RUDOLPH LOTHAR / CLEMENS Freiherr von FRANCKENSTEIN

Li-Tai-Pe

Der Kaisers Dichter

III. Akt.



(Garten vor dem Kaiserlichen Palaste, dem Palaste der tauisend Glöckchen. Links erhebt sich in vielen, sich verjüngenden Stockwerken der Pavillion dessen Dachränder mit lauter Glöckchen besetzt sind. Zum Eingang des Palastes führt eine hohe Treppe, die mit Gesträuchen in Porzellanvasen geschmuückt ist. Aus dem Hintergrunde nach vorne rechts kommt der breite Strom (S-Form), über ihn erhebt sich eine hochgeschwungene Brücke.

Yang- Kwei Tschung: (zu Dienern:)
Streut Blumenblätter aus!

Kao-Li-Tse: Den schweren Teppich hierher auf die Stufen!
| Doch stretcht ihn glatt, hört Ihr! daß niemand falle!
|
|Yang- Kwei Tschung:
| Tut frisches Rächerwerk hier in die Pfannen.
Eilt Euch!
(zu Kao-Li-Tse):
Oh, daß ich diese Schmach erleben mußte!
Die Tusche rieb ich ihm,
Dem Übermüt'gen und mußte schweigen voller
Demut als dieser unverschämte Säufer mich beschimpfte!
(zu Dienern):
Bringt Blumen, frische Blumen, die allerschönste Blumen bringt hierbei!

Kao-Li-Tse:
Noch einen Teppich!
Breitet aus hier an das Ufer.
| Streicht ihn recht glatt, hört Ihr! daß niemand falle.
|
|Yang-Kwei-Tschung: Hier wird sie landen des großen Kaisers holde Braut.

Kao-Li-Tse:
(zu Yang-Kwei Tschung):
Habt Ihr gesehn, ich mußte vor ihm knieen!
Und jeden Tag betract'ich nun mein Knie,
Dem solche Schmach geschehn.
(zu Dienern):
Seht die Dochte nach, die Laternen seht nach dem Feuerwerk!
(zu Yang-Kwei Techung):
Wie räch' ich mich an ihm, diesem üblen, stets betrunknen Tagediebe?!
(ruhiger:) Ja, wie räch' ich mich? Habt Ihr gehört, was seine Freunde sagen?
Kein Weib kann je ihm widerstehn!
Und was muß unsereiner alles tun,
Da mit ein Weib, nicht immer g'rad das Schönste,
Ein wenig sich erbarmt,
Doch dieser Mensch, der siegt, wohin erkommt,
Ist das Gerechtigkeit?
So frag' ich Euch.

Yang Kwei-Tschung:
(den Finger an der Stirne, denkt nach):
Kein Weib kann je ihm widerstehn....
Ich hab's mein Freund! Nun ist die Rahe unser. Die Sage ist gar wolbekannt,
D'rum wollen wir in aller Demut
Dem Kaiser davon sprehen.

Kao-Li-Tse:
(verständnislos):
Und was weiter?

Yang Kwei-Tschung:
Kein weib kann diesem Manne wiederstehn,
Auh die Prinzessin nicht,
Zu der er kam als Bote des Kaisers.
Er hat sie verführt, der Hochverräter,
Hat den Kaiser schmählich betrogen,
Seine Ehe gebrochen,
Bevor sie noch vollzogen ward!

Kao-Li-Tse:
(entsetzt):
Ist das wahr? woher wißt Ihr das?
(mild:) Beschränkter Freund! Ich denk's mir aus.
Wir klagen ihn an, den Dichter Li-Tai-Pe.
Der Kaiser, tief empört, wird wüten toben
Und das Haar sich raufen;
Und weil man Böses immer gerne glaubt,
Wird er nicht Zweifeln.
Und wie kann jener Mensch entkräften unser Wort?
Kann er beweisen,
Daá er die Braut mit keinem Blick berührt,
Mit keinem Wort begehrt,
Sie nicht verführt?
Der Kaiser wird uns glauben und zum Tode wird Li-Tai-Pe geführt!

