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Szene I


(Duett)

Ännchen
Schelm, halt fest!
Ich will dich' lehren!
Spukerein kann man entbehren
In solch altem Eulennest.

Agathe
Laß das Ahnenbild in Ehren!

Ännchen
Ei, dem alten Herrn
Zoll ich Achtung gern;
Doch dem Knechte Sitte lehren,
Kann Respekt nicht wehren.

Agathe
Sprich, wen meinst du? Welchen Knecht?

Ännchen
Nun, den Nagel! Kannst du fragen?
Sollt' er seinen Herrn nicht tragen?
Ließ ihn fallen! War das nicht schlecht?

Agathe
Alles wird dir zum Feste,
Alles beut dir Lachen und Scherz!
O wie anders fühlt mein Herz!

Ännchen
Grillen sind mir böse Gäste!
Immer mit leichtem Sinn
Tanzen durchs Leben hin,
Das nur ist Hochgewinn!
Sorgen und Gram muß man verjagen!
Immer mit leichtem Sinn!

Agathe
Wer bezwingt des Busens Schlagen?
Wer der Liebe süßen Schmerz?
Stets um dich, Geliebter, zagen
Muß dies ahnungsvolle Herz.

Ännchen
So, nun wird der Altvater wohl wieder ein Jahrhundertchen festhängen.
Aber du hast das Tuch schon abgebunden?

Agathe
Sei ohne Sorgen, liebes Annchen! Der Schreck war das schlimmste! Wo nur Max bleibt?

Ännchen
Nun kommt er gewiß bald. Herr Kuno sagte ja bestimmt, daß er ihn noch einmal heimsenden werde. Unangenehm ist's freilich, in einem solchen verwünschten Schloß am Polterabend fast mutterseelenallein zu sein, zumal wenn sich so ehrwürdige, längst vermoderte Herrschaften mir nichts, dir nichts von den Wänden herabbemühen. Da lob ich mir die lebendigen und jungen!

Ännchen (Arietta)
Kommt ein schlanker Bursch gegangen,
Blond von Locken oder braun,
Hell von Aug' und rot von Wangen,
Ei, nach dem kann man wohl schauen.
Zwar schlägt man das Aug' aufs Mieder
Nach verschämter Mädchen Art;
Doch verstohlen hebt man's wieder,
Wenn's das Bürschchen nicht gewahrt.
Sollten ja sich Blicke finden,
Nun, was hat das auch für Not?
Man wird drum nicht gleich erblinden,
Wird man auch ein wenig rot.
Blickchen hin und Blick herüber,
Bis der Mund sich auch was traut!
Er seufzt: Schönste! Sie spricht: Lieber!
Bald heißt's Bräutigam und Braut.
Immer näher, liebe Leuchten!
Wollt ihr mich im Kranze sehn?
Gelt, das ist ein nettes Bräutchen,
Und der Bursch nicht minder schön?

Agathe
Jetzt fühle ich mich um vieles leichter.

Ännchen
Erzähle doch! Noch weiß ich nicht, wie dein Besuch abgelaufen ist, außer daß dir der fromme Greis diese geweihten Rosen geschenkt hat.

Agathe
Er warnte mich vor einer unbekannten Gefahr. Nun ist seine Warnung in Erfüllung gegangen. Das herabstürzende Bild konnte mich töten!

Ännchen
Gut geklärt! So muß man böse Vorbedeutungen nehmen!

Agathe
Die Rosen sind mir nun doppelt teuer.

Ännchen
Wie wär's, wenn ich sie vors Fenster setzte?

Agathe
Tue das, liebes Ännchen!

Ännchen
Aber dann laß uns auch zu Bette gehn!

Agathe
Nicht eher, bis Max dagewesen ist!

Ännchen
Hat man nicht seine Not mit euch Liebesleuchten!

