend lassen meine Liebe... Die Stunde flieht, o küsse mich... Und sieh wie gern ich bei dir bliebe... Des Grieux O du mein geliebtes Leben Entflamme mich zu ewigen Wonnen... Manon Die Flamme ach erlischt - Es löschen Sterne und Sonnen... Liebster, - o sprich doch - ich hör' kein Wort mehr... Weh mir - hieher - Noch näher komm - Dein Antlitz will ich So recht - so recht - o küsse mich! sehn.] Und lasse selig mich vergeh'n... Bleib' mir ganz nahe -- Ich kann dich fühlen... --> Des Grieux (verzweifelt) Stirbst du, dann bin auch ich verloren Manon, ich folge dir! Manon (gebieterisch mit letzten Kräften sich aufrichend) Ich will's nicht! Leb wohl denn - Nacht sinkt auf Manon... Mich friert... War deine Manon der liebe werth? [Mit höchstera Zartheit, Besinn' dich! Leugne es nicht... lächelnd] An meine glänzende Jugend denk'. [beängstigt. Ich seh... nicht mehr... das Licht...! Des Grieux (in grösster Angst) O Himmel! Manon (Mit verlöschender Stimme) Meine Schuld sühnt das irdische Gericht.. Doch ach, Manon's Liebe.. - die.. stirbt.. nich... ! [Der Tod tritt ein. Des Grieux vom Schmerze übermannt, und sinkt auf die Leiche Manon's nieder. ENDE DER OPER.