Kao-Li-Tse:
Zum Tode! Oh wie mich das freuden wird.
Zum Tode! Verlaßt Euch auf mich, gerne helf; ich Euch--

(Ker Kaiser erscheint auf der Treppe)

Yang-Kwei-Tsching:
(leise):
Schweigt! Der Kaiser naht!

Kao-Li-Tse:
Ehre sei ihm.

Yang-Kwei-Tsching:
Ehre sei ihm.

Der Kaiser:
Ich sehe Blumen, Teppiche, Laternen.
Schmückt dieses Haus, damit es würdig,
Dem Glück zu dienen,
Das sich erschließet meinem Herzen.
Und schreitet sie dann aufwärts diese Stufen
auf meinem Arm gelehnt,
Dann sollen alle Silberglöckchen läten, mein Glück der Welt zu Künden.
Habt Ihr nicht Nachricht, wann sie kommt?

Kao-Li-Tse:
Schon nahet das Boot, noch in dieser Stunde wird es landen.

Der Kaiser:
Nebel wallen über dem Strom,
Der Gott des Abends vergoldet die Wolken.
Beschütze meine Braut auf ihrer Fahrt
Und dühre sie gnädig an die Schwelle der wunderbarsten Nacht.

Yang-Kwei-Tsching:
Verzeih' dem treusten der Diener,
Der in Sorge um Dich wehklagend seine Stimme erhebt...

Der Kaiser:
Wer darf hier klagen, wenn des Kaisers Herz des Glükkes voll?.

Yang-Kwei-Tschung:
Verzeih, mein Kaiser, wenn über dein Glück
Die Wolke meiner Sorge zieht.

Der Kaiser:
Hörst Du, wie alle Vögel singen in Strauch und Busch?
Empfindest Du der Blumen Duft,
Der lieblich aus den Kelchen steigt?
Und Du hast Sorgen!
Schweige mir davon!

Yang-Kwei-Tschung:
Doch meine Sorgen gelten Dir und Deinem Glück.
(wirft sich zu Boden)

Der Kaiser:
(unwillig:) Was soll's So rede!

Yang-Kwei-Tschung:
In tiefster Demut Küsse ich den Staub zu Deinen Füßen,
Verzeih...

Der Kaiser:
Was soll ich hören?

Yang-Kwei-Tschung:
Betrogen hat Dich Li-Tai-Pe!
Er hat sich frech gerühmt,
Daß keine Frau ihm wieder stehen kann
Und mit verruchten künsten hat die Princeszin
Er umgarnt. Man sah ihn, wie er ihren Rosenmund geküßt.

Kao-Li-Tse:
Man sah ihn, wie er seine Arme um sie schlang!

Yang-Kwei-Tschung:
Wie er zu ihren. Füßen saß und ihr zu Ehren Lieder sang!

Der Kaiser (außer sich):
Wer sah ihm? Wer?
Ich will den Boten sprechen!

Yang-Kwei-Tschung:
Als ich die Schrekkenskunde vernahm,
Hab' ich, von jähem Zorne übermannt,
Den Boten, diesen Zeugen Deiner Schmach
So gleich getötet.

Der Kaiser (wutend):
Das war nicht wohlgetan!
Das war nicht klug gehandelt!
Wer anklagt muß auch beweisen können;
Schafft einen Zeugen mir,
Der meine Schmachgesehn.
Dann soll der Henker kommen und tausend furchtbare
Martern ersinnen für Li-Tai-Pe!

Kao-Li-Tse:
Der Henker wird so gleich zur Stelle sein!