Szene II

Agathe (Arie)
Wie nahte mir der Schlummer,
Bevor ich ihn gesehn?
Ja, Liebe pflegt mit Kummer
Stets Hand in Hand zu gehn!
Ob Mond auf seinem Pfad wohl lacht?
Welch schöne Nacht!

Leise, leise, Fromme Weise!
Schwing dich auf zum Stemenkreise.
Lied, erschalle! Feiernd walle
Mein Gebet zur Himmelshalle!
O wie hell die goldnen Sterne,
Mit wie reinem Glanz sie glühn!
Nur dort in der Berge Ferne
Scheint ein Wetter aufzuziehn.
Dort am Wald auch schwebt ein Heer
Dunkler Wolken dumpf und schwer.
Zu dir wende Ich die Hände,
Herr ohn' Anfang und ohn' Ende!
Vor Gefahren
Uns zu wahren
Sende deine Engelscharen!
Alles pflegt schon längst der Ruh?
Trauter Freund, wo weilest du?
Ob mein Ohr auch eifrig lauscht,
Nur der Tannen Wipfel rauscht;
Nur das Birkenlaub im Hain
Flüstert durch die hehre Stille;
Nur die Nachtigall und Grille
Scheint der Nachtluft sich zu freun.
Doch wie? Täuscht mich nicht mein Ohr?
Dort klingt's wie Schritte!
Dort aus der Tannen Mitte
Kommt was hervor!
Er ist's! Er ist's!
Die Flagge der Liebe mag wehn!
Dein Mädchen wacht
Noch in der Nacht!
Er scheint mich noch nicht zu sehn!
Gott, täuscht das Licht
Des Monds mich nicht,
So schmückt ein Blumenstrauß den Hut!
Gewiß, er hat den besten Schuß getan!
Das kündet Glück für morgen an!
O süße Hoffnung, neu belebter Mut!
All meine Pulse schlagen,
Und das Herz wallt ungestüm,
Süß entzückt entgegen ihm!
Konnt'ich das zu hoffen wagen?
Ja, es wandte sich da Glück
Zu dem teuren Freund zurück,
Will sich morgen treu bewähren!
Ist's nicht Täuschung? Ist's nicht Wahn?
Himmel, nimm des Dankes Zähren
Für dies Pfand der Hoffnung an!

Szene III

Agathe
Bist du endlich da, lieber Max!

Max
Verzeiht, wenn ihr meinetwegen aufgeblieben seid!

Agathe
Du scheinst übel gelaunt. Wieder unglücklich gewesen?

Max
Nein, nein! Im Gegenteil! Sieh! Den größten Raubvogel hab ich aus den Wolken geholt!

Agathe
Sei doch nicht so hastig, du fahrst mir in die Augen!

Max
Vergib! Aber was ist das? Deine Locken sind blutig; um aller Heiligen willen, was ist dir begegnet?

Agathe
Nichts! Es heilt noch vorm Brautgang.

Ännchen
Das Bild dort fiel herunter...

Max
Dort, der Urvater Kuno?

Ännchen
Halb war Agathe selbst schuld. Wer hieß ihr auch, schon nach sieben Uhr immer ans Fenster zu laufen!

Max
Um sieben Uhr?

Ännchen
Du hörst's ja. Die Turmuhr drüben im Dorf hatte kaum ausgeschlagen.

Max
Seltsam! Um diese Zeit schoß ich den Bergadler.

Agathe
Was hast du?

Max
Nichts!

Agathe
Ich liebe dich ja so innig. Solltest du morgen nicht glücklich sein, gewiß, der Gram würde mich töten!

Max
Ebendarum... muß ich wieder fort! Ich habe... ich bin noch einmal glücklich gewesen.

Agathe
Noch einmal?

Max
Ja, doch, ja! Ich hab in der Dämmrung einen Sechzehnender geschossen; der muß noch hereingeschafft werden, sonst stehlen ihn nachts die Bauern.