Der Kaiser:
Doch bringt Ihr keinem Zeugen,
Könnt Ihr den schändlichen Betrug mir nicht beweisen,
So zuckt nach Eurem Hals des Henkers Schwert.
(für sich): Weh mir, wenn Ihr die Warheit sprecht.
(er kommt langsam nach vorne.)
Sollte mein Ahnen so sich betrügen?
Ich sah in Li-Tai-Pe nicht nur den Dichter,
Ich sah in ihm auch meinen Freund.
Und die Prinzessin, deren Bild so hold mich grüßte,
Schein mir der Inbegriff der Tugenden,
Die Auserwählten gnädig schenkt der Himmel.
Soll ich ihr Bild in meiner Brust zerreißen?
Soll ihren Namen ich aus meiner Seele löschen?
Dann müßt ich alle Menschen hassen!
Dann würde ich in tiefer Einsamkeit für meines Herzens Ruhe trauernd beten.

Chor (Hinter der Scene, sehr weit entfernt):
Über den Fluß,
|Den silbernen Fluß, haucht leise der Wind.
|
|Kao-Li-Tse: Verzeih', mein Kaiser, schon naht das Boot,
|Das die Prinzessin bringt.

Der Kaiser:
|Ich bin so tief durhwühlt von Eurer bösen Kunde,
|Muß mich erst sammeln ehe die Prinzessin ih empfange.
|
|Chor:
|Über den Fluß...

Der Kaiser:
Ihr aber bringt einen Zeugen mir.
Und sprecht Ihr wahr, dann wehe dem ungetreuen Knechte!
Doch könnt Ihr kreinen Zeugen bringen, dann trifft noch
Heute Euch des Henkers Schwert.
(rasch ab.)

Kao-Li-Tse:
Weh' mir!
Wie juckt mih schol der Hals!
Shon fühle ih des Henkers Shwert im Nakken!
Wer hätte je gedacht,
Daß ich so shmählich enden würde.

Yang-Kwei-Tshung:
Hör' auf zu klagen, lasse uns beraten,
Wie wir den Zeugen finden, der unser Leben retten kan.

Kao-Li-Tse:
Wer hat alles dies ersonnen,
War ich es, der arg "beschrankte" Freund?
Nein!
Aus Deinem hohlen Kopfe kam der Plan,
Der uns das Leben kosten wird.

Yang-Kwei-Tshung: (verzweifelt):
Wir müssen einen Zeugen haben
Wir brauchen ihn zum Weiterleben.

Kao-Li-Tse:
Einen Zeugen für ein Märchen?
An solche Wunder glaub' ich nicht!

Yang-Kwei-Tshung::
Ich hab in meinem Leben viele
Opfer gebracht, die tempel reich mit Shätzen ge schmückt.
Jetzt mü'ssen mih die Götter belohnen.
(weinerlich betend): Ihr Götter,
Die Ihr Euh erlabtet am köstlichen Geruch der Opfer.

Kao-Li-Tse:
Du betest ganz umsonst!

Yang-Kwei-Tshung::
Erhört mich jetzt in meiner Not.
Und sendet einen Zeugen herbei!

|Kao-Li-Tse:
|Die Götter helfen nicht.
|Weit besser wär's, daß wir dem Kaiser
|Uns zu Füßen werfen und ihm alles gestehn.
|
|Chor:
|Über den Fluß, den silbernen Fluß,
|Haucht leise der Wind.

|Yang-Kwei-Tshung::
|Gestehn, daß wir gelogen haben?
|Niemals tu ich das!
|
|Chor:
|Er bringt von Lande der Blümen Duft,
|Vermählt sie mit der Wellen Sang.

|Kao-Li-Tse:
Dann seh'n wir zum letzten Mal die Senne sinken.
|Oh weh, wie schrecklich, so früh zu sterben,
|Weh' uns Armen!
|
|Chor:
|Über den Fluß, den goldenen Fluß,
|Sinkt der Abend.
|Er bringt vom Himmel der Götter Gruß.
Über den Fluß, den nächtigen Fluß,
Gleitet sanft das Boot.
entgegen dem Hafen des Glükkes,
Am Steuer steht die Lieve und segnet die Fahrt.

(Das mat Blumen geschmückte Boot ist im Verlauf des Chores sichtbar geworden. Auf dem Verdeck sitzt die Prinzessin Fei-Yen, hinter ihr Li-Tai-Pe, neben diesem steht, immer noch in Pagentracht, Yang-Gui-Fe. Auf dem Boote Lautenspielerinnen. —Das Boot legt nach Beendigung Chores am Ufer an.)

Li-Tai-Pe:
Aus fernem Land hab' ich Dich hergeleitet zu meines Kaisers Schloß.
Wohl mir, daß diesen Tag ich schauen darf, an dem die Sonne sich dem Mond vermählet!
Nun schick ich, daß er unsre Ankunft melde, meinen Pagen zum Palast,
Sitte will es so: Du darft nicht eher landen
Bis unser Kaiser Dir die Hand gericht.

Fei Yen: (Zu den Dienerinnen):
Oh schmücket mich, auf daß dem Kaiser ich gefallen mag,
Da mit sein Auge ich erfreuen mag,
Wenn seinen Blick zu mir er hebt.

Yang-Kwei-Tschung:
Der Himmer tut das Wunder!

(Der Diener haben einen Steg gerichtet. Yang-Gui-Fe verläßt das Schiff und kommt auf die beiden Minister zu.)

Kao-Li-Tse:
Wie so?

Yang-Kwei-Tschung:
Dort kommt der Page Li-Tai-Pes,
Der soll beim Kaiser für uns zeugen.

Kao-Li-Tse:
Wenn er's nur tut!

Yang-Kwei-Tschung:
Ein jedes Ding hat seinen Preis:
Was er verlangt, das soller haben...

Yang-Gui-Fe:
Ist dies des Kaisers Palast?
Seid Ihr seine Diener?

Yang-Kwei-Tschung und Kao-Li-Tse:
Ja, das sind wir.

Yang-Gui-Fe:
Ich bring' ihm frohe Kunde.

Yang-Kwei-Tschung:
Sag', bist Dun nicht der Page des Li-Tai-Pe?

Yang-Gui-Fe:
Der bin ich wohl--

Yang-Kwei-Tschung:
Nun gut, so höre mich:
Du kannst Dein Glück jetzt machen,
Ein jeder Wunsch, was es auch sei,
Wird gerne Dir erfüllt.

Yang-Gui-Fe: (erstaunt):
Was immer es auch sei?

Kao-Li-Tse:
Willst Du Schätze, schöne Kleider,
|Ein eignes Haus mit Dienerschaft?
|Sag' an, willst Du Minister werden?
|
|Yang-Kwei-Tschung:
|Willst Du Schätze, Juwelen?
|Die schönsten Pferde sollst Du haben
|Mit goldenen Geschirren, Silberglöckchen.
Sag' willst Du Mädchen, schöne Mädchen,
|Aus Siam, Japan und Korea?
|
|Kao-Li-Tse:
|Frauen! Die aller schönsten Frauen!

Yang-Gui-Fe:
Und was soll ich da gegen tun?

Yang-Kwei-Tschung:
Nur eine Kleinigkeit!
Du brauchtst blos "Ja" zu sagen zu allem,
Was heut'aus meinem Mund Du hören wirst.

Yang-Gui-Fe:
Was aber werd' ich hören?

Yang-Kwei-Tschung:
Wir hassen Li-Tai-pe;
Er hat uns schwer gekränkt, d'rum wollen wir ihn vernichten.
Der Kaiser kennt die Klage und Du sollst sie bekräftigen.

Yang-Gui-Fe:
Und wenn ich's nicht tue?

Yang-Kwei-Tschung:
Dann stirbst Du!
Wir aber finden leicht einen and'ren Zeugen.

Yang-Gui-Fe: (In raschen Entschluß)
Ihr habt den rechten Mann gefunden!
Ich bin der Eu're, redet nur und weiht mich ein.

Yang-Kwei-Tschung:
Beschwörst Du es?

Yang-Gui-Fe:
So wahr mich Gott zum Mann geschaffen
Bin ich der Eu're!

Yang-Kwei-Tschung:
So komm' und hör' mich an.
Du aber melde dem Kaiser die Ankunft seiner Braut.

(Kao-Li-Tse ab.)