Agathe
Wo liegt der Hirsch?

Max
Ziemlich weit, im tiefen Wald, bei der Wolfsschlucht. (Terzetto)

Agathe
Wie? Was? Entsetzen!
Dort in der Schreckensschlucht?

Ännchen
Der wilde Jäger soll dort hetzen,
Und wer ihn hört, ergreift die Flucht.

Max
Darf Furcht im Herz des Weidmanns hausen?

Agathe
Doch sündigt der, der Gott versucht!

Max
Ich bin vertraut mit jenem Grausen,
Das Mitternacht im Walde webt,
Wenn stummbewegt die Eichen sausen,
Der Häher krächzt, die Eule schwebt.

Agathe
Mir ist so bang, o bleibe!
O eile nicht so schnell!
Mir ist so bang!

Ännchen
Ihr ist so bang, o bleibe!
O eile nicht so schnell!

Max
Noch trübt sich nicht die Mondenscheibe,
Noch strahlt ihr Schimmer klar und hell;
Doch bald wird sie den Schein verlieren...

Ännchen
Willst du den Himmel observieren?
Das wär, nun meine Sache nicht!

Agathe
So kann dich meine Angst nicht rühren?

Max
Mich ruft von hinnen Wort und Pflicht!

Agathe, Max, Ännchen
Leb wohl! Lebe wohl!

Max
Doch hast du auch vergeben
Den Vorwurf, den Verdacht?

Agathe
Nichts fühlt mein Herz als Beben,
Nimm meiner Warnung acht!

Ännchen
So ist das Jägerleben!
Nie Ruh?bei Tag und Nacht!

Agathe
Weh mir, ich muß dich lassen!
Denk an Agathes Wort!

Max
Bald wird der Mond erblassen,
Mein Schicksal reißt mich fort!

Ännchen
Such, Beste, dich zu fassen!
Denk an Agathes Wort!

Szene IV

Stimmen der unsichtbaren Geister
Milch des Mondes fiel aufs Kraut!
Uhui! Uhui!
Spinnweb' ist mit Blut betaut!
Uhui! Uhui!
Eh' noch wieder Abend graut,
Uhui! Uhui!
Ist sie tot, die zarte Braut!
Uhui! Uhui!
Eh' noch wieder sinkt die Nacht,
Ist das Opfer dargebracht!
Uhui! Uhui! Uhui!

Szene V

Kaspar
Samiel! Samiel! Erschein!
Bei des Zaubrers Hirngebein!
Samiel! Samiel! Erschein!

Samiel
Was rufst du?

Kaspar
Du weißt, daß meine Frist
Schier abgelaufen ist...

Samiel
Morgen!

Kaspar
Verlängre sie noch einmal mir...

Samiel
Nein!

Kaspar
Ich bringe neue Opfer dir...

Samiel
Welche?

Kaspar
Mein Jagdgesell, er naht...
Er, der noch nie dein dunkIes Reich betrat!

Samiel
Was sein Begehr?

Kaspar
Freikugeln sind's, auf die er Hoffnung baut!

Samiel
Sechse treffen, sieben äffen.

Kaspar
Die siebente sei dein!
Aus seinem Rohr lenk sie nach seiner Braut
Dies wird ihn der Verzweiflung weihn,
Ihn und den Vater...

Samiel
Noch hab ich keinen Teil an ihr!

Kaspar
Genügt er dir allein?

Samiel
Das findet sich!

Kaspar
Doch schenkst du Frist?
Und wieder auf drei Jahr',
Bring ich ihn dir zur Beute dar!

Samiel
Es sei. Bei den Pforten der Hölle!
Morgen er oder du!

Szene VI

Kaspar
Trefflich bedient! Gesegn' es, Samiel! Er hat mir warm gemacht! Aber wo bleibt Max? Sollte er wortbrüchig werden? Samiel, hilf!