Li-Tai-Pe: (zur Prinzessin)
Nun sieh Dich um,
Wie aus den Bämen die bunten Lampen Dich grüßen
Mit tausend frohen Lichtern schmückt sich heut' der Park
Wie sich der Himmel schmückt mit tausend Sternen.
Nun sieh Dich um, wie alle Blumen nicken,
Wie ihre Königin sie grüßen mit ihrer Kelche holdem Duft.

Fei-Yen:
Aus allen Blüten steigt ein Gruß mir entgegen,
Wie sehn' ich mich, meinen Kaiser zu erschauen!

(Der Kaiser, von Kao-Li-Tse gefolgt, erscheint in der Pforte. Von links kommt Kwei-Tschung mit Yang-Gui-Fe.)

Li-Tai-Pe:
Dort steht er selbst.
Heil Dir, mein Kaiser!
Ich bring' das Glückm, das voll Sehnsucht Du wartest.
Wie Schnee so rein ist dieser Jungfrau Herz
Und ihre Seele wie der Duft der Mandarinen frucht.
Tauch' Deine Lippen in ihr Haar,
Tauch' Deinen Blick in ihre Augen,
Deine Herz in ihre Seele!
Heil Dir, mein Kaiser!

Der Kaiser: (ruhig beginnend)
Die Worte kannst Du trefflich setzen oh Li-Tai-Pe!
Doch wohnt nicht hinter diesen Worten
Die Schlauge des Verrats?
Hast Du die Frucht gebrochen,
Daß ihren Duft Du so rühmen kannst?
Soll ich Deiner Küße Spur auf ihren Lippen finden?
Soll ich meine Seele Kleiden in weggeworf'ne Fetzen Deiner Gier?

Fei-Yen
Spricht Du mein Kaiser so von mir, ist dies der Gruß,
Der mich erwartet?
Weh' mir, daß die Heimat ich ver ließ,
Um solchen Schimpf hier zu erdulden!

Der Kaiser:
Es ward erhoben grauenhafte Klage,
Die tief mein Herz erschüttert.
Ich seh' Dich an und frag' mich angstbeklommen,
Wie es nur möglich,
Daß diese holden Züge mich belügen;
Von ihren Lippen fließt Honigseim mir aber sagt
Der Kläger daß er vergiftet ist!

Li-Tai-Pe:
Klagst Du dir edelste der Frauen an?
Klagst Du mich an?

Der Kaiser: (auf Yang-Kwei deutend)
Hier steht der Kläger, er soll reden.

Chor:
Ja, er soll reden...

Yang-Kwei-Tschung:
Ich klag' Dich an des schändlichsten Verrates
An uns'rem Kaiserlichen Herrn!

Kao-Li-Tse:
Versuche nicht zu läugnen!

Yang-Kwei-Tschung:
Bekenn' Deine Schuld! Man sah Dich,
Wie Du ihren Rosenmund geküßt.

Kao-Li-Tse:
Man sah Dich, wie Du Deine Arme um sie schlangst...

Yang-Kwei-Tschung:
Wie Du zu ihren Füßen knietest
Und Deine Lieder sangst.

|Fei-Yen (ihr Gesicht verhullend):
|Ach weh mir!
|
|Li-Tai-Pe (wild):
|Wer sah mich? Wer? (streng im Zeitmaß)
Nicht nur die Laute halte ich im Arm,
Ich trage auch ein gutes Schwert mit beiden Händen
Faß ich seinen Griff und auf den
Lügner laß' ich's schmetternd niederfallen!

Kao-Li-Tse:
Mit roher Kraft willst Du Antwort geben?
Beweise Deine Unschuld wenn Du kannst.

Der Kaiser:
Bewise Deine Unschuld!

Li-Tai-Pe:
Beweise meine Schuld!
Den Zeugen stelle mir, der alles sah,
Das ist mein gutes Recht.

Chor:
Das ist sein Recht.

Der Kaiser: (zu Yang-Kwei-Tschung):
Wohl an, so bringt den Zeugen herbei.

Yang-Kwei-Tschung:
Der Zeuge ist zur Stelle!

Der Kaiser:
Ertrete vor!

Li-Tai-Pe:
Meine Page! Oh schändlicher Verrat!

Yang-Kwei-Tschung:(zu Yang-Gui-Fe):
Nun rede unscheut, enthüll' die Wahrheit,
Erzähle, was Du sahst!

Der Kaiser:
Wer bist Du Knabe, daß ich Dir glauben soll?

Yang-Gui-Fe:
Ich bin kein Knabe, hoher Herr,
Ich bin ein Weib. Bin mehr als das: sein Weib,
Bin mehr als das: sein eifersüchtig Weib!
Ich folgte ihm in Knabentracht,
Weil mir die Sage wohlbekannt,
Daß nie ein Weib ihm widerstanden.
Oh glaube, edler Kaiser dem Eid der eifersücht'gen Frau.
Ach wär' er schuldig, ich hätt Gericht gehalten lang vor Dir.

Der Kaiser:
Erzähle weiter!

Yang-Gui-Fe:
Ich ging ihm nach auf Schritt und Tritt
Und niemals ließ ich ihn allein.
Voll Sorge wacht' ich über ihn,
Ich hatte Angst vor der Prinzessin,
Doch einen wundervollen Helfer fand ich im Wein.
Vom Schenken amt ward müde mein Arm
Und wenn er des köstlichen Weines voll,
Dann nahm ich die Laute zur Hand
Und sang ihn leise in Schlaf. Frag' doch die Frauen alle,
Frag' die Prinzessin selbst,
Ob dies nicht wahr!

Der Kaiser:
Der Fragen bedarf's nicht mehr. Kein eifersücht'ges Weib
Wird für des Gatten Unschuld zeugen.
Doch kamst Du nicht als Zeuge für seine Schuld?
Wer treibt sein Possen speil mit mir?

Yang-Gui-Fe:
Die beiden da!
Sie wollten mich bestechen und boten mir Geschenke an.
So gar Minister soll't ich werden!
Ich schwor der ihre ganz zu sein, so wahr mich Gott zum
Mann geschaffen ich aber bin ein Weib,
Sein Weib, sein treues, lieben des Weib.

Der Kaiser:
Gerechtigkeit ist meines Thrones Stutze!

(auf die beiden Minister weisend):

Führt sie zum Tode.

(Sie werden von den Wachen gepackt):

Fei-Yen:
Begnadigt sie, daß diesen Tag
Des Glükkes kein Tropfen Blut beflecke.

Der Kaiser:
Dankt Eurer Leben dieser edlen Frau.
Von meinem Hofe aber seid verbannt für immer!
Eure Würden sprech ich Euch ab,
Mein Auge wende ich von Euch,
Un würd' ge Diener!

(Yang-Kwei-Tschung und Kao-Li-Tse entfernen sich langsam.
Breiten seine Arme der Prinzessin entgegen
)

Dich aber grüße ich
Mit den Worten des Dichters Li-Tai-Pe
Sanft steigt mein Lied empor zu Dir,
Du Holde, die ich liebe,
Es spricht mein Herz zu Dir.
In tiefer Nacht, gib Antwort mir und sage,
Ob Du mich liebst, oh allerschönste Frau!

Fei-Yen:
Ich liebe Dich seitdem das Lied ich örte,
Aus dem die Seele meines Kaisers sprach.
In meinem Herzen steht geschrieben Dein Name,
Mein hoher Herr.

Li-Tai-Pe:
Wohl mir, daß Diesen Freudentag ich schauen darf!

Der Kaiser:
Nun sprich und wünsch Dir eine Gnade,
Willst einen Titel Du, willst Du ein Amt?

Li-Tai-Pe:
Ich will keinen Titel und brauche kein Amt.
Ich will ein Lied auf meiner Laute suchen,
Und dieses Lied wird ewig leben wie Den Reich.
Ich will kein Gold, ich will keine Schätze!
Ich möcht' die besten Weine trinken in Deinem großen Reich.