Max
Ha! Furchtbar gähnt
Der düstre Abgrund, welch ein Graun!
Das Auge wähnt
In einen Höllenpfuhl zu schaun!
Wie dort sich Wetterwolken ballen,
Der Mond verliert von seinem Schein!
Gespenst'ge Nebelbilder wallen,
Belebt ist das Gestein!
Und hier, husch, husch,
Fliegt Nachtgevögel auf im Busch!
Rotgraue narb'ge Zweige strecken
Nach mir die Riesenfaust!
Nein! Ob das Herz auch graust,
Ich muß! Ich trotze allen Schrecken!

Kaspar
Dank, Samiel! Die Frist ist gewonnen! Kommst du endlich, Kamerad? Ist das auch recht, mich so allein zu lassen? Siehst du nicht, wie mir's sauer wird?

Max
Ich schoß den Adler aus hoher Luft;
Ich kann nicht rückwärts, mein Schicksal ruft!
Weh mir!

Kaspar
So komm doch, die Zeit eilt!

Max
Ich kann nicht hinab!

Kaspar
Hasenherz! Klimmst ja sonst wie eine Gemse!

Max
Sieh dorthin! Sieh!
Was dort sich weist,
Ist meiner Mutter Geist!
So lag sie in Sarg, so ruht sie im Grab!
Sie fleht mit warnendem Blick!
Sie winkt mir zurück!

Kaspar
Hilf, Samiel! Alberne Fratzen! Hahaha! Sieh noch einmal hin, damit du die Folgen deiner feigen Torheit erkennest.

Max
Agathe! Sie springt in den Fluß!
Hinab! Hinab! Ich muß!

Kaspar
Ich denke wohl auch, daß du mußt!

Max
Hier bin ich! Was hab' ich zu tun?

Kaspar
Zuerst trink! Die Nachtluft ist kühl und feucht. Willst du selbst gießen?

Max
Nein! Das ist wider die Abrede.

Kaspar
So bleib außer Kreise, sonst kostet's dein Leben! Was du auch hören und sehen magst, verhalte dich ruhig. Käm' vielleicht ein Unbekannter, uns zu helfen, was kümmert's dich? Kommt andres, was tut's? Nur wenn du mich selbst erzittern siehst, dann komm mir zu Hilfe und rufe, was ich rufen werde, sonst sind wir beide verloren. Merk auf, was ich hineinwerfen werde, damit du die Kunst lernst. Hier erst das Blei. Etwas gestoßenes Glas von zerbrochenen Kirchenfenstern; das findet sich! Etwas Quecksilber! Drei Kugeln, die schon einmal getroffen! Das rechte Auge eines Wiedehopfes! Das linke eines Luchses! Probatum est! Und nun den Kugelsegen!

Schütze, der im Dunkeln wacht,
Samiel, Samiel, hab acht!
Steh mir bei in dieser Nacht,
Bis der Zauber ist vollbracht!
Salbe mir so Kraut als Blei,
Segn'es sieben, neun und drei,
Daß die Kugel tüchtig sei!
Samiel, Samiel, herbei!

Kaspar
Eins!

Echo
Eins!

Kaspar
Zwei!

Echo
Zwei!

Kaspar
Drei!

Echo
Drei!

Kaspar
Vier!

Echo
Vier!

Kaspar
Fünf!

Echo
Fünf!

Chor
Durch Berg und Tal, durch Schlund und Schacht,
Durch Tau und Wolken, Sturm und Nacht!
Durch Höhle, Sumpf und Erdenkluft,
Durch Feuer, Erde, See und Luft,
Jaho! Wauwau! ho! ho! ho! ho! ho! ho! ho! ho!

Kaspar
Wehe, das wilde Heer!
Sechs! Wehe!

Echo
Sechs! Wehe!

Kaspar
Samiel! Samiel! Hilf!
Sieben!

Echo
Sieben!

Max
Samiel!

Samiel
Hier bin ich!


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