Der Kaiser:
Wohl an so sollst Du trinken dürfen
Wo und was Du willst, und neimand soll Bezahlung fordern.
Doch nun leb wohl mein Freund
Und als Geschenk nimm dieses Boot,
Es trage Dich gut, Dich und Deine Laute, wohin Du willst.

(Die Papierlaternen leuchten auf. der Kaiser wendet sich wieder zur Prinzessin und reicht ihr die Hand.)

Die Stufen zu unsrem Glück geleit
Ich Dich empor. Oh, komm' Geliebte, aus Deinen Händen
Nehm'ich das Scepter meiner neuen Macht.
Mir ward der Götter Segen zuteil,
Nun da Du mir gehörst!
Es harren Dein die Großen meines Reiches,
Um Dich zu grüßen, als ihre Kaiserin!

(Der Kaiser und die Prinzen steigen langsam die Stufen zum Palast empor. Die Pforten öffnen sich. Ein strahlender Glanz ergießt sich über die Bühne Der Kaiser und Fei-Yen treten ein Hinter ihnen werden die Pforten wieder geschlossen.)

Yang-Gui-Fe:
Verzeih' mir Li-Tai-Pe, das Lügenspiel der Liebe,
Um dich zu retten, sagte ich, was nie geschah
Und nie Geschehen wird.

Li-Tai-Pe: (innig):
Ohg UYang-Gui-Fe, Wie hab' ich Dich verkannt.
Deine Treue, ich sah sie nicht,
Deine Liebe, ich fühlt' sie nicht,
Den wundervollsten Schatz schickt' mir der Himmel,
Und ich nahm ihn nicht.
(zart): Nun aber seh' ich Dich, nun aber kenn' ich Dich,
Jetzt lieb' ich Dich, oh Yang-Gui-Fe!

Yang-Gui-Fe:
Wie kann das sein?
Was bin ich Dir?
Ein Körnchen Staub zu Deinen Füßen.
Was bin ich Dir? Win Windhauch der über Deine Stirne streicht,
Ein Blinken im Fluß, verloren in tausend Wellen.

Li-Tai-Pe:
Was Du mir bist? Du bist mein Weib!
Im Kaiserpalaste schmettern die Fanfaren,
Auch ich fand heut' mein Reich und meine Krone.
Schon harret unser das Boot,
Steig ein, oh meine Kaiserin!

Yang-Gui-Fe:
Die Vögel singen meines Herzens Lust,
Der Blumen Duft umarmet meine Seele.

Li-Tai-Pe:
Das Wasser singt in brausenden Akkorden vom
| Jubel, der mich ergüllet, Dein holder Name
| Soll gesegnet sein für alle Zeiten.
|
|Yang-Gui-Fe:
| Oh Jubel, der in meinem Herzen schwingt.
| Dein Name is das schönste Liebeslied,
| Was brauch ich da noch Worte Vers' und Reime?
|
| Das schönste Lied, das Götter je gedichtet,
| Dein Name ist's geflüstert in die Nacht.

| Li-Tai-Pe:
| Das schönste Lied, das Götter je gedichtet,
| Oh, Yang-Gui-Fe, verblaßt vor Deines Namens Klang.
| Yang-Gui-Fe!
|
|Yang-Gui-Fe:
| Li-Tai-Pe!

(Die Beiden schreiten, enganeinander geschmiegt, langsam dem Boote zu.)

| Schlußchor:
| Ich fahr' auf meinem Schiffe hinab den Strom
| Und Silber fließt von meinen Rudern nieder
| Still (es schweigt) die Nacht von schweren Düften trunken
| Still die Nacht!
|
|Yang-Gui-Fe und Li-Tai-Pe (Im Einsteigen):
| Dein Name ist mir Weg und Ziel und Glück.

(Das Boot entfernt sich langsam.)

Li-Tai-Pe:
Yang-Gui-Fe!

Yang-Gui-Fe:
Li-Tai-Pe!

(Vorhang.)

Ende.


Main pages: [ Libretto | Opera | Composer | OperaGlass]

Monday, 08-Dec-2003 21:45:28 PST